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Eine Expertin klärt auf

Funktioniert eine Liebesbeziehung ohne Sex?

Das Liebesleben im Alltagsstress dauerhaft auf Kurs zu halten, ist wohl ab einem gewissen Zeitpunkt in jeder Beziehung mit Arbeit verbunden. Aber braucht es das eigentlich zwingend? Muss Liebe mit Lust verbunden sein? Eine Sex-Expertin beantwortet uns diese Frage im Interview.

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Jacquemus

Funktioniert eine Partnerschaft auch ohne Sex?

instagram/jacquemus

Mal verspürt man mehr Lust, mal eben weniger. So geht es wohl jedem. Vor allem nach der ersten Verliebtheit und während anspruchsvoller Phasen bleibt das Sexleben bei vielen Paaren oft auf der Strecke. Aber beeinflusst das unsere Beziehung automatisch negativ? Kann eine romantische Beziehung nur mit Sex funktionieren?

Um diese Frage genauer beantworten zu können, haben wir eine gefragt, die es wissen muss: Verhaltens- und Paartherapeutin Dipl.-Psych. Nicole Engel vom Institut Psychologicum Berlin. Im Interview verrät sie uns, wie Körperliches und Emotionales in einer Partnerschaft zusammenhängen.

Style: Frau Engel, können Sie uns verraten, ob eine Liebesbeziehung auch dauerhaft ohne Sex funktionieren kann?

Dipl.-Psych. Nicole Engel: Nach meinem persönlichen Verständnis würde ich in Bezug auf Partner*innen sagen «Nein». Zu einer Liebesbeziehung gehört Sex. Sonst entspricht eine Beziehung zwischen Menschen, die sich als zusammengehörig definieren, ja eher einer engen Beziehung, die auch Freunde miteinander haben. Allerdings bestätigen Ausnahmen ja so schön die Regel. Ich hatte bereits mit vielen Paaren zu tun, die keinen Sex (mehr) haben, auch im jüngeren Alter. Und trotzdem sagen sie für sich, sie haben eine Liebesbeziehung, die funktioniert, auch ohne Sex. Unabhängig von diesen Paaren ist mindestens einer in einer Beziehung oft unzufrieden, wenn der Sex ausbleibt oder nicht funktioniert. Sexuelles Verlangen ist ein Grundbedürfnis und dieses will befriedigt werden. Wenn dies in der Beziehung aus den unterschiedlichsten Gründen nicht möglich ist, entsteht oft Frust.

In welchem Zusammenhang stehen Körperliches und Emotionales in einer Beziehung?

In einem engen Zusammenhang. Emotionen wie Zuneigung und Liebe fördern die Wahrscheinlichkeit, miteinander auch körperlich bzw. intim zu sein. Wut und Ärger hingegen sorgen eher dafür, nicht miteinander körperlich sein zu wollen. Viele Paare kennen das Phänomen, dass Streit und Stress die grössten Sexkiller sind. Andersherum sorgt ein gutes Körpergefühl dafür, sich selbst so zu akzeptieren und zu lieben, wie man ist, was wiederum das Selbstbewusstsein stärkt und in einer Beziehung auch das sexuelle Verlangen und damit positive Emotionen fördern kann. Und Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper dann eben Frust, sowie einen negativen Selbstwert bestärkt und damit auch nicht für Sex miteinander sorgt, was wiederum etwas mit dem emotionalen Empfinden füreinander macht. Aufgrund des fehlenden Körperkontaktes und der fehlenden positiven Emotionen wird man dann wieder in seiner Unzufriedenheit mit sich selbst bestärkt und der Teufelskreis nimmt seinen Lauf. Wie soll jemand anderes einen lieben, wenn man sich selbst nicht liebt (emotional)? Wie soll jemand anderes einen befriedigen, wenn man selbst keinen positiven Zugang zu seinem eigenen Lustempfinden hat (körperlich)?

Gibt es einen empfehlenswerten Durchschnitt in Sachen Sexhäufigkeit bei Paaren?

Dahinter steckt die Frage: «Wie viel Sex ist normal?». Diese wird häufig gestellt, weil Menschen sich gerne vergleichen, um sich einzuordnen. Was heisst in unserer heutigen Zeit aber schon normal? Wichtiger ist die Frage: «Bin ich mit meinem Sexualverhalten erfüllt und ist mein/e Partner/in zufrieden und erfüllt? Passt es für mich und uns so wie es ist oder nicht?». Sich damit auseinander zu setzen, ist wichtiger als sich gesellschaftlichen Normen anzupassen oder Studiendaten nachzueifern, die besagen, dass es normal ist, zweimal pro Woche Sex zu haben.

Von Style am 3. Oktober 2024 - 09:00 Uhr