Am Anfang dieser Geschichte steht eine Entscheidung. Nach Melbourne an den Grossen Preis von Australien? Dann weiter nach Bahrain und Vietnam. Oder zu Hause bleiben, als Landwirt arbeiten und den Betrieb übernehmen? Traktor oder Rennbolide?
Der damals 25-jährige Michael Frauenfelder arbeitet als Mechaniker für den Automobilrennstall Sauber Motorsport in Hinwil. «Ein Kindheitstraum.» 2012 steht er vor dem Sprung ins Rennteam, wäre bei den Formel-1- Rennen hautnah dabei. Doch zur gleichen Zeit will sein Vater den Hof abgeben. «Für eine Weile war ich hin- und hergerissen», sagt Michael Frauenfelder, 32. Er lässt seinen Blick über das Spargelfeld gleiten, das am Dorfrand des zürcherischen Henggart liegt. Die dunkelbraune Erde wird von der immer höher steigenden Sonne Meter für Meter in hellere Farbtöne getunkt. «Doch schliesslich überwog der Wunsch, Bauer zu sein.» Er hatte nach der Lehre zum Landmaschinenmechaniker noch die Landwirte-Ausbildung gemacht und Lust auf Selbstständigkeit und auf Arbeit auf den Feldern. «Ich wusste, wenn ich den Betrieb führe, werde ich einige Dinge umkrempeln.» Er baute auf dem Wylandhof neben dem Ackerbau den Grünspargelanbau und den Weinbau aus.
Die beiden Erntefahrzeuge, die ihre Bahnen über das 200 Meter lange Spargelfeld ziehen, nähern sich langsam. Ein Quietschen ist zu hören. Tochter Maria, 5 Monate, sitzt angeschnallt im Kindersitz auf einem der Fahrzeuge, während Ehefrau Claudia Frauenfelder, 26, bei der Ernte hilft. Auch der Nachbarsjunge Manuel Rouiller ist für die Familie im Einsatz. Er absolviert das erste Lehrjahr zum Polymechaniker, kann wegen der Corona-Krise nicht arbeiten und hilft während den Frühlingsferien mit. Für Frauenfelders ist er eine willkommene Unterstützung. Die Zürcher haben meistens jede Saison eine Praktikantin aus dem Ausland auf dem Hof.
Dieses Jahr wäre die Erntehelferin aus dem russischen Novosibirsk gekommen. Doch wegen der Pandemie konnte sie nicht einreisen. «Ich weiss noch nicht, wie ich diesen Ausfall kompensieren kann», sagt Frauenfelder. Es rufen ihn zwar pro Tag zwei bis drei Leute an, die in Kurzarbeit sind und bei der Ernte mitarbeiten wollen. «Eine Hilfe, die bereits eingearbeitet ist, und die ich über mehrere Monate einsetzen kann, wäre effizienter.» Noch reiche es, wenn seine Frau, Manuel oder die Eltern aushelfen. «Wir stehen erst am Anfang der Spargelsaison.» Derzeit erntet das Team um die 50 Kilo. Im Mai werden es über 200 Kilo sein. Pro Tag.
Der Mai, es ist ein Monat, der ihnen Kopfzerbrechen bereitet. 60 Prozent seiner Spargelernte verkauft der Landwirt normalerweise an Restaurants aus der Region. Da Frauenfelders nicht wissen, wann diese wieder öffnen dürfen, müssen sie andere Abnehmer suchen. «Das wird eine Herausforderung.» Zumal viele Kunden jetzt heiss auf Spargeln seien und im Mai schon eine gewisse Übersättigung herrsche.
Frauenfelders Handy klingelt. Eine ältere Frau aus Luzern bittet ihn, zwei Kilo Spargeln auf die Seite zu legen. Sie wolle mal wieder raus und eine Ausfahrt nach Henggart machen, um die Ware im Hofladen zu holen. Der Jungbauer grinst. «Wir haben einige Stammkunden, die für unsere Spargeln einen weiten Weg auf sich nehmen.» Für ihn war dies mit ein Grund, vermehrt auf das grüne Gemüse zu setzen. Er baut auch Zuckerrüben und Weizen an. «Doch niemand kommt und dankt dir für das gute Mehl, das aus dem Weizen gemahlen wird. Bei Spargeln ist das anders. Die Leute freuen sich auf die Spargelzeit und machen Komplimente für besonders zarte Exemplare.»
Ein Teil seiner Felder hat Frauenfelder mit einer Mulchfolie abgedeckt. Seit seiner Zeit bei Sauber sei er geübt in Experimenten. «Dort habe ich gelernt, zu improvisieren und Neues zu versuchen.» Die biologisch abbaubare Spezialfolie soll den Grünspargel während der Ernte vor dem Austrocknen und vor Unkraut schützen. Richtig zufrieden mit dem Projekt ist er aber noch nicht. Einige der Spargeln seien zu wenig kräftig, um durch die hauchdünne Folie zu stossen, und können so nicht geerntet werden. «Das muss ich optimieren.» Ein weiterer Plan: den Spargelanbau auf Bio umstellen. Doch das ist eine andere Geschichte.
Schweizer Bäuerinnen und Bauern sind weiterhin zu 100 Prozent im Einsatz und produzieren genügend Lebensmittel. Auf www.vomhof.ch präsentieren sich aktuell rund 2000 Hofläden, die das ganze Jahr hindurch eine bunte Palette an saisonalen und regionalen Produkten anbieten. Auch die Verkaufsregale der Detailhändler sind mit vielen einheimischen Lebensmitteln gefüllt.
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