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Der ganz normale Wahnsinn

Mansplainer by nature?

Unsere Familienbloggerin hält nicht viel von Geschlechterklischees. Aber bei einem fragt sie sich schon, obs stimmt und wohers kommt. Ihr Sohn, das Kind, das sie selbst erzogen hat, ist das Paradebeispiel eines Mansplainers.

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Sandra Casalini Blog der ganz normale Wahnsinn

Süsse Frühstücksflocken zum Zmorge? Ganz schlecht für mich, weiss mein Sohn. Und er weiss auch, wie mans besser macht.

Lucia Hunziker

Ich gebe zu, ich bewege mich hier gerade auf dünnem Eis. Deshalb will ich, bevor ich zum eigentlichen Thema komme, ein paar Dinge klarstellen. Ich finde Männer toll. Und den jungen Mann, um den es hier geht, meinen Sohn, finde ich am Tollsten von allen. Ich habe ihn schliesslich mit-erzogen. Und ich halte im Allgemeinen recht wenig von Geschlechter-Klischees. Ich bin ziemlich sicher, dass die meisten von ihnen nicht stimmen. Aber dieses eine hat irgendwie was. Fast jedes männliche Wesen, das ich kenne, tuts hin und wieder: Mansplaining. Die Welt erklären – mit Vorliebe einer Frau. (Mit Ausnahme vielleicht von Fuchur, meinem Hauskaninchen, der schon auf den Deckel bekommt, wenn er Valkyrie, sein weibliches Gschpänli, schräg anschaut.)

Ein schlechter Kompromiss

Ich finde mich dieser Tage immer öfter in Situationen wie dieser: Ich trinke morgens einen Eiweiss-Shake – weil das Kind mir vergangene Woche erklärt hat, dass Kaffee auf nüchternen Magen gar nicht gehe, und ich zum Zmorge unbedingt Eiweiss zu mir nehmen müsse. Das Kind, das notabene in dem Körper herangewachsen ist, von dem es jetzt behauptet, er werde von mir ganz schlecht behandelt. Jedenfalls ist das Kind entsetzt über diesen Eiweiss-Drink (ich hab extra keinen mit Kaffee-Gechmack genommen) und zitiert in bester Mansplainer-Manier: «Du weisst schon, dass du die gleiche Menge an Eiweiss mit viel weniger Kalorien haben kannst, wenn du Lachs und Bünderfleisch isst?» – «Ich kann morgens um halb sieben nicht Lachs und Bündnerfleisch essen. Ich trinke um diese Zeit Kaffee. Das Ding hier ist ein Kompromiss.» Das Kind runzelt die Stirn und meint seufzend: «Ein schlechter!»

«Seit das Kind den Lernfahrausweis hat, erklärt es mir regelmässig, was ich falsch mache beim Autofahren»

Ein Erlebnis ist auch das Autofahren. Seit das Kind den Lernfahrausweis hat, bin ich so nett, dass ich es ans Steuer meines Autos lasse, wann immer wir gemeinsam irgendwo hin fahren. Und eigentlich wäre ja die Idee von sowas, dass ich dem Kind erkläre, wie das so geht mit dem Autofahren. Stattdessen erklärt mir das Kind regelmässig, was ich eigentlich jeweils so falsch mache beim Autofahren. Wenn ich es wage, meine Funktion als Fahrlehrerin wahrzunehmen, ernte ich eine dieser Reaktionen: «Ich weeeeiiiiss! Ich KANN Autofahren!!!!» Oder «Sicher NÖD! Das macht man heute anders.» Oder einen mitleidigen Seitenblick gepaart mit genervtem Augenrollen.

Ganz, ganz dünnes Eis ...

So ähnlich hab ich das schon mal erlebt: Als das Kind Skifahren lernte. Man muss dazu wissen, dass ich jahrelang Kindern Skiunterricht erteilte. Ich hab wirklich jedem Kind das Skifahren beigebracht – ausser meinem eigenen. «Ich KANN das!» Und «sicher NÖD!» gehörten schon damals zu seinem Standard-Repertoire. Und das nicht nur bei mir – mein Sohn erklärte bereits diversen Skilehrerinnen und Skilehrern die Welt des Schneesportes, noch bevor er in den Kindergarten kam. Fairerweise muss ich erwähnen, dass er tatsächlich bereits im zarten Alter von drei Jahren ziemlich gut Ski fuhr, und heute sowohl ein exzellenter Skifahrer als auch Snowboarder ist.

Ist Mansplaining wirklich ein Phänomen, das angeboren ist? Oder haben die Buben von heute einfach echt gute Vorbilder? Hmmm .... ganz, ganz dünnes Eis, ich weiss. Und schweige.

Von SC am 10. Februar 2024 - 12:00 Uhr