Es ist eher selten, dass sich Michelle Hunziker (45) fast eine Stunde lang für einen Schweizer TV-Sender Zeit nimmt und offen über viele Aspekte ihres Lebens spricht. Das SRF hatte nun die Chance mit dem grössten Schweizer TV-Export zu sprechen und Urs Gredig reiste für seine Sendung extra in Michelles Heimat Italien, um mit ihr in Mailand über Leben, Karriere, Liebe, Engagement für die Frauen und auch Ängste zu sprechen.
Das Interview wurde auf Schweizerdeutsch geführt, das ist Michelle Hunziker wichtig, wie sie sagt. «Ich bin nämlich auch patriotisch!» Es brauche aber immer etwas Zeit, um sich wieder an ihre Muttersprache zu gewöhnen, sagt sie. «Ich spreche wenig Schweizerdeutsch und mein Wortschatz ist nicht der, den ich mir wünsche. Aber ich strenge mich an!»
Wir haben die spannendsten Punkte des Gesprächs zusammengefasst.
In Bern besuchte Michelle Hunziker das Gymnasium und als sie mit 16 Jahren nach Mailand zog, um als Model zu arbeiten, wurde ihre Schulbildung nicht akzeptiert. «Das war dramatisch, weil ich das ganze Gymi nochmals von vorne hätte beginnen müssen», erzählt sie Urs Gredig. Daraufhin musste sie zwei Jahre lang mit 13-Jährigen die Schulbank drücken, mit dem Ziel, Dolmetscherin zu werden. Aus Verzweiflung nahm sie einen Job als Model an – obwohl sie das nicht wollte. «Aber irgendwas musste ich ja machen», so Michelle Hunziker.
Der Durchbruch kam an einem Casting für die italienische Dessous-Marke Roberta, wo sich Michelle Hunziker gegen 600 Mitbewerberinnen durchsetzte, «trotz meines grossen Schweizer Füdlis», sagt sie lachend. Die Italiener sahen das jedoch anders und kürten Michelles Hinterteil daraufhin zum schönsten italienisch Po und die Karriere des Berner Meitschis nahm rasant Fahrt auf.
Mit einem schönen Po die Karriere zu starten, klingt sexistisch. «Das war es auch», bestätigt Michelle Hunziker. Heute sei es besonders in der Unterhaltungsbranche immer noch so. «Frauen werden selten ernst genommen, es gibt wenige Leaderinnen, Emanzipation ist bis zum heutigen Tag nur ein Wort», stellt sie fest.
Sie ging mit einer Mission ins Fernsehen und wollte allen beweisen: «Man kann als Frau sexy, lustig und intelligent sein!» Um das Macho-System zu besiegen, nütze es nicht, wütend zu werden, «man muss es umgehen», erklärt sie ihre Strategie, die schlussendlich aufgegangen sei.
Eine Mission hat Michelle Hunziker auch als Mutter: «Ich will meinen drei Mädchen, meinen drei Frauen Unabhängigkeit vermitteln», das sei ihr das Wichtigste, weil Frauen jeden Tag Entscheidungen treffen müssen. «Was will ich tun und vor allem mit wem?»
Ihr Einsatz für die Frauen ist für Michelle Hunziker nicht nur eine Worthülse. Sie hat in Italien ein Gesetz mit dem Namen Codice Rosso lanciert, damit Opfer von physischer und psychischer Gewalt härter oder überhaupt bestraft werden. Lang habe man diesen Frauen in Italien nicht zugehört, so Hunziker, darum seien viele von ihnen sogar gestorben, weil sie von der Justiz nicht ernst genommen wurden.
Das alles tue sie, weil sie «viel Glück im Leben» gehabt habe. Darum wolle sie den Frauen jetzt etwas zurückgeben, vor allem denen, die weder die Stimme, noch das Geld haben, um sich zu wehren.
«Ich bin ein guter Mix aus einer Schweizer und einer italienischen Mama», erklärt Michelle Hunziker ihren Erziehungsstil. Bei Aurora sei sie manchmal ein General gewesen, sagt sie lachend. Doch darum sei ihre älteste Tochter heute zu so einer selbständigen Frau geworden. Ihr Geheimnis: «Man muss stark genug sein, auch mal ‹Nein› zu sagen – die Kinder werden es dir später danken.»
Wie schafft sie es, sich von Ehemann Tomaso Trussardi zu trennen und trotzdem noch freundschaftlich und als funktionierende Familie zusammen zu sein, will Urs Gredig wissen. «Es ist ganz viel Arbeit und sehr schwierig», gibt Michelle Hunziker zu. Es brauche viel Intelligenz und Liebe für die Kinder, das müsse der Fokus sein. Besonders wichtig sei es, die Kinder nicht als Druckmittel gegen den Ex-Partner zu verwenden. «Es ist schlimm genug für die Kinder, dass Mami und Papi nicht mehr zusammen sind.» Klingt logisch und einfach. «Ist es aber nicht, es ist auch manchmal kompliziert», sagt Michelle Hunziker.
Auch zum viel besprochenen Schmatzer von Michelle Hunziker und Ex-Mann Eros Ramazotti in ihrer TV-Show «Michelle Impossible» nimmt sie Stellung und stellt klar: «Das war ein brüderlicher Kuss, der von vielen falsch interpretiert wurde!» Eros sei für sie und die gemeinsame Tochter Aurora schlicht eine wichtige Person. Die Message dahinter sei einfach: «Wir sind immer füreinander da, wir werden immer eine Familie sein.»
Genau diese Harmonie wolle sie zwischen ihr und ihrem Ex-Mann Tomaso Trussardi auch erreichen. Doch Michelle Hunziker mahnt zur Vorsicht: «Das braucht Zeit, wir müssen geduldig sein.»
Ganz der hartnäckige Journalist, fragt Urs Gredig direkt nach Giovanni Angiolini und will wissen: «Haben sie einen neuen Partner?» Die Antwort ist diplomatisch: «Ich bin nach zwei Ehen eine freie Frau und will das so erleben, wie es mir entspricht.» Immerhin so viel verrät sie: «Ich will die Beziehung nicht bestätigen, noch dementieren und einfach noch nicht darüber sprechen.»
Noch vor jedem Auftritt sei sie nervös und sogar unsicher. Der Grund dafür sei, dass man nie das Gefühl haben dürfe, man sei angekommen, man habe es geschafft. «Wenn so denkt, dann wird man alt», lautet das Geheimnis von Michelles ewiger Jugend. Wie jede andere Person, habe natürlich auch Michelle Hunziker schlechte Tage und sei manchmal traurig. «Doch diese Gefühle bringe ich nicht in die Öffentlichkeit, sondern mache sie mit mir, meiner Psychologin oder meiner besten Freundin aus.»
Abschliessend sagt sie: «Ich habe mich mein Leben lang um andere gekümmert. Jetzt, mit 45 Jahren ist damit Schluss! Jetzt geht es um mich! So habe ich Plausch im Leben.»