Ich war fünfzehn, als mein Vater – selbst deklarierter Alt-68er – mich fragte, ob ich eigentlich schon mal gekifft habe. Hatte ich nicht. «Dann wirds langsam Zeit», meinte er. So kam es, dass ich meinen ersten Joint gemeinsam mit meinem Papa zu Hause auf dem Balkon rauchte. So viel sei schon mal verraten: Es blieb zwar nicht der letzte, aber ich kann die Male, an denen ich an so einem Glimmstängel zog, an zwei Händen abzählen. Und ich bin immerhin schon Mitte vierzig.
Ich weiss nicht genau, was die Motivation meines Vaters war, mir damals diesen gemeinsamen Joint anzubieten. Vielleicht wollte er, dass das Kiffen für mich so den Reiz des Verbotenen verlor. Vielleicht wollte er auch einfach cool sein. Ich fand – und finde – Rauchen so oder so gruusig. Und vom Kiffen bekam ich – übrigens jedesmal, auch wenn ichs später nochmal probierte – nur Hunger. Und Hunger hab ich auch ohne Kiffen.
«Ich bin zwar auch der Meinung, dass Verbieten nichts nützt und je nachdem nur den Reiz erhöht. Aber eine Aufforderung dazu – oder auch der Konsum vor ihren Augen – sendet meiner Meinung nach falsche Signale»
Aber was wäre gewesen, wenn ichs richtig geil gefunden hätte? Wenn ich immer wieder das Bedürfnis gehabt hätte? Und wenn das irgendwann nicht mehr gereicht hätte? Ich jedenfalls würde meine Kinder niemals zum Konsum von Drogen auffordern. Ich bin zwar auch der Meinung, dass Verbieten nichts nützt und je nachdem nur den Reiz erhöht. Aber eine Aufforderung dazu – oder auch der Konsum vor ihren Augen – sendet meiner Meinung nach falsche Signale. Es sagt: «total harmlos. Machen alle.» Und das stimmt einfach nicht.
Kiffen ist nicht harmlos. Studien zeigen, dass Langzeit-Konsum von Cannabis zwar nicht per se das Hirn schädigt, aber Lern- und Gedächtnisleistung beeinträchtigt. Und Gehirne von Jugendlichen befinden sich im Umbruch und sind anfälliger als die von Erwachsenen. Wobei wir hier – wie gesagt – von regelmässigem Langzeit-Konsum sprechen, nicht von gelegentlichem Kiffen.
Mir ist deshalb wichtig, meinen Kids zu verklickern, dass die Gründe für den Konsum von Drogen eine wichtigere Rolle spielen als der Konsum an und für sich. Das gilt übrigens auch für Alkohol. Neugier? Klar – versuchts halt mal. Genuss? Total okay – wobei das eher für Alkohol gilt, Genuss-Kiffen kann ich mir nicht so recht vorstellen. «Freunde» finden, man sei nicht cool, wenn man sich nicht irgendwelches Zeug reinzieht? Das wollt ihr vielleicht nicht hören oder wahrhaben, aber eigentlich wisst ihrs: Das sind keine echten Freunde! Aber der schlimmste und gefährlichste Grund ist dieser: Alltagsflucht. Sich mit irgendwas zudröhnen wollen, um vor Kummer oder Druck oder Langeweile zu fliehen. Dann wirds richtig gefährlich. Denn dann reichen kiffen oder saufen irgendwann nicht mehr. Und was kommt danach? Das will ich mir nicht mal vorstellen.
«Das Gesetz hat Gründe dafür, das Kiffen zu verbieten. Nämlich die Leute, die es eben nicht bei ab und zu mal belassen können, vor sich selbst zu schützen»
«Würdest du mir das Kiffen eigentlich verbieten?», fragte Kind 1 mich mal. «Ich nicht. Aber das Gesetz», hab ich ihm geantwortet. «Und das Gesetz hat Gründe dafür.» Nämlich die Leute, die es eben nicht bei ab und zu mal belassen können, vor sich selbst zu schützen. Ich hab übrigens nach diesem ersten Mal nie wieder mit meinem Vater gekifft. Irgendwie war mir die ganze Aktion doch etwas peinlich. Vielleicht war das ja seine Absicht. In diesem Fall: Danke, Paps, Ziel erreicht!