Wieviele Einladungen zu Weihnachts-Apéros und Silvesterparties sind dieses Jahr ins Haus geflattert? Keine? Weniger? Wenn, dann in Form von Links, die in einen Zoom-Ballsaal führten? Ja, gemeinsames Anstossen ist aktuell schwieriger. Sass man die Jahre zuvor fast täglich dezent verkatert im Büro, hockt man heute abends stocknüchtern am heimischen Küchentisch – und das in einer Zeit des Jahres, in der Trinken doch dazugehört. Da nun alles anders ist, warum nicht mal was Neues ausprobieren und endlich weniger oder nichts zu trinken. Denn was ist daran so schwer?
So sehr wie wir uns an den Alkohol gewöhnt haben, drängt sich die Frage auf, ob es uns schlichtweg an lustigen Alternativen mangelt. Wenn die mit dem Prosecco debil, aber verlockend kichernd und grölend die Tanzfläche stürmen, ist der/die mit der Apfelsaftschorle oft aussen vor. Wäre es nicht schön, nüchtern besoffen zu sein? Und niemals mit einer schmerzenden Abrissbirne oder Übelkeit aufzuwachen?
Kin statt Gin
Sich fühlen, als hätte man getrunken – ganz ohne zu trinken. Der Drink Kin Euphorics aus New York möchte wie Schnaps sein, nur eben gesünder. Abgefüllt wird er in bauchige Flaschen, wie wir sie von handgebrautem Hochprozentigem kennen, mischen lässt er sich ähnlich. Zum Beispiel mit Tonic. Tarnen tut er sich also gut. Keine Nebenwirkungen wie Kater, Sprachschwierigkeiten oder peinliche Dance Moves, dafür Durchhaltevermögen und gute Laune – ein Zustand vollkommender Seligkeit?
Der Zaubertrank besteht aus einer wenig explosiven Mischung aus Nootropika und Adaptogenen. Nootropika sind smarte Substanzen, die sich positiv auf Stimmung, Gedächtnis und Motivation auswirken und die Sinne schärfen. Adaptogene wiederum kennen Cracks aus der Wellnessindustrie: Diese in der Alternativmedizin verwendeten pflanzlichen Ingredienzien wie Ashwaghanda, Reishi oder Ho Shou Wu sollen den Körper widerstandsfähig machen und gegen Depressionen sowie Angstzuständen helfen.
Ein sanfter Kick ist das, was uns in einen klinisch sauberen Rausch versetzen soll. Der Kin-Cocktail, mit dem man so herrlich auf der healthy Selfcare-Welle reiten kann, soll uns beim hemmlungslosen Feiern entspannen und euphorisieren und die Stimmung verbessern – schliesslich ist es heutzutage uncool, lallend rumzubrüllen. Den netten Angeschwipst-Effekt nach einem oder zwei Gläsern – das kriegt das hippe Gebräu, das es bisher nur in den USA zu kaufen gibt, vermutlich hin.
Hartes Sprudel? Korrekt, Hard Seltzer
Steht auch in der Schweiz immer öfter in Bars und Supermarktregalen: Mineralwasser mit Schuss. Klingt komisch, ist aber so. Meist handelt es sich dabei um harmlose 5% Alkoholgehalt, die nach nichts oder einer lustigen Fruchtnote schmecken. Warum man das zur Hölle braucht? Wenn es alkoholfreies Bier gibt, warum soll es dann kein Wasser mit Alkohol geben?
Aber mit dem Bier ist es eben so eine Sache – Bier hat die Kalorien, die sich jeder körperbewusste Mensch so unbedingt sparen will. Hard Seltzer, das endlich den Weg aus den USA zu uns gefunden hat, kommt ohne künstliche Aromen, Gluten und Zuckerzusatz aus. Das fermentierte Produkt ist hart und doch ganz leicht.
Nun wird man von ein, zwei Dosen vielleicht etwas tipsy. Wer dann aber wie beim Leitungswasser immer nachbestellt, ist irgendwann auch besoffen. Die Vermutung, dass man sich mit Hard Seltzer das Alkopop-Gate 2.0 herbeibraut, ist berechtigt. Wie mit allem ist alles eine Frage des Masses.