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  4. Wie die Druckerei Swissprinters die Schweizer Illustrierte produziert

Die grosse Reportage

So wird die Schweizer Illustrierte gedruckt

Mit Schweiss, Tatendrang und Herzblut. Die Produktion von Zeitungen und Magazinen wie der Schweizer Illustrierten ist liebevolle Knochenarbeit. Ein Besuch hinter den Kulissen der Druckerei in Zofingen AG.

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Wir drucken die Schweizer Illustrierte Druckerei

Wie im Malkasten. Rottöne sind bei Ringier-Publikationen nicht unwichtig: die Farbe Magenta als Erkennungsmerkmal.

Joan Minder

«Die Erfindung des Buchdrucks ist das grösste Ereignis der Weltgeschichte.» Der französische Dichter Victor Hugo fasste Mitte des 19. Jahrhunderts in Worte, was bis heute nichts an Aktualität verloren hat. Gerade in diesen turbulenten und oft verwirrenden Zeiten ist die mediale Kommunikation und damit auch die Verbreitung von Printprodukten von existenzieller Bedeutung. Bei der Swissprinters AG im aargauischen Zofingen, der grössten Druckerei der Schweiz, werden zwar keine Bücher gedruckt. Das Erzeugen von journalistischen Magazinen ist aber ebenso komplex, vielschichtig und interessant. Und selbst in Zeiten der umfassenden Digitalisierung wird hier physische Arbeit verrichtet, die wohl selbst Johannes Gutenberg, Mitte des 15. Jahrhunderts der Erfinder der ersten Druckpressen, grosse Freude bereitet hätte.

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Wie von Geisterhand: Die Transportketten befördern die Druckbögen von Produktionsschritt zu Produktionsschritt.

Joan Minder

Drucktechnik mit vier Farben

Drucktechnik mit vier Farben Auf dem 50 000 Quadratmeter grossen Gelände rattert und surrt es in fast allen Klanglagen. Vier Druckmaschinen in verschiedenen Grössen können bis neun Millionen Seiten pro Stunde produzieren. Danach werden die Bögen gefalzt und geheftet oder geklebt. Die Drucktechnik beruht auf den vier Farben Cyan, Magenta, Gelb und Schwarz. Auch die Folienverpackung, Adressierung und Postrouten-Sortierung geschieht in der Druckerei: «Wir verarbeiten die Magazine von den digitalen Daten bis zum Produkt, das im Briefkasten liegt», sagt CEO Alfred Wälti. Unter anderem werden in Zofingen die Schweizer Illustrierte, die «Glückspost», der «Beobachter», die «Bilanz», diverse Fernsehzeitschriften und Beilagen sowie die «Schweizer Familie» und «Die Weltwoche» gedruckt. CEO Wälti sagt mit einem Augenzwinkern: «Wir garantieren, dass produktionstechnisch alles mit höchstmöglicher Präzision und dem erforderlichen Tempo abläuft – nur für den Inhalt der Publikationen können wir keine Verantwortung übernehmen. Bei der Schweizer Illustrierten macht er hier aber eine gewisse Ausnahme. Wälti bezeichnet sie als «Filetstück» im Portfolio der Swissprinters – auch «weil sie gute Laune und schöne Geschichten unter die Leute bringt». Es sind positive Botschaften, die in der Druckerbranche gern gehört werden. 

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Das Magazin nimmt Form und Farbe an: Nach der Farbe werden die Seiten mit Aluminiumplatten belichtet.

Joan Minder

Schwindende Auflage

In diesem Gewerbe gab es in den vergangenen Jahren wenig zu lachen. Die Automatisierung, Digitalisierung und die schwindenden Auflage- und Seitenzahlen machen zu schaffen. Einst arbeiteten 1500 Personen für die Traditionsdruckerei. Heute sind es noch 165 sowie bis zu 70 temporäre Mitarbeitende. «Die sind in den Spitzenzeiten besonders wichtig», so Wälti. Zu den erfahrensten Arbeitskräften gehört Viulnet Veliju. Der gelernte Bogenoffsetdrucker ist seit 2006 für das Unternehmen tätig und zeichnet als Leiter Produktion mittlerweile für einen der wichtigsten Bereiche der Zeitschriftenfabrikation verantwortlich. Veliju ist fasziniert von der täglichen Arbeit und erklärt: «Wir haben in den vergangenen Jahren eine enorme Entwicklung durchgemacht und mussten uns immer wieder neu erfinden. Und dennoch funktioniert die Produktionskette minutiös und extrem präzis.»

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Vorrat: In den Katakomben der Swissprinters AG lagern 5600 Tonnen Papier. Und jeden Tag kommt Nachschub.

