Es gackert an diesem frühen Morgen aus gefühlt tausend Hälsen. Ohne Unterbruch und in einem konstant hohen Lärmpegel machen sich die Hennen bemerkbar. Da geht das melodische Pfeifen, mit dem Daniel Fäh, 28, den Vorraum des Stalls betritt, gnadenlos unter. Er wisse, dass er bei der momentanen Lautstärke zu leise pfeife, aber dies sei nun mal seine Art, mit den Tieren zu kommunizieren. «Sie sollen sich an mich gewöhnen. Ich glaube, dass sie mein Pfeifen mit der Zeit wiedererkennen.» Schnell schlüpft der Landwirt aus seinen Turnschuhen in die Stiefel, bevor er den eigentlichen Stall betritt.
Der 20 Hektaren grosse Betrieb Mühli-Ei liegt im Weiler Eugerswil bei Homburg TG inmitten von Wald und Wiesen. Gelbe Wegweiser zeigen Wanderern die Richtung. Das Postauto hält nur zweimal am Tag. Hier ist Daniel Fäh aufgewachsen, seit zwei Jahren pachtet er den elterlichen Hof. Regula und Urs Fäh, die heute noch mithelfen, haben den einstigen Milchbetrieb auf Legehennen ausgerichtet. Zwei Drittel der Eierproduktion gehen heute an den Grosshandel. Ein Drittel in die Direktvermarktung, um die sich Mutter Regula kümmert. Ob eines der vier Kinder den Betrieb übernehmen wird, war lange unklar. Daniel Fäh ist der Jüngste der Familie, machte zuerst eine Lehre als Dachdecker. Während er auf dem Bau arbeitete, half er, so oft es ging, seinem Vater. «Ich hatte stets ein Bein im Hühnerstall. Mir war auch immer klar, dass ich mit der Eierproduktion weitermachen werde, sollte ich den Betrieb übernehmen.» Als der Wunsch nach einer Erwerbstätigkeit auf dem Hof grösser wurde, absolvierte Fäh die Ausbildung zum Landwirt. «Mich reizte die Arbeit mit den Tieren. Für mich ist ein Huhn kein Produktionsgegenstand, sondern ein Lebewesen, das besonders leistungsfähig ist, wenn es sich wohlfühlt. Dieses Klima zu schaffen, ist meine tägliche Herausforderung.»
Wie ein Riese wirkt der gross gewachsene Thurgauer, wenn er sich seinen Weg durch die Tiere bahnt, prüfende Blicke in die Nestboxen wirft und mit dem Zeigfinger an die Wasserhähne klopft. Die rund 3300 Legehennen in diesem Stall sind 22 Wochen alt und erst seit 21 Tagen bei Fäh. Daher rührt auch der Krach. «Wenn die Hennen am Morgen ihre Eier legen, ist es normal, dass sie gackern. Das machen sie auch nach der Eingewöhnungszeit, aber es wird bedeutend weniger laut sein.» In dieser ersten Phase ist Fäh am meisten gefordert, da er jetzt die Weichen für die nächsten 450 Tage stellt, welche die Tiere bei ihm bleiben werden. So verbringt der Landwirt viel Zeit im Stall. «Ich muss die Herde quasi erziehen.»
Am Anfang sei es normal, dass grosse Unruhe da ist. Es könne vorkommen, dass die Tiere einander die Federn picken. Um dem Abhilfe zu schaffen, kann Fäh mehr Stroh ausstreuen, das Licht im Stall dimmen oder sogenannte Pick-Stopp-Becken aufstellen. «Jede Herde ist anders. Was bei der einen funktioniert, kann bei der anderen rein gar nichts bewirken.» Als Eierproduzent müsse man ein gutes Gefühl für die Tiere haben. «Ich höre oft auf mein Bauchgefühl.» Bei einer vorbildlichen Legehennenhaltung sei reichhaltiges Futter genauso wichtig wie die Tatsache, dass die Tiere ihren Bedürfnissen nachkommen dürfen. So können die Hennen im Aussenklimabereich an der frischen Luft scharren, picken oder sich ein Sandbad für die Federpflege genehmigen. Rund vier Fünftel aller Legehennen in der Schweiz haben zusätzlich Auslauf auf der Weide – so auch bei Fäh.
Insgesamt hält der Thurgauer in zwei Ställen rund 6000 Hennen. Mit «seiner» Legeleistung von 94 Prozent ist er sehr zufrieden. Doch dies sei nicht alles. Fäh wäre auch mit zwei Prozent weniger glücklich: «Hauptsache, die Herde ist gesund. Das wirkt sich schlussendlich auch auf die Qualität und die Grösse der Eier aus.» Neben der Eierproduktion hat Fäh mit dem Anbau von Getreide, dem Kultivieren von Hochstammbäumen und der Rindermast noch weitere, kleine Standbeine. So kann man im Hofladen auch sein Weiderind-Burgerfleisch kaufen. Gerne würde er noch Suppenhühner anbieten, doch da fehle die Nachfrage. «Ich sage aber immer, dass alle Schweizer auf 300 Eier, die sie konsumieren, ein Suppenhuhn verspeisen sollten.» Dann wäre die Verwertungskette der Legehennen optimal.
«Mehr Schweiz im Teller» ist eine Aktion von Verlag und Redaktion der Schweizer Illustrierten in Zusammenarbeit mit Agro-Marketing Suisse AMS und dem Schweizer Bauernverband SBV. Auf www.vomhof.ch präsentieren sich rund 2000 Hofläden, die eine bunte Palette von regionalen Produkten anbieten. Mehr Infos zu Schweizer Produkten und Schweizer Eiern: www.swissegg.ch und www.suissegarantie.ch sowie www.landwirtschaft.ch