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Zwischen Action und Achtsamkeit

Moderatorin Kathrin Hönegger wagt was

Im SRF-Wissensmagazin «Einstein» testet Kathrin Hönegger gerne ihre Grenzen. Die Moderatorin führt ein Leben zwischen Action und Achtsamkeit.

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Kathrin Hönegger; Fotos: Mirjam Kluka, Assistenz: Anina Lehmann,  Styling: Caroline Ziegler / Style Council, Hair & Make-up: Tilia Novotny / Style Council 

Kathrin Hönegger

Mirjam Kluka

«Spannend wird es für mich dort, wo es auch mal schwierig werden kann.»

Wenn sich eine traut, dann Kathrin Hönegger. Steht bei der SRF-Wissenssendung «Einstein» ein Experiment an, setzt sie sich ihren grössten Ängsten aus. Die 35-jährige Moderatorin hat schon (fast) eine ganze Nacht im Spukschloss verbracht, liess tennisballgrosse Spinnen über ihre Hand krabbeln und testete, wann ihre Schmerzgrenze erreicht ist – alles vor laufender Kamera. Auch eine Sendung zum Thema Schweinefleisch mit Besuch in einem Mastbetrieb schreckte die Vegetarierin nicht ab.
 

GRUEN: Kathrin Hönegger, warumtun Sie sich das an?
Ich weiss einfach gerne Bescheid und bin nicht zimperlich. Spannend wird es für mich dort, wo es auch mal schwierig werden kann.
Als Sie eine Nacht im Spukschloss verbracht haben, wurde es dann so schwierig, dass Sie es vor lauter Angst nicht mehr aushielten und das Experiment abgebrochen haben. Die ganze Schweiz konnte Ihnen dabei zusehen. Macht Ihnen das nichts aus?
Zum Glück sind nicht alle Experimente von uns so heftig. Aber ja, manchmal muss ich mich für eine Sendung überwinden und es dann auch aushalten, wenn es ausgestrahlt wird. Natürlich sprechen wir bei «Einstein» alles zusammen ab. Wir sind ein super Team. Aber schlussendlich stehe ich alleine vor der Kamera.
Trotzdem lieben Sie Ihren Job?
Ja, es macht mir Mut, wenn ich merke, was ich alles aushalten kann. Durch «Einstein» bin ich noch weniger eitel geworden. Bei unseren Drehs habe ich keinen Stylisten, keinen, der mich schminkt. Im Gegenteil, ich halte mir sogar die Nachtsichtkamera ins Gesicht, und jeder weiss, wie schrecklich das aussieht (lacht). Aber ich habe mich entschieden, ich bin im Team «Authentisch».
Wie stark können Sie bei der Themenwahl der Sendungen Einfluss nehmen?
Dir Ideen sammeln wir im Team. Klar kommen da auch meine persönlichen Erfahrungen ins Spiel: Ich regte zum Beispiel eine Sendung zum Plastikverbrauch an, weil mich das persönlich sehr beschäftigt. 
Warum? 
Ich habe vor sechs Jahren das Surfen entdeckt, und an den schönsten Orten auf der Welt schwimmen neben mir Windeln und PET-Flaschen im Wasser. Es fährt extrem ein, wenn die Zerstörung einen so offensichtlich umgibt.
Was tun Sie dagegen?
Ich versuche, so nachhaltig wie möglich zu leben.
Sind Sie deswegen Vegetarierin?
Das kann man so sagen. Obwohl … Ich weiss nicht, ob ich als Dreijährige das Wort nachhaltig überhaupt aussprechen konnte. 
Das heisst, Sie essen seit dreissig Jahren kein Fleisch mehr?
Ja, ich bin wohl nachhaltig stur. Ich bin auf dem Land in Schmerikon am oberen Zürichseeufer aufgewachsen, zwischen Wald und Wasser. Jeden Tag besuchte ich mein Lieblingssäuli beim Bauern und streichelte es. Als ich realisierte, dass die Tiere geschlachtet werden, damit wir sie essen können, habe ich geschworen, mein Leben lang Vegetarierin zu sein.
Was haben Ihre Eltern dazu gesagt?
Die haben es am Anfang für eine Phase gehalten und versucht, mir Fleisch schmackhaft zu machen. Aber ich merkte schnell, dass auch Fischstäbchen einmal richtige Tiere waren, und habe mich lautstark gewehrt. Es ging so weit, dass ich zu Hause und im ganzen Quartier Plakate aufhängte, auf denen stand: «Papi ist ein Hasenmörder!» Er schlachtete zusammen mit einem Nachbarn Kaninchen. Damals war es bitterer Ernst, heute lachen wir darüber. Auch Erwachsene, die ihren Abfall am Seeufer einfach liegen gelassen habe, ermahnte ich. Ich war als Kind fast ein Hobby-Aktivist, merke ich gerade. 
Und heute?
Ich würde mich nicht als Aktivistin bezeichnen, habe aber eine konsequente Art zu leben und sage klar meine Meinung, wenn ich danach gefragt werde.
Ihr Mann darf aber Fleisch essen?
Klar. Ich verurteile niemanden und lasse jeden so leben, wie er will. Auch wenn ich auf Reisen Menschen oder auf Umstände treffe, wo mein Fleischkonsum ein Thema ist, versuche ich, dieser Situation gerecht zu werden und mit Respekt zu vermitteln, dass ich mich anders ernähre. 

