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«Der Job meiner Frau ist Mami

Franco Marvulli und seine Frau Belinda erklären ihr klassisches Familienmodell

Er verdient das Geld, sie ist Vollzeitmami. Der vierfache Radweltmeister Franco Marvulli und seine Frau Belinda setzen bei der Rollenverteilung auf ein Auslaufmodell. Die Schweizer Illustrierte durfte die vierköpfige Familie daheim besuchen.

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Franco Marvulli mit Ehefra Belinda, Tochter Carlotta und Sohn Roméo

Seit dem 16. März sind die Marvullis zu viert.

ZVG / Andrea Williner

«Lueg», sagt die zweijährige Carlotta aufgeregt und wedelt mit einem Plastikbehälter in ihrer Hand. «Das sind meine Gummibärli. Und das ist mein Tschill-Chröttli» – sie meint die Plüsch-Schildkröte, die auf dem Sofa liegt. «Und das», sagt die Kleine stolz und zeigt auf das Bündel im Arm ihrer Mama Belinda Marvulli (29), «das ist mein Baby!»

Seit dem 16. März ist Carlotta grosse Schwester von Roméo. Und ihr Papa, Rad-Weltmeister Franco Marvulli (45) zweifacher Vater. Eine Rolle, von der er immer wusste, dass er sie nach seiner Karriere als Profisportler haben will. So fragte er denn Belinda auch gleich beim ersten Date, ob sie Kinder möchte. «Hätte sie Nein, gesagt, wäre das nichts geworden mit uns», sagt Marvulli.

Auch die Vorstellungen vom künftigen Familienleben sind da schon klar – für beide: Er verdient das Geld, sie kümmert sich um die Kinder. «Wir beide hatten Mütter, die zu 100 Prozent zu Hause waren, und fanden das toll», sagt Belinda Marvulli. «Und es ist wunderschön, dass wir unseren Kindern dieses Privileg ebenfalls bieten können.»

Lest auch das Interview von Franco Marvulli: «Meine Ehefrau hat in der Erziehung den Lead»

Dass ihre Rollenverteilung als Auslaufmodell gilt – gerade mal gut 18 Prozent aller Schweizer Mütter sind nicht erwerbstätig, Tendenz sinkend –, ist den Marvullis herzlich egal. «Wie wir unser Familienleben organisieren, ist unsere Sache», meint Belinda pragmatisch.

Ist die Rollenverteilung unfair?

Die Frage danach, ob sie wirklich «nur» Mutter sei, komme zwar selten, sagt Belinda Marvulli. «Aber man fragt mich viel öfter, ob ich das wirklich selbst auch wolle», meint sie kopfschüttelnd. Denn ja, sie will. Aus unterschiedlichen Gründen.

So ist sie zum Beispiel gelernte Kleinkindererzieherin. «Meine eigenen Kinder abgeben, um mit der Erziehung von anderen Kindern Geld zu verdienen, das wir dann eh wieder in die auswärtige Kinderbetreuung investieren, ergibt null Sinn. Weder finanziell noch emotional.»

Ausserdem, sagt sie und streicht dem friedlich schlummernden Roméo liebevoll über den dunklen Haarschopf, sei sie mit Leib und Seele Mutter.

Auch Franco Marvulli wird hin und wieder schräg angeschaut, wenn es um die Rollenverteilung zu Hause geht. «Manche finden das unfair und lassen mich dies auch wissen.» Ich sage dann jeweils: «Der Job meiner Frau ist Mami.» Genauso sieht das Ehepaar Marvulli seine Aufgabenverteilung: Beide haben ihre Jobs.

Franco Marvulli mit Sohn Roméo

Liebevoller Papi: Franco Marvulli mit Roméo Raffaele Emilio. 

ZVG / Andrea Williner
Unterwegs mit Papa

Franco Marvulli ist seit seinem Rücktritt vom Spitzensport selbstständig als Moderator, Referent, Trauredner, Motivator und Storyteller. Er ist zum Beispiel Speaker bei Sportanlässen im In- und Ausland, moderiert Events oder wird als Motivator für Velotrips von Reiseveranstaltern gebucht. So ist er rund 200 Tage im Jahr unterwegs, ansonsten arbeitet er im Homeoffice.

