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Mehr als die Hälfte der Schweizerinnen und Schweizer trackt bereits Schritte, Herzfrequenz und sogar ihr Koffein-Level. Das sind die Risiken und Chancen der sogenannten «Wearables».
Präsentiert von Toyota

Die Chancen und Risiken digitaler Gesundheitsüberwachung

Höher, schneller, weiter – und gesünder: Dank digitaler Gesundheitsüberwachung mit smarten Uhren, Armbändern oder Ringen lassen sich Vitalität und Fitness heute penibel tracken und optimieren. Die digitalen Health Coaches können erstaunlich viel, trotzdem dürfe man weiterhin der eigenen Intuition trauen, sagt Sportwissenschaftler Matthias Ludwig. Eine Einordnung.

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Wearables Toyota
Getty Images

Accessoires, die mehr über uns wissen als wir selbst: Laut der Krankenkasse SWICA misst mittlerweile mehr als die Hälfte der Schweizer Bevölkerung ihre körperliche Aktivität mit sogenannten Wearables. Dabei handelt es sich um smarte Computersysteme, die am Körper getragen werden und mehrheitlich dem Tracking der Herzfrequenz oder der Schritte seiner Träger:innen dienen. Smarte Sensoren, die mit dem Internet verbunden sind, übertragen, protokollieren und analysieren Daten, anhand derer User:innen die Möglichkeit haben, ihren Lebensstil und ihr Verhalten anzupassen und zu optimieren. Die Gadgets können die Fitness verbessern und das Wohlbefinden steigern. Sollten wir öfter die Treppe nehmen statt den Lift? Uns für ein Stehpult einsetzen, weil wir zu viel sitzen? Schlafen und trainieren wir effektiv? Leben wir möglichst gesund?

Digitale Gesundheitsüberwachung schlüsselt all das auf. Dabei scheinen die Funktionen auch für die Medizin von grossem Wert, da sie eine kontinuierliche Überwachung des Gesundheitszustands ermöglichen, intelligente Warnungen und rechtzeitige Benachrichtigungen bieten. Der Markt wächst. Und dennoch: Wie clever ist es, sein gesamtes Leben dem kleinen Helfer zu offenbaren? «Sinnvoll ist es nicht, es ist allenfalls spannend», so der Zürcher Sportwissenschaftler Matthias Ludwig. Steile These.

Wearables im Überblick

Aber welche Devices gibt es überhaupt? Am Handgelenk getragene Fitness-Tracker sind die No Brainer unter den tragbaren Technologien im Gesundheitssektor. Sie ermöglichen es, ganz bequem die Herzfrequenz zu überwachen und körperliche Aktivitäten wie Gehen, Joggen und Workouts zu verfolgen. Diese meist am Handgelenk getragenen Gesundheitsgeräte erlauben es ihren User:innen, ihren Zustand genau im Auge zu behalten und ihre Leistung zu bewerten.  So lassen sich Entscheidungen über Intensität oder Anpassung des Trainingsplans auf smarter Basis fällen.

Digitale Überwachung goes Fashion: Smart Rings, die hübsch am Finger schimmern, zeichnen Gesundheitsdaten wie die Herzfrequenz auf, tracken den Schlaf und speichern Aktivitätsdaten wie absolvierte Schritte. Sie wissen über verbrannte Kalorien, den weiblichen Zyklus und sogar das Koffein-Level Bescheid. Die Daten werden in der zugehörigen App ausgewertet.

Smartwatches verfügen neben der Überwachung der Herzfrequenz über Features wie Schlaf-Tracking oder Monitoring der Blutsauerstoffsättigung, was besonders für Menschen mit Atemwegserkrankungen interessant sein kann. Manche werben gar mit EKG-Funktionen: Tragbare EKG-Geräte sind in der Lage, unregelmässige Herzrhythmen zu erkennen und schicken Messdaten zur weiteren Analyse an medizinisches Fachpersonal.

Spezielle Biosensoren gehören zu den fortschrittlichsten Formen tragbarer Technologie, überwachen beispielsweise den Blutzuckerspiegel und geben Diabetiker:innen in Echtzeit Feedback, um sie bei der effektiven Bewältigung ihrer Erkrankung zu unterstützen. Andere sollen Atemmuster erkennen und so die Lungenfunktion kontrollieren. Auch sie schicken Benachrichtigungen.

Das Body & Health Lab

Im Body & Health Lab beschäftigen wir uns mit aktuellen Themen aus den Bereichen Mental Health, Body Science sowie Innovation und Digitalisierung. Welche Technologien, Trends und Therapien sind richtungsweisend? Was tut sich gerade in der Forschung? Und wer sind die Menschen dahinter? Fundiert recherchierte Artikel geben Auskunft. Unterstützt werden wir dabei von unserem langjährigen Partner Toyota. Auch Toyota ist stets bestrebt, neue Lösungen zu finden und Innovationen voranzutreiben mit dem Ziel, unser Leben und unsere Zukunft besser und nachhaltiger zu machen.

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Wer braucht digitale Gesundheitsüberwachung wirklich?

