Lieber Oskar Freysinger
«Das alte Zirkuspferd träumt von vergangenem Glanz, vom Zauber der Manege», so singt es Howard Carpendale. Ihr Pferdeschwanz ist zwar grauer geworden, aber Sie könnens auch nicht lassen. Eigentlich wollten Sie nach Korsika auswandern. Nie mehr Nationalrat, nie mehr Regierungsrat, haben Sie geschworen. Denkste! Auch Korse Napoleon kam stets zurück.
In der «Rhonezeitung» schreiben Sie eine politische Kolumne, gleich neben einer von Peter Bodenmann, auch er war einmal Walliser Regierungsrat. Jetzt sind Sie Wahlkampfleiter für die Westschweizer SVP-Kandidaten. Schade, dass man ausser dem Neuenburger Yvan Perrin, auch er Ex-Nationalrat und Ex-Regierungsrat, niemanden kennt. Dass zwei Ex, begabte, aber abgehalfterte Politiker, jetzt wieder in der vordersten Reihe stehen, ist ja ganz gut. Zeigt aber auch, dass hinterher nichts nachkommt.
Sie wollen austesten, wie gut Ihre provokativen Sprüche noch ankommen
Deshalb ist der Wahlkampf, den Sie mit knallharten Parolen gegen Rahmenabkommen, Klima-Angstmacherei («jetzt ist Schluss mit politischer Korrektheit») und andere SVP-Zielscheiben führen wollen, für die Katz. Oder nur für einen gut: für Freysinger. Sie sind ja kein Hilfswerk. Soll mir keiner erzählen, dass Sie einen mühsamen Wahlkampf für andere Leute nur aus selbstloser Liebe zu Partei und Land auf sich nehmen.
Nein, Sie wollen austesten, wie gut Ihre provokativen Sprüche noch ankommen. Und dann weitersehen. Der Wahlkampf ist schon heute eine reine Freysinger-Show. Die Medien freuen sich. Denn Sie bieten stets Stoff für eine gute Story. Leider etwas weniger die armen Kandidaten, die Sie angeblich nach Bern befördern möchten.
Mit freundlichen Grüsse
Peter Rothenbühler