«Besondere Menschen mag ich. Ernst Sieber war ein solcher. Ein sozialer Schwätzer war er nie – aber sozial tätig, auf besondere Weise: Er sorgte an Ort und Stelle für Gestrandete, Verelendete und für Randständige. Er widmete sich ganz den Menschen, die versagten, die im Elend, in Drogen, im Alkohol oder in der Arbeitslosigkeit versanken.
An Ort und Stelle gab er ihnen zu trinken und zu essen, sorgte für Schlafstellen – zum Beispiel im «Pfuusbus» (welch sinnvoller, gemütlicher Name!) –, sammelte Geld für seine Hilfs- und Sozialwerke und betrieb sie auch. Aber wer so anders ist, wer so besonders arbeitet, stösst auch an. Folgerichtig galt dies auch für Pfarrer Sieber.
Es ist unvermeidlich, dass bei dieser umfassenden Arbeit auch Unvollkommenheiten passieren. Sieber war Helfer, Pfarrer, Tröster und nicht führungsstarker Ökonom. Und so geriet er unter die Fuchteln von sogenannt ökonomisch geschulten Leuten, die eine Misswirtschaft zu beheben vorgaben, aber mehr in den eigenen Sack wirtschafteten. Die Kritik prasselte relativ heftig auf Pfarrer Sieber ein. Aber alles verblasste hinter dieser unbestreitbar erfolgreichen Sozialarbeit.
Ich erinnere mich gerne, als wir gemeinsam an der sonntagmorgendlichen Radiosendung «Persönlich» teilnahmen. Schon halb auf dem Heimweg, fanden wir gemeinsam, dass wir eigentlich doch im gleichen Metier tätig seien. Beide widmen sich den Randständigen – einfach auf verschiedene Weise, fanden wir.
Als Unternehmer muss ich dafür sorgen, dass das Unternehmen gut läuft. So entstehen Arbeitsplätze, und Leute finden Arbeit und Verdienst. Das ist die soziale Arbeit von uns Unternehmern. Aber weil es trotzdem leider immer wieder Randständige gibt – wie Sieber die «abgestürzten» Menschen nannte –, braucht es Hilfe für diese. Und Ernst Sieber hat diesen wirksam und auf seine Weise geholfen!
Wie oft wurde ich gefragt, stimmen Sie theologisch mit Sieber überein? Ich habe ihn nie danach gefragt. Aber gemeinsam war uns beiden ein gesundes Gottvertrauen! Sieber starb am Pfingstsamstag mit 91 Jahren. Wir danken ihm für sein Lebenswerk.»