Auf der japanischen Inselgruppe Okinawa leben auffallend viele Hundertjährige. Die Region gehört zu den sogenannten «Blue Zones», also Gebieten auf der Welt, in denen Menschen besonders lange und gesund leben. Doch was ist ihr Geheimnis? Eine zentrale Rolle spielt dabei die japanische Lebensphilosophie «Ikigai» – ein Begriff, der sich als «der Grund, morgens aufzustehen» übersetzen lässt.
Die Altersforscherin Sabina Misoch (54) hat sich intensiv mit der Langlebigkeit auf Okinawa beschäftigt. «Die Menschen sind extrem gegenwarts- und zukunftsorientiert. Sie erzählen kaum von früher, sondern freuen sich auf das, was kommt», stellte die Professorin und Dozentin an der Berner Fachhochschule in ihren Interviews vor Ort fest. Dieses Mindset, gepaart mit einem aktiven Alltag, hält die Menschen bis ins hohe Alter gesund.
«Ikigai» setzt sich aus vier Elementen zusammen: Leidenschaft, Berufung, Mission und Beruf. Für die Okinawaner bedeutet das, für die Gemeinschaft da zu sein, aktiv zu bleiben und das Leben in vollen Zügen zu geniessen. «Die Menschen leben nicht nur für sich selbst, sondern sorgen sich auch um ihre Mitmenschen», sagt Misoch. Auf Okinawa gibt es sogenannte «Moai»-Gruppen, die sich oft schon in der Kindheit bilden und ein Leben lang bestehen. «Ich war bei einem Treffen der Moai-Gruppe eines Kollegen eingeladen, wo sich alte Freunde jede Woche sehen, gemeinsam Karaoke singen und sogar Geld sammeln für diejenigen, die in finanziellen Schwierigkeiten sind», erklärt die Altersforscherin weiter. Diese starke Gemeinschaft sorgt dafür, dass niemand allein gelassen wird.
Die traditionelle einheimische Inselküche ist fettarm und weitgehend fleischfrei.
Okinawa TourismusNeben sozialen Faktoren spielt auch die Ernährung eine entscheidende Rolle. Die Okinawaner essen nach dem Prinzip «Hara Hachi Bu». Sie hören auf zu essen, wenn sie zu 80 Prozent satt sind. Diese Achtsamkeit hilft ihnen, Hunger- und Sättigungssignale zu erkennen, Überessen zu vermeiden und ausgewogene Essgewohnheiten zu fördern.
Die Ernährung der Okinawaner ist reich an Gemüse, Tofu, Fisch und Meeresalgen. Zudem bleibt Bewegung ein fester Bestandteil des Alltags. «Viele der älteren Menschen bauen ihr eigenes Gemüse an und bleiben so durch ihre Arbeit im Garten aktiv», sagt Misoch. «Auch arbeiten sie weiter bis ins hohe Alter, solange es ihnen körperlich möglich ist.» Ruhestand, wie wir ihn kennen, gibt es in Okinawa kaum. «Diese Balance zwischen gesunder Ernährung, Bewegung, Arbeit und sozialer Einbindung ist ein wesentlicher Faktor für die Langlebigkeit auf der japanischen Inselgruppe.»
Ob die Philosophie des «Ikigai», die entspannende Kraft der Onsen oder die ausgewogene Ernährung – im Body & Health Lab tauchen wir dieses Jahr tief in die Geheimnisse der japanischen Lebensweise ein. Auch Toyota ist tief in dieser Kultur verwurzelt. Das Streben nach kontinuierlicher Verbesserung, nachhaltigen Innovationen und der ganzheitliche Blick auf Mobilität und Wohlbefinden sind Prinzipien, die Toyota antreiben. Als japanisches Unternehmen strebt Toyota danach, durch Innovationen nicht nur Mobilität neu zu denken, sondern auch das Leben der Menschen zu verbessern – effizienter, nachhaltiger und gesünder.
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Ein Aspekt, den die Altersforscherin auch fasziniert, ist die Rolle der Spiritualität. «Viele Frauen auf Okinawa pflegen den Kontakt zu ihren Ahnen. Sie teilen ihre Sorgen mit ihnen, was ihnen hilft, Stress zu reduzieren.» Diese innere Gelassenheit und positive Lebenseinstellung tragen wesentlich dazu bei, gesund alt zu werden. «Die Menschen dort legen mehr Wert darauf, das Leben zu geniessen, als Erfolg oder Reichtum anzuhäufen», erklärt Misoch.
Sabina Misoch (54) ist Professorin und Dozentin an der Berner Fachhochschule. Sie befasst sich seit Jahren mit den vielfältigen Aspekten des Alters und alternder Gesellschaften und stiess 2017 im Rahmen von Forschungsarbeiten in Japan auf das japanische Konzept von Ikigai.
FHS St. GallenEin bemerkenswerter Aspekt des Lebens auf Okinawa ist die Resilienz der Menschen. Selbst nach schweren Taifunen, die die Insel immer wieder heimsuchen, bleiben die Bewohnerinnen und Bewohner gelassen. «Eine Frau erzählte mir, dass sie nach einem Taifun einfach ihren Garten wieder aufbaue – und das jedes Jahr aufs Neue», sagt Misoch. Diese optimistische Lebenseinstellung zeigt sich auch in der tiefen Dankbarkeit der Menschen. «Statt sich auf Verluste zu konzentrieren, richten sie den Blick mit grosser innerer Dankbarkeit auf das, was noch möglich ist.»
«Ikigai» muss nicht immer eine grosse Lebensaufgabe sein, oft sind es die kleinen Dinge, die das Leben lebenswert machen. Wichtig ist vor allem, sich aktiv am Leben zu beteiligen, soziale Kontakte zu pflegen und eine optimistische Lebenseinstellung zu bewahren. «Wir in der westlichen Welt neigen dazu, uns auf das zu konzentrieren, was nicht mehr geht. Die Okinawaner dagegen sind dankbar für das, was sie noch haben und fokussieren sich darauf», sagt Sabina Misoch. Eine Philosophie, die uns allen helfen kann, gesünder und glücklicher zu altern.