Joan Minder

Wertvoller Papiervorrat

Zu den grössten Herausforderungen zählen derzeit die wachsenden Energiekosten und steigenden Papierpreise. Die Ausgaben für Gas, Öl und Elektrizität dürften sich bei Swissprinters von 2022 bis 2023 von zwei Millionen Franken auf zwölf Millionen steigern. Die Papierpreise sind seit der Pandemie bis zu 100 Prozent in die Höhe geschnellt. Entsprechend wertvoll ist der Papiervorrat in den Kellerhallen. CEO Wälti spricht von 5600 Tonnen Papier, das derzeit vorhanden ist. Das tönt nach einer unglaublichen Menge, wird aber durch den beträchtlichen Output der Druckerei relativiert. Würde nicht täglich Nachschub per Bahn und Lastwagen aus den wichtigsten Exportländern Finnland und Deutschland geliefert, wäre der Vorrat innert vier Wochen aufgebraucht.

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Hochgeschwindigkeit. Auf vier Druckmaschinen können bis zu neun Millionen Seiten pro Stunde produziert werden.

Joan Minder

780 Grad heisser Ofen

Produktionstechnisch noch relevanter ist die Sicherstellung der Gasversorgung, die seit Putins Krieg gegen die Ukraine alles andere als selbstverständlich ist. Der Ofen, in dem die frisch gedruckten Magazine trocknen, wird in der Brennkammer auf 780 Grad geheizt. Das Papier selber wird von einer Temperatur von 120 Grad heruntergekühlt – wobei es den Produktionsprozess mit einem Tempo von 17 Metern pro Sekunde durchläuft. Dieser Vorgang ist nur mit Gas zu gewährleisten. «Wir sind dringend auf diesen Rohstoff angewiesen», sagt Wälti. In der Druckerbranche kam es in den vergangenen 15 Jahren zu einer massiven Bereinigung. Zu nennen wären etwa die Schliessung der Papierfabrik in Biberist SO 2011. Grund: Zu unrentabel war das Geschäft geworden. 2015 verschärfte der starke Franken die Situation. Im Sommer 2015 schloss die NZZ ihr Druckzentrum in Schlieren ZH. Auch die Swissprinters-Produktionsstandorte in Lausanne, St. Gallen oder Schlieren mussten den Betrieb einstellen. Generell haben sich die Berufsbilder nur in wenigen Branchen so stark verändert. Den Schriftsetzer gibt es schon lange nicht mehr. Der Drucker wurde zum Medientechnologen, der Buchbinder zum Printmedienverarbeiter. Die Branche werde immer kleiner und biete immer weniger Arbeitskräften ein Auskommen, so CEO Wälti.

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Franco Forti ist seit 41 Jahren in der Branche tätig: «Ich bin stolz, als Drucker zu arbeiten»

Joan Minder

Stolz auf das fertige Produkt

Und dennoch – oder gerade deswegen! – ist in Zofingen eine verschworene Einheit am Werk, die ihrer Arbeit mit viel Enthusiasmus nachgeht. Zu ihnen gehört Franco Forti, der einst die Lehre als Offsetdrucker gemacht hatte – und seither sein Jobprofil mehrmals anpassen musste. In einer kurzen Arbeitspause erklärt er: «Ich ging mit der Zeit – vom Offsetdruck zur Bogenmaschine zum Zeitungsdruck und nun zum Rotationsverfahren.» Es mache ihn stolz, wenn er am Schluss das fertige Produkt in den Händen halte. Auf die Frage, welches seine Lieblingsausgabe der Schweizer Illustrierten gewesen sei, antwortet er, ohne zu zögern: «Das war in den 90er-Jahren, als eine grosse Reportage über ein Prince-Konzert erschien.» Dann macht sich Forti wieder an die Arbeit. Er ist ein Vertreter von insgesamt 30 Berufsgattungen, die bei der Swissprinters AG in Zofingen tätig sind. Gemäss CEO Wälti macht auch diese Zahl deutlich, welche Bedeutung das Druckgewerbe für die gesamte Schweizer Wirtschaft besitzt.

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Maschinen und Technik: Im Druckzentrum der Swissprinters greifen die einzelnen Arbeitsprozesse perfekt ineinander.

Joan Minder

Der Kreis schliesst sich

Abschied vor dem Haupteingang des 100-jährigen Gebäudes. Die Druckerei wurde einst von der Unternehmerfamilie Ringier gegründet – wie auch die 111-jährige Schweizer Illustrierte. Wältis Blick schweift auf den benachbarten Heitere: «Dort steht die Villa Römerhalde, ein ehemaliges Wohnhaus der Familie Ringier, wo heute die Journalistenschule untergebracht ist.» Damit schliesst sich ein symbolträchtiger Kreis. Journalistische Ideen und verlegerische Ambitionen stehen am Ursprung jeder Publikation. Doch ohne den Schweiss und das Herzblut, ohne den Einsatz und das Fachwissen, das tagtäglich in der Druckerei zum Einsatz kommt, wäre dies alles nichts wert.

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Produktionschef Viulnet Veliju: «Wir haben eine enorme Entwicklung durchgemacht.»

Joan Minder
Von Thomas Renggli am 4. November 2022 - 17:20 Uhr