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Präsentiert von Schweizerisches Rotes Kreuz

Ex-Miss-Schweiz Laetitia Guarino als Botschafterin in Paraguay

Seit vielen Jahren unterstützt das Schweizerische Rote Kreuz SRK Gesundheits- und Nothilfeprojekte in Paraguay. SRK-Botschafterin Laetitia Guarino macht sich im südamerikanischen Land ein Bild vor Ort. Dabei erfährt sie viele erschütternde Geschichten.

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SRK-Botschafterin Laetitia Guarino in Paraguay

SRK-Botschafterin Laetitia Guarino, 30 (l.), beim Besuch der Dorfschule von Virgilio Barrios in Paraguay. Sie ist beein- druckt von der Arbeit unter der einheimischen Rotkreuz-Freiwilligen Yannylce Ortiz, 41.

Nicolas Righetti

Über 36 Grad ist es in der dürftigen Behausung von Familie Goiris Giménez, aus dem Garten huscht ein Huhn herein. Das Ehepaar Juan, 85, Frau Josefa, 84, sitzt mit seinem Gast, der SRK-Botschafterin Laetitia Guarino, 30, am Küchentisch. Juanita, wie ihre Eltern ihre Tochter liebevoll nennen, läuft im Kreis herum, eine Runde nach der andern: Die 39-Jährige Juana hat eine schwere Form von Autismus, sie spricht nicht, lebt in ihrer Welt. «Sie ist aufgeregt, eine fremde Person ist sie nicht gewohnt», erklärt der Vater. Die drei unterhalten sich, lachen. Plötzlich setzt sich Juanita auf Mutters Schoss – und nach einem Weilchen greift sie nach Laetitias Hand. «Das hat Juanita früher nie gemacht.» Früher – das war, als die Eltern ihre Tochter daheim eingesperrt haben.

SRK Paraguay Josefa Giménez mit Tochter Juanita

Seit deren Geburt kümmert sich Josefa Giménez, 84, aufopferungsvoll um ihre autistische Tochter Juanita, 39.

Nicolas Righetti

Seit 2018 ist Laetitia Guarino eine der Botschafterinnen des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK). 2015 war die Waadtländerin Miss Schweiz, heute arbeitet sie als Assistenzärztin in der Klinik für Plastische- und Handchirurgie des Inselspitals Bern.

Zum Schutze aller

Als Botschafterin sei es ihr wichtig, vom SRK finanzierte Projekte direkt vor Ort anzuschauen, sagt Guarino. Diesmal ist sie dafür nach Paraguay gereist, ein im Vergleich zu seinen Nachbarn Bolivien, Brasilien und Argentinien kleines und unbekanntes Land. Seit 1977 unterstützt das SRK benachteiligte Menschen vor allem in ländlichen Gebieten von Paraguay. Seit der Corona-Pandemie und aufgrund des Klimawandels sind sie noch stärker von Armut betroffen.

Und so ist Laetitia Guarino entlang von Mais- und Sojafeldern nach Laguna negra gereist, einem Bauerndorf im Osten der Hauptstadt Asuncion. Dort ist die Familie Goiris Giménez zu Hause. Ihr Leben haben die Eltern von sieben Kindern als einfache Bauern bestritten.

SRK Paraguay Vater Juan mit Tochter

«Sie lebt in ihrer eigenen Welt.» Doch wenn Vater Juan daheim seine Gitarre anstimmt, kommt seine autistische Tochter zur Ruhe. Manchmal streicht sie kurz über die Saiten.

Nicolas Righetti

Tochter Juanita verhält sich seit Geburt speziell. Im Alter von zwölf wird bei ihr die höchste Stufe von Autismus diagnostiziert. Was diese Entwicklungsstörung ist, sagt den Eltern niemand, Geld für Beratung und Medikamente haben sie nicht. Lange Zeit, erzählt Juanitas Vater der Schweizer Besucherin, seien seine Frau und er im Glauben gewesen, Juanitas Leiden komme von Stromleitungen. «Wir hatten keine Ahnung, wie mit ihrem speziellen Wesen umzugehen.» Laetitia Guarino hört aufmerksam zu, fragt, wie sich Juanita verhalten habe.