Kathrin Hoenegger Portrait mit Sonnenbrille
Mirjam Kluka

Sie sind vor sechs Monaten Mutter geworden. Welche Werte möchten Sie Ihrem Sohn weitergeben?
Er soll respektvoll mit sich und der Umwelt umgehen. Ich möchte, dass er selbstbestimmt und tolerant leben kann, und hoffe, dass er eine Zeit erleben
wird, in dem Hautfarbe, sexuelle Ausrichtung und Geschlechtsunterschiede etwa so relevant sind wie eine Bratwurst in meinem Leben: nämlich gar nicht. Und dass er sich im besten Fall für Nachhaltigkeit ein bisschen mehr interessiert als für verschwenderischen Konsum.
Hat sich Ihr Konsumverhalten verändert, seit Sie für eine ganze Familie einkaufen?
Ich bin noch konsequenter geworden und versuche, Verpackungen zu meiden. Das braucht zwar ein wenig Organisation, fühlt sich für mich aber einfach besser an. Deswegen kaufe ich Gemüse und Früchte wann immer möglich in kleinen Quartierläden ein. Und ich mag den Groove dort. Man spricht miteinander und trifft auch mal den Käser, der einem alles zu seinem Produkt erzählt. 
Schauen Sie auf Labels?
Frische Lebensmittel gibt es bei mir nur in Bio-Qualität, am liebsten so regional wie möglich. Alltägliches wie Putzmittel muss ökologisch abbaubar sein. Grundsätzlich versuche ich auch, nicht noch mehr Dinge zu kaufen. Sondern auch mal etwas zu reparieren. Da kann ich viel von meinem Mann, der ursprünglich aus Havanna kommt, lernen. Dort ist viel mehr Erfindertum gefragt als hier in der Schweiz.
Was zeigt er Ihnen?
Wie man Dinge, die wir entsorgen würden, wieder in Schuss bringt. Er kann alles flicken, sogar meine Schuhe. Ich finde das mega toll. Auch weil ich allgemein versuche, meinen Besitz zu reduzieren. Mir ist momentan alles zu viel, und ich miste nach dem Prinzip von Marie Kondo aus. Kleider zum Beispiel tausche ich am liebsten mit Freundinnen und meinen zwei Schwestern oder bringe sie in einen Secondhandshop. Wenn ich etwas Neues poste, dann von nachhaltigen Labels.
Wie sieht es bei Kosmetik aus?
Seit mein Sohn auf der Welt ist, habe ich ganz auf Naturprodukte umgestellt. Ich möchte die Chemie so weit wie möglich von meinem Körper verbannen. Während der Schwangerschaft habe ich komplett auf Make-up verzichtet – ich fühlte mich so wunderbar wie noch nie. In dieser Zeit entdeckte ich auch Naturdeos. Während der Testphase nicht immer zur Freude meines Mannes, weil es etwas dauerte, bis ich das richtige Produkt gefunden habe (lacht). Um mich zu waschen, nehme ich Hartseife, die braucht keine Verpackung. Ich bin noch lange nicht dort, wo ich sein könnte, versuche aber, Schritt für Schritt so zu leben, dass ich die Umwelt möglichst wenig belaste.
Für Ihren Job sind Sie viel unterwegs, oft unter Zeitdruck. Wie entspannen
Sie sich?

Vor ein paar Jahren brauchte ich einen Tapetenwechsel und habe auf Bali eine Ausbildung zur Yoga-Lehrerin gemacht – voll der Klassiker. Ich bin zwar gar nicht der Lehrertyp, habe während dieser Zeit dafür etwas vom Tollsten überhaupt in meinem Leben entdeckt: die Meditation. Diese Technik ist für mich eine richtige Tankstelle. 
Sie punkten damit sogar bei Ihrer Arbeit.
Sie sprechen von der «Einstein»-Sendung zum Thema Stress. Ja, da wurde während eines Experiments wissenschaftlich bewiesen, dass ich rein durch Meditation die Ausschüttung des Stresshormons senken konnte. 
Verraten Sie uns, woran Sie bei diesem Experiment gedacht haben?
Ich habe nicht gedacht, sondern geatmet und etwas visualisiert. Bei mir funktioniert das gut, wenn ich mir vorstelle, dass ich im Meer schwimme oder surfe. Wasser ist mein Element. Ich liebe seine Bewegung, den Flow. Mir ist wichtig, dass ich im Fluss bin: bei der Arbeit, in der Liebe, im Umgang mit anderen Leuten. Fühlt sich etwas nicht gut an und stockt es, muss ich das Problem lösen. Danach habe ich wieder Energie für anderes.

«Während der Schwangerschaft habe ich komplett auf Make-up verzichtet – ich fühlte mich so wunderbar wie noch nie.»

Von Lisa Merz am 14. Mai 2019 - 12:02 Uhr