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65 Jahre Kultpuppe

Zum Geburtstag von Barbie zeigt Sammler Tin Tin seine Welt

Barbara Millicent Roberts, wie Barbie heisst, feiert ihren 65. Geburtstag. Den Sammler Tin Tin aus Wil SG begeistert die Kultpuppe so sehr, dass er ihr einen grossen Teil seines Lebens widmet. Nun hofft er auf eine spezielle Blondine.

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Nirgendwo fühlt sich Tin Tin so wohl wie in seinem Keller. Zwischen den Barbies kann der Sammler abschalten.

Geri Born

Lange, triste Gänge unter einem Wohnhaus in Wil SG: Kaum vorstellbar, dass sich hier hinter einer der vielen unscheinbaren Kellertüren eine einzigartige Welt verbirgt. Es ist die Traumwelt von Tin Tin, wie sich der Basler nennt. «In der Branche kennt man mich unter diesem Kosenamen.» Seinen richtigen möchte er nicht preisgeben. Der erste Blick in den 100 Quadratmeter grossen Raum löst einen Farbenrausch aus. Überall glitzert es in Pink und Rosa. Barbie-Puppen, -Häuser und -Zubehör stapeln sich bis unter die Decke. «Ich habe mir hier ein eigenes Popkultur-Museum geschaffen. Es ist die grösste chronologische Barbie-Sammlung der Schweiz. Sie beginnt in den 1960er-Jahren und reicht bis heute», sagt der 44-Jährige stolz.

Über 4000 Augenpaare starren den grossen, bärtigen Mann an, der elegant zwischen den Regalen navigiert. Barbies in allen Posen und Kostümen, von adrett bis exzentrisch, von retro bis futuristisch – und zu jeder Puppe und ihrem Kleid kennt Tin Tin die Geschichte.

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Tin Tin würde seine Kollektion gern einem Museum zur Verfügung stellen.

Geri Born

Barbie prägt Generationen

Seit ihrer Einführung am 9. März 1959 an der New Yorker Spielzeugmesse hat sich Barbie stets weiterentwickelt. Ursprünglich als Modepuppe konzipiert, symbolisiert sie heute – nicht zuletzt dank der Kritik, sie verbreite ein unrealistisches Schönheitsideal – eine Frau, die für Diversität, Emanzipation und Selbstliebe steht. Diese Veränderung ist auch im 2023 erschienenen «Barbie»-Kinohit zu sehen, der für ein Wiederaufleben der Kultpuppe gesorgt hat.

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Die Barbies aus den 60ern begeistern den Sammler besonders.

Geri Born

«Ich bin froh, dass spätestens mit dem Film ihre unzähligen Facetten zum Vorschein gekommen sind», so Tin Tin. Seine Begeisterung für Barbies führt in die Kindheit zurück. Die erste Puppe bekommt seine Schwester geschenkt, sie will allerdings nichts davon wissen und beschäftigt sich lieber mit anderem. Kurzerhand nennt er die Plastikblondine sein Eigen. «Ich habe es geliebt, mit ihr zu spielen, sie einzukleiden und zu frisieren. Auch weil sie mich mit dem graziösen Auftreten an mein Mami erinnerte.»

Bis in die Sammlung hat es sein erstes Exemplar nicht geschafft. Zu viel «Bubenseich» musste sie durchmachen. Hinzu kommt in der Teenie-Phase Scham für seine Begeisterung auf, weshalb er viele der Puppen weggibt und Bilder aus dem Familien-album vernichtet. Erst 2006 kommt die Sammellust wieder auf. Doch die Unsicherheit bleibt. Auch beim Kennenlernen seines Partners vor neun Jahren verschweigt er seine Leidenschaft vorerst. «Früher sah ich mich mit Vorurteilen konfrontiert. Inzwischen ist es eher Begeisterung, weil ich nicht ein stereotypischer Barbie-Sammler bin. Mein Partner fand es zum Glück spannend. Er lässt mich machen und steht mir zur Seite.»

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Das pink-violette Wickelkleid der «Dream Date»-Barbie aus dem Jahr 1982 hat Tin Tins Begeisterung für die Plastikpuppen aufleben lassen.

Geri Born

Plastikpuppen als Kompensation

Heute geht Tin Tin selbstbewusst mit seinem Hobby um. Zwei- bis dreimal in der Woche nimmt er sich Zeit, um seine Schätze zu drapieren, einzukleiden und abzustauben. Die Haare werden dabei ja nicht angefasst oder gebürstet. «Man würde nur den Staub reinkämmen, was das Haar grau erscheinen lässt», erklärt der Kenner. Seine Barbies sind für ihn mittlerweile eine Lebensphilosophie, die er mit jedem Stück zelebriert. «Sie geben mir das, was mir in meinem Leben gefehlt hat: Freundlichkeit, Anerkennung und Wärme. Barbie ist der Mittelpunkt meines Lebens.»

Als junger Mann träumte Tin Tin von einer Designerkarriere. Er schloss einen Bachelor in Modedesign ab, gefolgt von einem Master. Der erhoffte Erfolg blieb aus. Es folgten eine Lehre im Detailhandel und einige Jahre Verkauf in der Spielwarenabteilung. Doch auch das machte ihn langfristig nicht glücklich. «In beiden Berufen habe ich Negativität und Ablehnung erlebt. Das hat mich verletzt. Klar kompensiere ich mit Barbie das Erlebte. Für sie kann ich hemmungslos designen, nähen und mich kreativ austoben. Sie schenkt mir immer ein Lachen.»

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In seinem Keller kann der Sammler in eine andere Welt abtauchen. Jede Ecke erzählt eine Geschichte für sich.

Geri Born

Während sich Tin Tin als Überlebenskünstler durchs Leben schlägt, ist seine Sammlung selbst finanziert: «Ich restauriere Puppen, verkaufe genähte Outfits und handle mit doppelten Exemplaren. Alles, was dabei herausspringt, wird reinvestiert.» Den Wert seiner Kollektion kann der Barbie-Experte nicht beziffern. Es gebe Stücke, die er für wenige «Fränkli» gekauft habe, andere hingegen seien teurer gewesen. Ohnehin sei ihm der emotionale Wert viel wichtiger. «Dieser ist unbezahlbar.» Und nun, zum 65. Geburtstag der beliebten Plastikdame, hofft er auf die Erweiterung seiner Sammlung: «Die Jubiläums-Barbie werde ich mir selbstverständlich auch noch holen. Sie soll eine Hommage an das erste Mannequin im schwarz-weissen Badeanzug sein.»

Von Toni Rajic am 9. März 2024 - 12:00 Uhr