Hin und wieder begleitet ihn die Familie an einen Event oder auf eine Reise. «Aber wir müssen das sehr genau besprechen, damit die Erwartungen nicht falsch sind, denn das sind keine Familienausflüge, wenn ich arbeite. Und je nachdem ists für Belinda stressiger, als wenn sie mit den Kindern zu Hause bleibt.»

Kein Ausstempeln am Feierabend

Belinda Marvullis Beruf ist die Erziehung der Kinder. «Ich rede ihr da nicht rein. Zumal sie das ja auch gelernt hat», sagt Franco. «Belinda ist eine grossartige Mutter, ich habe sehr viel Respekt für sie.» Dabei nennen Marvullis Belindas Job bewusst nur «Mami» und nicht «Mutter und Hausfrau», denn der Fokus soll auf den Kindern liegen. «Ihnen soll es gut gehen. Ob in der Küche mal ein Chaos herrscht oder der Boden geputzt ist oder nicht, ist nicht wichtig», sagt Franco.

Belinda wirft ihm von der Seite einen Blick zu und meint: «Du kannst ja auch seelenruhig auf dem Sofa liegen bleiben, während um dich herum zwei Kinder schreien und das Essen auf dem Herd überkocht. Das kann ich nicht.» Weil zumindest die Kinder eben per Definition ihr Job sind – und bei dem gibts kein Ausstempeln am Feierabend.

Klare Kommunikation

So geben die beiden offen zu, dass auch bei dieser Konstellation nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen ist. «Wenn beide sich Erwerbsarbeit, Kinder und Haushalt teilen, kann man vielleicht manchmal besser nachvollziehen, was der oder die andere für einen Tag hatte. Wenn wir beide gestresst sind, sind Lämpen fast vorprogrammiert», meint Franco.

Viele davon basierten aber auch auf Missverständnissen. So wisse er inzwischen, dass, wenn seine Frau sage, er solle doch bitte den Müllsack rausbringen, sie meint, er solle den Abfall SOFORT rausbringen – «und nicht, so wie ich das interpretieren würde, irgendwann mal bei Gelegenheit», meint er grinsend.

Franco Marvulli mit Frau Belinda, Tochter Carlotta und Sohn Roméo, 2024

Franco und Belinda Marvulli mit Tochter Carlotta und Baby Roméo im Garten ihres Hauses im Zürcher Weinland.

David Biedert

Und auch, wenn sie sich gegenseitig nicht in ihr «Business» einmischen, unterstützen sie einander. Gerade jetzt, wo Belinda noch im Mutterschutz wäre (welcher beim Jobprofil «Mami» wegfällt), kümmert sich Franco sooft es geht um Carlotta, geht mit ihr Velo fahren, schaut Büechli an und bringt sie ins Bett. «Von mir aus könnte Belinda viel öfter mit ihren Freundinnen abmachen. Ich finde es toll, auch mal mit den Kindern allein zu sein», sagt er.

Franco verdient das Geld

Für Dinge wie Ausgang überweist Franco seiner Frau monatlich Geld auf ein Konto nur für sie. Ausgaben für Kinder und Haushalt gehen vom gemeinsamen Konto ab. Nein, sie habe nicht das Gefühl, sie würde Geld ausgeben, das jemand anders verdient habe, sagt Belinda Marvulli. «Es ist ja nicht so, dass ich nichts mache.» Auch für ihre PK und AHV sorgt er vor.

«Wir sind nicht rea­litätsfremd. Es kann immer etwas passieren.»

Franco Marvulli

«Wir sind nicht realitätsfremd», sagt Franco Marvulli. «Uns ist schon bewusst, dass das Leben nicht nach Schema X verläuft und immer etwas passieren kann. Umso wichtiger ist mir, dass meine Frau und meine Kinder für die Zukunft abgesichert sind.»

Sagts, springt vom Sofa auf und geht leichtfüssig die Treppe zu seinem Büro hoch. «Ich habe noch einen Anruf zu erledigen.» Carlotta nutzt die Gunst der Stunde – das Mami stillt gerade den kleinen Bruder –, schnappt sich die Espresso-Schöggeli, die ihr Papa auf dem Tisch liegen gelassen hat, und verzieht sich damit unter den Esstisch. Belinda seufzt und zuckt ergeben die Schultern. Auch die erfahrenste Businessfrau hat halt nur zwei Hände.

Familienbloggerin Sandra C.
Sandra CasaliniMehr erfahren
Text: Sandra Casalini am 15. April 2024 - 11:10 Uhr