37 Jahre lang lebte Lucia als Mann. Sie hatte Freunde, Beziehungen - und Erfolg als Fotograf. Mit ihren kunstvollen Porträts machte sie sich landesweit einen Namen, hatte sogar Roger Federer vor der Linse. Alles lief nach Plan. Doch etwas stimmte trotzdem nicht: Sie fühlte sich im falschen Körper. Spürte, dass sie eine Frau ist. Vor zwei Jahren entschied sie sich auf ihr Bauchgefühl zu hören und outete sich als Transgender. Ein Befreiungsschlag.
Zu mir selber zu stehen und zu sagen: Ich bin eine Frau. Das hat bei mir etwas länger gedauert. Ich bin als Bub aufgewachsen und dachte, dass es keine andere Option gibt. Bis zur Pubertät war das auch kein Problem. Als sich mein Körper zu verändern begann, war es aber zunehmend belastend das, was ich in meinem Inneren spürte, mit meinem Äusseren in Einklang zu bringen. Ich hatte keine Worte dafür. Trans war für mich negativ konnotiert. Es gab keine Vorbilder, mit denen ich mich identifizieren konnte und Dragqueens liessen mich erschaudern. Meine Überlebensstrategie war deshalb, das Ganze zu verdrängen. Auf vielen Ebenen funktionierte mein Leben ja sehr gut. Aber die Gedanken waren unterbewusst immer da. Wie ein Schwelbrand, den man nicht unter Kontrolle bringt.
Das «Vanity Fair»-Cover von Caitlyn Jenner. Mit welcher Selbstverständlich und mit welchem Stolz da eine Transfrau ihr Coming-Out in die Welt hinausposaunte und wie ästhetisch und würdevoll die Umsetzung war – das hat mich sehr beeindruckt. In diesem Bild wurde das, was ich am meisten verehrte, nämlich die Fotografie, mit der Seite vereint, die ich an mir selbst so verachtete. Da dachte ich mir zum ersten Mal, dass ich das in meinem eigenen Leben vielleicht auch schaffen könnte. Es fühlte sich an, wie aus einer Sackgasse rauszufahren.
Die Frauen in unserer Interview-Serie haben eines gemeinsam: Sie haben eine grosse, persönliche Herausforderung gemeistert – und sind dabei auf beeindruckende Weise über sich hinausgewachsen. Hier erzählen sie ihre inspirierenden Geschichten.
«Challenge Accepted» entsteht gemeinsam mit unserem Partner Toyota. Auch Toyota ist stets bestrebt, mit neuen Innovationen das scheinbar Unmögliche zu erreichen. Eines der gesetzten Ziele: bis 2025 die breiteste Fahrzeug-Palette mit alternativen Antrieben auf dem Markt anzubieten. Warum bei Null aufhören, wenn man darüber hinausgehen kann? Erfahre mehr auf Toyota Beyond Zero.
Nach diesem Schlüsselerlebnis ging es nochmals zwei Jahre, bis ich mental so weit war, den körperlichen Wandel zu vollziehen. Anfangs hatte ich ein Schwarz-Weiss-Denken. Meinte, ich müsste von einem Tag auf den anderen dem weiblichen Bild entsprechen. Das ging mit meinem Körper aber nicht: Ich hatte einen schönen Bartwuchs, einen etwas lichten Haaransatz und breite Schultern. Wenn ich da von einem Tag auf den anderen als Frau auftrete, werde ich zum Clown. Später habe ich verstanden, dass man Schritt für Schritt eine Situation erreichen kann, mit der man sehr zufrieden ist. Heute kann jeder selbst entscheiden, wie weit er mit der Transition gehen möchte. Ich bin mit meinem Körper jetzt sehr glücklich und geniesse das Frausein. Ich bin viel selbstbewusster. Früher verlieh mir mein tiefer Bass vielleicht mehr Autorität. Jetzt ist meine Stimme dafür wirklich meine Stimme.
Es gab ganz viele Erfolgserlebnisse. Zuerst natürlich das Coming-out vor mir selber und dann vor meiner Familie. Es gab mir unheimlich viel Kraft zu spüren, dass die Albträume, die ich mir ausgemalt hatte, nicht wahr wurden. Im Gegenteil: Man begegnete mir mit Wärme und Unterstützung. Viele Leute sagten mir sogar, dass sie mich jetzt viel sympathischer finden. Das Coming-out im Job war für mich eine grosse Herausforderung. Ich hatte Schiss, dass ich keine Aufträge mehr bekomme. Aber auch da waren meine Ängste völlig übertrieben. Meine liebste Anekdote hat sich erst kürzlich ereignet: Beim Streit um einen Parkplatz hat mich ein Autofahrer als «blöde Tussi» bezeichnet. Ich dachte nur: Yes! (lacht)
Neben Familie und Freunden sicher auch das professionelle Gesundheitspersonal. Ich holte mir Hilfe, zuerst beim Hausarzt, dann bei diversen Spezialisten. Zusätzlich hatte ich psychologische Unterstützung. Ganz wichtig war auch, dass ich mir Zeit gelassen habe, denn die grösste Challenge findet im Kopf statt. Man kann mit Operationen den Körper verändern, aber man muss mit der Entwicklung auch innerlich nachkommen und für jeden Schritt bereit sein.
Schaut hin, wenn irgendwo der Schuh drückt und schämt euch nicht, nach Hilfe zu fragen! Ihr dürft stolz auf sein auf das, was ihr seid, auch wenn ihr vielleicht anders seid. Ich bin davon überzeugt, dass man im Leben am weitesten kommt, wenn man authentisch ist. Traut euch, auch wenn es am Anfang Überwindung braucht! Euer Mut wird doppelt belohnt.