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Der SVP-Nationalrat tritt zurück

Mit diesem Liebesbrief eroberte Toni Brunner seine Esther

Ende Jahr ist Schluss! SVP-Nationalrat Toni Brunner verlässt das Parlament, wie er am Samstag mitteilte. Damit tritt einer populärsten Politiker der Schweiz ab. In der «Schweizer Illustrierten» erzählte er vor zwei Jahren, wie er einst als 22-Jähriger das Herz seiner Esther eroberte: Mit einem handgeschriebenen, parfümierten Liebesbrief.

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Toni Brunner SVP Esther Friedli Frau Liebesbrief

Toni Brunner und Esther Friedli schwelgen beim Betrachten des Liebesbriefes, den er ihr vor 19 Jahren schrieb, in Erinnerungen.

Kurt Reichenbach

Bei Toni Brunner und Esther Friedli geht die Liebe durch die Nase. «Und damit meine ich nicht den Stallgeruch!», sagt Toni Brunner und gluckst amüsiert. Der scheidende SVP-Präsident und seine Partnerin sitzen auf der Wiese vor ihrem Hof im sankt-gallischen Ebnat-Kappel und schnuppern am Brief, mit dem Toni vor 21 Jahren Esthers Herz erobert hat. «Leider kann man sein Parfum nicht mehr riechen», sagt sie. «Dafür strahlt das aufgemalte Sünneli immer noch», neckt Brunner.

Welchen Duft er damals über den Brief mit den Worten «Für mich bist du mein Ein und Alles, ohne dich wäre es ja nicht auszuhalten» gesprüht hat, weiss er nicht mehr. «Tommy Hilfiger oder Gaultier. Hauptsache, es hat gewirkt. Frauen sind einfach zu betören.» Brunner grölt, drückt Friedli einen Schmatz auf die Backe. Er muss los. Ans Jassturnier ins «Haus der Freiheit». «Gell, Esther, du hilfst mir an der Kasse.»

Toni Brunner SVP Esther Friedli Frau Liebesbrief
Kurt Reichenbach

In seinem Wirtshaus ist Toni Brunner, 44, der Superstar. Er schüttelt jede Hand, klopft den Männern auf die Schultern, drückt ältere Damen an sich. Dann stellt sich Brunner auf die Bühne und begrüsst die johlende Menge. Esther Friedli, 38, klatscht im Hintergrund. Brunner und Friedlis Liebesgeschichte beginnt 1996 an einer Veranstaltung der SVP Worb. Friedli ist 19 Jahre alt und noch am Gymnasium. «Mich interessierten damals nur zwei Dinge: Skifahren und Politik.» Mit 15 gründet sie in Worb einen Jugendrat, und auch am Familientisch wird politisiert – Friedli und ihre Mutter sind bei der CVP, der Vater ist SVP-Mitglied. Trotzdem begleitet ihn Friedli auf die Veranstaltung, an der Toni Brunner als Redner auftritt. Der 22-jährige Bauernsohn mit Realschulabschluss ist wenige Monate zuvor zum jüngsten Nationalrat aller Zeiten gewählt worden. Das beeindruckt Friedli allerdings wenig. Auch mit seinen Äusserungen zur Drogenpolitik ist sie nicht einverstanden. «Ich war schon damals für eine liberale Drogenpolitik und hielt es für falsch, wenn sich die Polizei nur aufs Verteilen von Bussen für Kiffer konzentriert.» Das sagt sie Brunner direkt nach der Veranstaltung. Er ist begeistert. «Eine hübsche Frau, die weiss, was sie will!» Prompt lädt er sie ins Bundeshaus zu einem Rundgang ein. Friedli zögert. «Ich wusste, wenn ich mich auf Toni einlasse, stehe auch ich in der Öffentlichkeit.»

