Nachdem der Sportgigant Nike Anfang Juni mit einem neuen Store-Konzept überraschte, fängt er sich im Netz jetzt unglaubliche Kommentare von Body-Shamern ein. Um auch in der Athleisure-Wear endlich auf den Diversity-Zug aufzuspringen, hatte Nike mit der Neueröffnung des Londoner Flagship-Stores Schaufensterpuppen mit Plus-Size und körperlichen Einschränkungen eingeführt. Dafür erhielt der Brand – inklusive von uns – grossen Zuspruch.
So wie es heutzutage aber bei wirklich jedem Thema Leute gibt, die alles erst mal richtig scheisse finden, gaben auch dieses Mal unzählige Hater ihren Senf dazu. Dabei handelt es sich aber nicht ausschliesslich um anonyme Cyber-Bullies, sondern tatsächlich auch um eine vermeintlich seriöse Journalistin vom Telegraph. In ihrem Artikel und später auch in einem Twitter-Post schrieb sie:
«Die neue Schaufensterpuppe ist fettleibig und bereitet sich nicht auf einen Lauf in ihrer glänzenden Nike-Ausrüstung vor. Sie kann nicht rennen. Sie ist wahrscheinlich prädiabetisch und auf dem Weg zu einer Hüftprothese. Was für ein schrecklicher Zynismus ist das seitens #Nike?»
Was Tanya Gold uns damit genau sagen möchte? Plus-Size-Frauen dürfen oder können keinen Sport machen? Man rätselt. Unser Verständnis für solche Aussagen hält sich jedenfalls in Grenzen. Welchen Tipp wir an dieser Stelle für Frau Gold haben? Ihre innere Wut doch einfach mal beim Sport verarbeiten – selbstredend in einem Outfit von Nike.
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1,80 Meter grosse Schaufensterpuppen mit Konfektionsgrösse 34 und ein Sortiment, das nur bis Large reicht – eine Ausstattung, die in den Läden der meisten Athleisure-Wear-Hersteller der Standard ist. Aber entspricht dieses Konzept den realen Bedürfnissen der Sport treibenden Masse? Wohl eher nicht.
Dass Size-Zero als Ideal in der Fitness-Welt nicht so wirklich etwas zu suchen hat, weiss der US-Sportbekleidungshersteller Nike schon länger. Statt dürre Hungerhaken, fand man in den letzten Jahren nur noch Schaufensterpuppen mit athletischer, muskulöser Silhouette in dessen Läden.
Aber seien wir mal ehrlich, wer von uns besitzt schon eine solche Figur? Richtig, kaum jemand. Und wer besitzt alles eine Sportleggings? Richtig, jeder. Auch dieses Konzept schien also nicht so ganz aufzugehen. Da der Konzern aber rechtzeitig erkannte, wie wichtig gerade die weiblichen Kunden derzeit für den Gesamtumsatz sind, versuchte Nike in der Vergangenheit immer öfter, sich für Frauen stark zu machen. 2017 brachten sie die erste Plus-Size-Kollektion auf den Markt – für mehr Body Diversity. Im Februar diesen Jahrs veröffentlichten sie ein bewegendes Video zu ihrer «Just Do It»-Kampagne, das mal ordentlich mit den Klischees über weibliche Sportlerinnen aufräumte.
Inzwischen geht der Brand noch einen Schritt weiter und springt langsam, aber sicher vollständig auf den Body-Positive-Zug auf. Mit der Eröffnung des Londoner Flagship-Stores auf der Oxfordstreet erscheinen neue Mannequins auf der Bildfläche, die ausnahmsweise nicht nur in XS bis M passen, sondern auch mal in Large und aufwärts. Sarah Hannah, General Managerin/Vizepräsidentin von Nike Women in Europa, Arabien und Afrika, sagt dazu:
«Angesichts der unglaublichen Dynamik im Damensport ist der neu gestaltete Bereich nur ein weiterer Beweis für das Engagement von Nike, Sportlerinnen zu inspirieren und zu unterstützen.»
Nike wäre nicht Nike, wenn sie neben Plus-Size-Puppen nicht noch ein anderes Ass im Ärmel hätten. Da es bei Body Positivity nämlich nicht nur um dünn oder kurvig geht, gibts im Londoner Store nun auch Para-Sport-Schaufensterpuppen – passt. Das Label fungiert bereits seit mehreren Jahren als ein Hauptsponsor der Paralympics.
Wir applaudieren für so viel Diversity-Einsatz, und hoffen, dass Nikes neues Store-Konzept bald auch hierzulande umgesetzt wird.