Auf die Frage, woher er komme, hat er drei Antworten. Aus Schwarzenburg. Aus Indien. Und manchmal, wenn er aus seinem Leben erzählen mag, sagt er: «Ich weiss es nicht.»
Und dann fügt Samuel Liechti, 26, schnell an, dass er Landwirt ist, Mitglied der freiwilligen Feuerwehr, zum Feierabend gerne ein Bier trinke - ja eigentlich ein ganz normaler Berner sei. Mit einem Makel: Seit bald eineinhalb Jahren sitzt er allein am Küchentisch. Weil sich das mit der Suche nach der Frau fürs Leben schwierig gestalte. Im Internet hat er es schon versucht. Näheres Kennenlernen scheitert meistens, wenn er sein Bild verschickt: «Einen Samuel Liechti stellen sich halt alle ganz anders vor.» Die Entschuldigung «Sorry, du bist nicht mein Typ» hat er oft genug gehört. Deshalb geht er jetzt in die Offensive. Und sucht nicht mehr anonym im Netz, sondern im Fernsehen.
«Äuä! An mir ist nichts indisch», sagt Sämu, wie er sich nennt. Er schaut weder Bollywood-Filme, noch kennt er indisches Essen. «Höchstens Curryreis, aber das haut mich jetzt nicht grad aus den Socken.»
Adoptiert wurde er mit elf Monaten. Fritz und Elisabeth Liechti holten ihren langersehnten Sohn am Flughafen Genf ab. Eine Kinderhilfswerk-Mitarbeiterin übergab den Jungen dem Bauernehepaar aus Schwarzenburg. Seither heisst er Samuel. «Ich war in Indien im Adoptionsheim», das ist alles, was Samuel über seine ersten Lebensmonate weiss.
In der Vorschau zur neunten Staffel der Kuppelsendung «Bauer, ledig, sucht …» wurde Sämu als «exotischster Bauer der Schweiz» angepriesen. Sieben Frauen haben sich beworben, die mit ihm das Land- und Liebesleben testen wollen. Die 18-jährige Flurina hat er nun eingeladen, eine ganze Woche mit ihm zu verbringen. Bereits am ersten Abend flirten die beiden Singles ungehemmt miteinander. «Er beeindruckt mich einfach», gesteht Hofdame Flurina in der Sendung. Und auch Sämu ist verzaubert, denn sie entspricht genau seinem Typ: «Humorvoll, gern auch aussergewöhnlich», so stellt sich Samuel seine Traumfrau vor. Die optischen Kriterien erfüllt sie ebenfalls: «Mir gefallen weibliche Rundungen und ein heller Teint.»
Seine Hautfarbe sorgt immer mal wieder für verwunderte Blicke. «Wenn ich mit dem Traktor unterwegs bin, meint wohl ab und zu einer, ich hätte den gestohlen.» Im eigenen Dorf sei das nie passiert, auch nicht in der Schule. Aber als er zum ersten Mal sein gewohntes Umfeld verliess: «In der Lehre bekam ich dann zu spüren, dass ich anders bin.» Dennoch: exotisch? «Jä nei! Ich bin Berner und wohl hier. Was soll ich in Indien nach meiner Herkunft suchen, wenn meine Heimat hier liegt?»
Inzwischen hat der gelernte Bauer den Hof vom Vater übernommen. Samuel bewohnt den oberen Stock des Riegelhauses. Die Eltern leben im Parterre. «Sie stehen zu meiner Suchaktion. Aber in ihren Augen hätte ich damit noch bis vierzig warten können», erzählt Samuel. Mutter und Vater wollen weder ins Fernsehen noch in die Presse. Ihm ist es recht. Was er nämlich gar nicht will, ist den Eindruck erwecken, ein altbackener Cheib zu sein. «Ich bin ein moderner Mann. Kochen, waschen, putzen: Mache ich alles allein!» So suche er auch kein Hausmütterchen. «Sie darf gern den Traktor fahren. Oder einer Arbeit ausserhalb des Hofs nachgehen.» Samuel hält 14 Milchkühe, 6 Rinder und 7 Kälber. Auf dem 12,4 Hektar grossen Grundstück baut er Mais, Weizen und Gerste an. An zweieinhalb Tagen die Woche arbeitet er ausserdem in einer Sägerei.
«Meine frühere Freundin hatte sich das Leben auf dem Hof zu romantisch vorgestellt», sagt Samuel. Ihr gemeinsamer Sohn wird bald zwei. Jedes zweite Wochenende verbringt er bei ihm: «Levin liebt die Tiere.» Irgendwann möchte Samuel nochmals eine Familie gründen. Vorher möchte er noch einmal nach Kanada reisen. Und seiner neuen Liebe das Land zeigen, in dem eigentlich etwas Unspektakuläres passierte. Etwas aber, das ihm klarmachte, was die richtige Antwort auf die Frage nach seiner Herkunft ist. Acht Monate arbeitete er auf einer riesigen Farm in Ontario. Bei einem Ausflug in die Provinzhauptstadt Toronto, wo über eine halbe Million Inder leben, ist es geschehen. «Da fragte mich eine Amerikanerin nach dem Weg! Ich sagte: ‹Sorry, ich bin aus der Schweiz›», erzählt Samuel. Und dann lacht er sein helles Lachen. Es ist das Einzige, was irgendwie indisch klingt an Samuel Liechti.
«Bauer, ledig, sucht …»: Jeden Donnerstagabend, 20.15 Uhr, auf 3+.