Nik Hartmann, 36, ist ein Wunderkind. Was der TV- und Radiomoderator anpackt - ihm scheints zu gelingen. Und Nik hat, so erinnert sich sein Vater, schon seit je viel angepackt: Saxofon gespielt, in die Klaviertasten gehauen, wilde Seifenkistenrennen gefahren, Gleitschirm geflogen. «Zum 30. schenkte ich ihm ein Schwiizerörgeli. Und er? Spielte sofort drauflos», erzählt Samuel Hartmann. Er wundere sich gar nicht, dass sein Ältester beim Fernsehen gelandet ist.
O weh! Eine Kirsche ist auf Frederiks weisser Hose gelandet. Nik wirft seiner Frau Carla, 36, einen entschuldigenden Blick zu. Hartmanns nutzen den sonnigen Nachmittag für einen Kurzausflug auf den Zugerberg. Der liegt quasi vor ihrer Haustür. Seit dreizehn Wochen sind sie zu fünft: Nik, Carla, Constantin, 6, Frederik, 3, und Baby Melchior.
Nik sorgt für traumhafte Einschaltquoten beim Schweizer Fernsehen. Durchschnittlich 615 000 Zuschauer verfolgten den Zuger am TV, als er jüngst wieder zehn Wochen quer durch die Schweiz wanderte. Auf der letzten Etappe der zweiten Staffel «SF bi de Lüt - Über Stock und Stein» sassen gar bis zu 880 000 Schweizer vor der Glotze. Um zu sehen, wie Nik auf den Gipfel des Piz Bernina kraxelte. «SF bi de Lüt - Live» lockte bei der Premiere am Sonntag vor drei Wochen weit mehr als eine halbe Million Menschen ans TV-Gerät. «Nik ist zweifellos einer unserer besten Moderatoren», sagt SF-Unterhaltungschefin Gabriela Amgarten.
Seine einzigartige Mischung aus Witz und Volksverbundenheit ist es, die beim Publikum ankommt. Amgarten: «Nik hat Fantasie, ist verspielt und intelligent. Hinzu kommt: Er hat die Leute gern.»
Und die Leute mögen ihn. Gerade als Nik seine drei Buben im Auto verstaut hat, spaziert eine ältere Dame mit ihrem Hund vorbei. «Aber - das ist doch der Nik Hartmann und seine Jabba!» - «Ja, grüezi – und wer sind Sie?» - «Frau Hürlimann - und das ist Wämbli», wobei sie auf den Vierbeiner an ihrer Leine zeigt. «Wämbli? - So wie das Tennis-Stadion?», fragt Nik mit schelmischem Grinsen. «Nein, nein - sie schreibt sich V-A-M-B-L-Y», buchstabiert die Dame. «Meine Nachbarin und ich könnens kaum erwarten, bis Sie wieder loswandern», sagt Frau Hürlimann und spaziert weiter.
Niks Ehefrau Carla lächelt. Die beiden sind seit zehn Jahren verheiratet. «Wenn wir mit den Kindern losziehen, ist mir oft gar nicht bewusst, dass Nik so im Licht der Öffentlichkeit steht.» Selbst wenn Carla allein unterwegs ist, passierts oft, dass Leute stehen bleiben und neugierig in den Kinderwagen schielen. «Aha, das ist also der Melchior», hört sie dann. Oder: «Grüezi, Frau Hartmann.» Dabei heisst sie Carla Cerletti Hartmann.
So bodenständig Nik Hartmann daherkommt, er ist ein moderner Mann. «Nur weil ich in unserer Familie derjenige bin, der arbeitet, heisst das nicht, dass ich den Haushalt meiner Frau überlasse.» Bei Hartmanns gilt die Devise: Derjenige, der die Arbeit sieht, macht sie. Wobei auch im Hause Hartmann jeder andere Prioritäten setzt, wie Nik mit einem Augenrollen verrät. «Wenn ich also zum Staubsauger oder Putzlumpen greife, muss Carla das nicht als Hinweis verstehen, dass sie das hätte machen sollen. Auch wenns Frauen oft so auffassen.»
Eine, die sich verwundert die Augen reibt, wenn sie Nik am TV sieht, ist seine frühere Primarschullehrerin Heliodora Jans. «Er war ein unauffälliger, gmögiger Bub. Keiner, der als Klassenclown auffiel.» - «Ein quirliger Teenager, schneller Denker - und ein Spassvogel dazu», so hat Felix Schwegler Nik Hartmann in Erinnerung. Schwegler ist Niks ehemaliger Lateinpauker an der Kanti. Er erinnert sich noch an einen Auftritt seines Schülers als Sängerin. «Ich hab Tränen gelacht.» Nik habe mit seinem «urkomischen Talent» das Schulklima aufgelockert.
Hartmanns Talent fürs Fernsehen erkannte als einer der Ersten Rémy Trummer. Der SF-Ausbildungsleiter holte den Radiomann 2005 vor die Kamera - für die Sendung «Fensterplatz». Trummer: «Nicht jeder gute Radiomoderator ist auch ein guter Fernsehmoderator - und umgekehrt. Nach einem Casting war ich mir sicher, mit Nik ein überdurchschnittliches Moderationstalent fürs Fernsehen gefunden zu haben.» Hartmanns Erfolg gibt ihm recht.
Obschon der Wunderjunge so etwas wie die «Geheimwaffe» des Schweizer Fernsehens ist, hebt er nicht ab. «So bodenständig, wie ihn die Zuschauer am TV erleben, tritt er auch bei uns in der Redaktion auf», bestätigt Tom Schmidlin, Redaktionsleiter Volkskultur beim SF. Hautnah erlebt dies auch Matthias Gruic, Kameramann und einer von Niks ständigen Begleitern bei dessen Wanderungen über Stock und Stein. «Nik lässt uns an seiner Familie teilhaben, wenn wir unterwegs sind. Wir telefonieren mit seinen Jungs, oder Carla lässt uns grüssen.» Hartmann und Gruic sind ein eingespieltes Team, haben sogar eine Art Geheimsprache untereinander. Wenn Nik das Wörtchen «ic» (die Endung von Matthias’ Familiennamen) fallen lässt, weiss sein Kameramann, dass er drehen soll. Umgekehrt macht Matthias mit dem Finger eine kleine, unauffällige Kreisbewegung auf Niks Rücken, um zu signalisieren: Kamera läuft. Niks Gesprächspartner bleiben so locker und natürlich.
Weil Nik kurz vor Melchiors Geburtstermin noch unterwegs war, hatte Carla nicht nur die Handynummer ihres Mannes im Telefonspeicher parat, sondern auch die seiner mitwandernden Redaktorin. «Deren Natel hatte einen besseren Empfang als mein iPhone», sagt Nik.
Nik, das «Wunderkind»? Präsent am Bildschirm, hinterm Radiomikro (Er moderiert samstags «Uri, Schwyz und Untergang - das DRS-3-Duell der Kantone»), jetzt dreifacher Familienvater, Unternehmer (mit seiner Firma Medienmacher produziert er Hörspiele, textete er fürs ehemalige SF-Satiremagazin «Punkt CH» und entwirft er Werbebroschüren unter anderem für ein grosses Möbelhaus). Zurzeit baut er noch ein Haus um. «Nik tanzte schon immer auf hundert Hochzeiten», sagt sein Vater. Dass sein Sohn angesichts des Erfolgs abheben könnte, davor hat er keine Angst. «Eher vor einem Burnout.» Damit es nicht so weit kommt, schnürt Nik irgendwann wieder die Wanderstiefel. Für die dritte Staffel «Über Stock und Stein» im Frühjahr.