Das Leben mit ihr sei schwer zu ertragen gewesen, sagt die Mutter. Immer wieder riss sich Juanita die Kleider vom Leib, lief nackt herum, schrie stundenlang, schlug um sich. Damit ihre Tochter nicht im Dorf herumirrte, versahen die Eltern ihr Haus mit Gittern und aus Scham mit einem Sichtschutz. Die Mütter im Dorf drohten ihren Kindern: Wenn ihr nicht gehorcht, werdet ihr mit Juanita eingesperrt! Josefa: «Wir waren völlig überfordert, oft am Ende unserer Kräfte.»

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In Paraguay setzt sich das Schweizerische Rote Kreuz gemeinsam mit dem Paraguayischen Roten Kreuz für die Verletzlichsten ein. Mit Workshops und «Safe Spaces» an Schulen und in Dörfern verbessert es ihre Lebenssituation und psychische Gesundheit nachhaltig. Schenke Kindern und Familien mit einer Spende eine gesunde Zukunft in einem geborgenen Umfeld ohne Unterdrückung und soziale Ausgrenzung.

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Zum Glück kam vor einem Jahr Yannylce Ortiz, 41, vorbei. Die einheimische Psychologin arbeitet als Freiwillige beim Paraguayischen Roten Kreuz und hatte von der Situation vernommen. «Als ich Juanita zum ersten Mal sah, war sie nackt, dehydriert und abgemagert. Die Eltern behandelten sie wie ein Baby. Aus Unwissen.» Ortiz klärt die Eltern auf, bringt ihnen Medikamente mit, bezahlen müssen die Eltern nichts.

Dank der Medikamente schläft Juanita nun durch, auch tagsüber ist sie ruhiger. Juanita behält die Kleider an, die Mutter massiert ihr die steifen Hände – so kann ihre Tochter nun selber essen und trinken. «Nun kann Juanita leben. Auch uns gehts viel besser.»

SRK Paragua Laetitia Guarino

Laetitia Guarino (l.) und die einheimische Rotkreuz-Freiwillige Yannylce Ortiz begleiten Juanita beim Spazieren. Ortiz: «So entdeckt Juanita die Welt.»

Nicolas Righetti

Jeden Mittwoch schaut Yannylce bei der Familie vorbei, fragt, berät, macht mit Juanita einen Spaziergang. Heute streckt Juanita auch Laetitia die Hand entgegen. Hand in Hand gehen die drei durchs Dorf. Juanita summt vor sich hin, es tönt vergnügt. Die Kinder haben keine Angst mehr vor Juanita, sie ist nun akzeptiert.

Denn die Rotkreuz-Freiwillige hat auch die Dorfbevölkerung sensibilisiert. Bei einem solchen Workshop ist auch Laetitia dabei. Eine Frau erzählt, Opfer von häuslicher Gewalt und sexuellem Missbrauch zu sein. Guarino ist erschüttert: «Gut, haben die Frauen jemanden, dem sie sich anvertrauen können.»

Gewalt ist an der Tagesordnung

«Auch viele Kinder und Jugendliche erleben das regelmässig am eigenen Leib», sagt Ortiz, als die Guarino die Dorfschule von Virgilio Barrios besucht. Dort unterrichten Rotkreuz-Freiwillige die Lehrpersonen, damit diese Alarmsignale bei gewaltgefährdeten Kinder erkennen. Den Kindern raten die Freiwilligen, die bei häuslicher Gewalt die Notrufnummer 147 zu wählen.

SRK in Paraguay mit Laetitia Guarino

In der Schule von Virgilio Barrios erklärt eine Rotkreuz-Freiwillige einem Bub die Notrufnummer 147. Guarino (r.): «Ich bin beeindruckt, welch grossartige Arbeit hier geleistet wird.»

Nicolas Righetti

Auch in der Schule findet Laetitia rasch Vertrauen. Eine Achtjährige erzählt ihr, dass sie von einem Onkel missbraucht wurde. «Es tut mir gut, dass ich das den Rotkreuz-Freiwilligen anvertrauen konnte. Wir alle sind ihnen dankbar.» Lehrer Lidio de Jesus Britos: «Seit die Freiwilligen psychologische Hilfe leisten, ist die Stimmung unter den Kindern besser. Und sie lernen schneller.» 77 Freiwillige hat das Rote Kreuz landesweit ausgebildet; ihre Erfahrungen werden nun in Uruguay und Argentinien weitergegeben.

Die Begegnung mit Juanita und ihren Eltern habe ihr gezeigt, was wichtig ist im Leben, sagt Laetitia auf dem Heimweg in die Schweiz. «Sich Zeit nehmen und Augen und Herz auf!»

Von Thomas Kutschera am 10. September 2023 - 10:33 Uhr