Doch Brunner lässt nicht locker. Als Friedli in den Sommerferien in der Dokumentationszentrale des Bundeshauses arbeitet, bestellt Brunner so viele Unterlagen, dass die Gerüchteküche brodelt. Er lädt Friedli zum Essen ein. Es kribbelt. «Mit den meisten anderen Männern habe ich mich nach dem zweiten Date gelangweilt. Nicht mit Toni. Seine charmante natürliche Fröhlichkeit finde ich toll.» Dann greift Brunner zu Stift, Papier – und Parfum. «Bitte, bitte bleib wie Du bist, ich bin halt, wie ich bin.» Der Brief trifft mitten ins Herz. Friedli ist verliebt. «Obwohl ich als Jugendliche immer gesagt habe: Ja nie einen Bauern!»

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Während Brunner als Präsident der SVP St. Gallen und Parteivize die politische Karriereleiter hochklettert, bleibt Friedli im Hintergrund. Sie studiert in Bern Politikwissenschaften und Staatsrecht, macht ein Praktikum als Referentin bei CVP-Bundesrätin Ruth Metzler, arbeitet später für zwei grosse Berner Kommunikationsagenturen. In Worb sitzt sie für die Junge CVP im Grossen Gemeinderat. «Ein Parteiwechsel kommt für mich nicht infrage, nur weil Toni bei der SVP ist», stellt sie 1999 klar. «Sie war eine progressive, emanzipierte Politikerin, ein Vorbild für uns junge Frauen», sagt Béatrice Wertli, 40, frühere Weggefährtin und heutige CVPGeneralsekretärin.

Die Annäherung nach rechts erfolgt langsam. Brunner spricht von «zwölf Jahren harter Arbeit». Als er 2008 das SVP-Präsidium übernimmt, startet Friedli als Generalsekretärin im St. Galler Bildungsdepartement. Ihr damaliger Chef: Stefan Kölliker, SVPMann und Mitbesitzer von Brunners «Haus der Freiheit». «Ich habe mich normal auf die Stelle beworben», sagte Friedli damals zum Vorwurf der Vetternwirtschaft. Zwei Jahre später steigt sie aus der CVP aus, bleibt parteilos.

Sie zieht weg aus Bern zu Brunner auf den Hof, pflanzt zusammen mit seiner Mutter im Garten Himbeeren, kümmert sich um den Haushalt und hilft Toni mit den Tieren. 15 Kühe, 10 Rinder, 3 Katzen und ein Hund leben auf dem Hof. Um Luna, den kläffenden Appenzeller, sei sie besonders froh. «Ich bin hier oft alleine, und so fühle ich mich sicherer.» Grundsätzlich gefalle es ihr auf dem abgelegenen Hundsrücken mit Sicht auf die Churfirsten aber sehr gut. «Ich mag die schollenverbundenen, bodenständigen Leute.» Beim Thema Ausländer denke sie heute wie die SVP: «Die starke Zuwanderung sorgt für Probleme.» Bei Frauenfragen wie der Fristenlösung bei der Abtreibung sei sie weiterhin liberal.

CVP-Weggefährtin Béatrice Wertli kann Friedlis Parteiwechsel nicht nachvollziehen: «Die SVP ist nicht dafür bekannt, für Frauenrechte einzustehen.» Friedli sieht das anders. «Viele SVP-Männer haben starke Frauen.» Brunner nickt zustimmend. «Darum mache ich auch die Wäsche, wenn du gewählt wirst!» «Weisst du überhaupt, wie man Wollsocken wäscht?», fragt Friedli. «Ja klar, kalt abspülen und dann aufhängen!» Grosses Gelächter. Doch was, wenn es am 24. April doch nicht klappt? Gibts dann Kinder und eine Hochzeit? «Wir nehmen es, wie es kommt, und planen nicht gezielt», sagt sie. «Und wir brauchen keinen Ring, um zu wissen, dass wir zusammengehören», ergänzt er. «Und sonst parfümiere ich halt nochmals einen Brief!».

Jessica Pfister
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Von Jessica Pfister am 8. April 2016 - 11:23 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 15:16 Uhr