Die meisten nicht zwingend, findet Sportwissenschaftler Matthias Ludwig. Als nicht vorbelasteter Mensch, der gerne Sport treibt, darf man sich aber gerne reinfuchsen: «Wenn man regelmässig trainiert, macht es durchaus Sinn, seine Herzfrequenzbereiche zu kennen und allenfalls – wenn man mit einem konkreten Ziel trainiert – mit einer Pulssteuerung zu trainieren», so der Experte. Da aber muss man sich auskennen. «Wenn die Uhr einen Puls von 140 anzeigt, muss man wissen: Was heisst das überhaupt?» gibt Ludwig zu bedenken. Skeptisch steht er auch den Schlaf-Trackern gegenüber: «Dazu brauche ich keine Uhr. Ich weiss morgens schliesslich selbst, ob ich ausgeschlafen bin oder nicht und ob ich gut geschlafen habe.» Er ermuntert alle, ihr Leben mit den Devices zu beobachten und zu optimieren, aber trotzdem immer noch den Kopf einzuschalten und sich eine eigene Meinung zu bilden. «Man merkt doch selber sehr schnell, dass etwas nicht stimmt», meint Ludwig. Das Bauchgefühl ist also immer noch der beste Gradmesser.

Ausserdem müssten die Geräte laut Ludwig noch deutlich besser werden. Guter Punkt: Wie genau sind die gemessenen Parameter eigentlich? «Es gibt gute wissenschaftliche Studien, die gezeigt haben, dass die EKG-Uhren zu über 90 Prozent übereinstimmen mit dem herkömmlichen EKG. Darüber hinaus gibt es aber natürlich viele medizinische Fragen, die die Uhren nicht beantworten können – wie zum Beispiel einen Herzinfarkt zu erkennen», so der Kardiologe Professor Peter Ong zum SWR. Komplett darauf verlassen können wir uns also nicht, dennoch bieten die Gadgets diverse Vorteile.

Ein Blick in die Zukunft: Die Chancen digitaler Gesundheitsüberwachung

Die Stiftung für Technologiefolgen-Abschätzung (TA-SWISS) hat im Jahre 2018 eine Studie zum Feld der digitalen Selbstmessung herausgegeben und sieht deutliche Vorteile in der Nutzung digitaler Gesundheitsüberwachung. Durch die Tatsache, dass Fortschritte im sportlichen Training aufgezeichnet werden, könnten die Daten die Athlet:innen in ihren Anstrengungen bestärken und anspornen. Ausserdem besagt die Studie, dass besonders chronisch kranke Personen vom Tragen von Messgeräten profitieren, da ein konstantes Aufzeichnen relevanter Faktoren ihnen mehr Freiraum im Alltag einräumt und Notfällen vorbeugen kann. Auch unser Wissenschaftler Matthias Ludwig von der SportClinic Zürich kann sich an eine signifikante Situation erinnern: «Wir hatten tatsächlich mal einen Fall, in dem ein Patient anmerkte, seine Uhr würde melden, er habe Rhythmusstörungen – letztendlich handelte es sich tatsächlich um Kammerflimmern. Gerade Risikopatienten profitieren hier», weiss er. Auch die Häufigkeit medizinischer Konsultationen kann laut Studie verringert werden.

Ausserdem könnten Behandlungspläne besser eingehalten werden, da smarte medizinische Geräte eine regelmässige Kontrolle der Symptome und Reaktionen von Patient:innen garantieren. Besonders die Forschung im Bereich der personalisierten Gesundheit basiert auf den Gesundheitsdaten von vielen gesunden, aber auch kranken Personen. Werden die Körperdaten mit anderen Datenquellen verknüpft, könnten sie laut Studie für die medizinische, therapeutische und pharmazeutische Forschung eine wichtige Grundlage darstellen.

Zeitgeist Selbstoptimierung: Die Risiken von Wearables

Die Studie kennt aber auch Risiken: Als grosse Schwachstellen nennen sie den Datenschutz und, wie Ludwig, die Datenqualität. Das ist besonders heikel, wenn eine Anwendung im medizinischen Bereich eingesetzt wird. Um eine möglichst gute Qualität sicherzustellen, gelten Geräte und Apps, die im Medizinbereich eingesetzt werden, als Medizinprodukt und haben somit dem Heilmittelgesetz zu entsprechen.

So optimal Schlaf, Training und Ernährung auch aufgeschlüsselt und dadurch verbessert werden können, umso verrückter kann uns die ewige Selbstoptimierung machen. Matthias Ludwig warnt: «Sich das Leben von Wearables diktieren zu lassen, kann hypernervös machen. Die ständige Überwachung kann auch zu viel des Guten sein – das kann zu einer Übersensibilisierung führen.» Noch nicht genügend Schritte gemacht? Die geschlemmten Kalorien noch nicht verbrannt? Der Puls rast? Immerzu scheint die Anzeige zu mahnen. Dabei sind doch gerade die am glücklichsten, die das Leben geniessen.

am 14. Oktober 2024 - 00:00 Uhr