«Für uns sind unangenehme Gesundheitsprobleme Alltag. Wir sind ziemlich abgehärtet», sagt Joëlle Kenel (30). Sie arbeitet seit 2016 als Apothekerin in der Löwen Apotheke in Wil SG, welche Mitglied der Rotpunkt Gruppierung ist. Mit uns redet sie über Gesundheitsthemen, welche selten öffentlich diskutiert werden. Entweder, weil sie ein soziales Tabuthema sind, oder weil sich viele davor ekeln. Dabei betreffen sie tagtäglich Tausende von Menschen und sind für Apothekerinnen und Apotheker nichts Neues.
Bei Verstopfung und Durchfall richtig handeln
Probleme mit dem Stuhlgang gehören im Gesundheitswesen zum Tagesgeschäft. «Magen-Darm-Beschwerden werden sehr oft unterschätzt und sind ein häufiges Problem. Täglich kommen etwa 15 bis 20 Leute zu uns. Während Magen-Darm-Grippewellen können es auch mal 30 sein», so Kenel.
Wann es bei Durchfall oder Verstopfungen die Apotheke braucht, ist von Fall zu Fall sehr verschieden. Denn: Wie oft jemand aufs WC muss, variiert stark. Kenel rät daher: «Bei Warnsignalen wie Fieber oder starken Schmerzen besteht akuter Handlungsbedarf. Zudem sollte man sich alles, was von der individuellen Norm abweicht, anschauen – insbesondere, wenn der Stuhlgang einen im Alltag einschränkt».
Ein Extremfall zeigt, wie belastend Durchfall sein kann: «Ich erinnere mich noch an einen Mann, der panisch in die Apotheke gelaufen kam und nur noch schrie: «Hilfe, ich laufe aus!» Natürlich haben wir ihn direkt beraten und ihm ein Medikament gegeben, das sofort wirkt.»
Wohingegen bei der Behandlung von Durchfall oftmals pflanzliche Produkte wie Flohsamen reichen, rät Kenel bei Verstopfungen meist direkt zu chemischen Medikamenten. «Zusätzlich geben wir auch immer Präparate für den Darmaufbau mit, wo Bakterienstämme drin sind, die die Darmflora wiederherstellen.» Denn im Darm sitzt ein grosser Teil unseres Immunsystems. Funktioniert er nicht richtig, leidet das ganze Immunsystem mit.
Darum ist die «Pille danach» keine Abtreibung
Die «Pille danach» ist bei Verhütungsfehlern oft die letzte Rettung vor ungewollten Schwangerschaften. Täglich konsultieren Frauen deswegen die Apotheke. Nach einem Beratungsgespräch, welches meist in einem separaten Sprechzimmer stattfindet, dürfen Apothekerinnen und Apotheker die «Pille danach» rezeptfrei herausgeben.
Wirksam ist sie allerdings nur, wenn man sie rechtzeitig einnimmt. Kenel erklärt: «Sie ist keine Abtreibungspille, sondern eine Verhütungspille. Das bedeutet, dass sie nur dann wirkt, wenn noch keine Schwangerschaft vorliegt – wenn also kein Eisprung stattgefunden hat.» Sie sollte deshalb am besten innerhalb von 24 Stunden eingenommen werden.
Kenel erzählt von einem Paar, welches sich diesen Ratschlag besonders zu Herzen nahm: «Sie kamen gemeinsam zu uns, um die ‹Pille danach› zu kaufen. Dementsprechend fragte ich, wie lange denn der Geschlechtsverkehr her war. Ihre Antwort: Fünf Minuten. Sie hatten wohl direkt vorher auf einer öffentlichen Toilette Sex.»
Doch besser zu früh als zu spät, findet Kenel: «Wir stehen der ‹Pille danach› sehr urteilslos gegenüber und geben sie eigentlich auch immer ab, wenn es Sinn ergibt. Es muss Frauen wirklich nicht unangenehm sein, danach zu fragen.»
Viele Männer haben Erektionsstörungen
Männer hingegen zieht es häufig wegen Erektionsstörungen in die Apotheke. «Es ist ein unterschätztes Thema. Über die Hälfte aller Männer hat es im Leben früher oder später mal mit Erektionsstörungen zu tun», betont Kenel. Trotzdem gilt es gesellschaftlich häufig als Tabuthema, weshalb der Gang in die Apotheke viel Überwindung kosten kann.
Wie die «Pille danach» ist auch die Herausgabe von Medikamenten wie Viagra an ein Beratungsgespräch gebunden. «Dabei versuchen wir herauszufinden, woran die Störung liegen könnte. Häufige Gründe sind Medikamente, Bluthochdruck oder Rauchen. Auch das Alter spielt eine Rolle – in der Regel sind die Männer, die uns deswegen besuchen, über 50. Der Hauptgrund ist aber meistens Stress», erklärt Kenel. Doch was lässt sich dagegen tun?
Manche Männer versuchen es zunächst mit pflanzlichen Produkten, die die Entspannung und Durchblutung fördern. «Die meisten wissen allerdings ganz genau, was sie wollen und haben bereits andere Sachen ausprobiert, bevor sie zu uns kommen. Die klassischen Kunden sind Männer, die direkt nach Viagra fragen. Nach dem Beratungsgespräch geben wir es dann meistens auch», erzählt Kenel.
In den Rotpunkt Apotheken können Sie Termine für verschiedene Dienstleistungen - darunter auch Beratungen bei Erektionsstörungen, Haut-Checks oder Termine für die Abgabe der Pille danach - unkompliziert online buchen. Die Serviceleistungen werden durch ausgebildete Fachpersonen diskret und professionell in einem separaten Sprechzimmer durchgeführt.
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Diese Leute kriegen am häufigsten Fusspilz
Wenn die Füsse jucken und sich ein roter, schuppiger Ausschlag bemerkbar macht, handelt es sich meist um Fusspilz. In der Apotheke erhoffen sich mehrere Kundinnen und Kunden pro Tag Rat zum Thema. «Die meisten bringen ein Foto mit. Andere zeigen uns ihre Füsse vor Ort. Eklig finde ich das nicht. Ich glaube, ich habe einfach schon zu viel gesehen!», sagt Kenel lachend.
Besonders häufig betroffen sind Sportlerinnen und Sportler. In den warmen, schwitzigen Turnschuhen fühlt sich der Pilz besonders wohl – vor allem im Frühling oder Sommer, wenn es wärmer wird. Dann verbreitet er sich auch gerne in Schwimmbädern. Kenel gibt jedoch Entwarnung: «Nur weil man mal damit in Kontakt kommt, heisst das nicht, dass man sich direkt ansteckt. Eine gesunde Haut verträgt das meistens und kann den Pilz gut abwehren.» Kritisch wird es, wenn man kleine Verletzungen an den Füssen hat, oder wenn die Haut gereizt ist.
Ist der Pilz einmal da, helfen nur noch Medikamente. Von Naturheilmitteln wie Essigbädern rät Kenel ab, da es zur Wirksamkeit keine Studien gibt. «Es ist wichtig, alle Sporen zu erwischen, sonst kehrt der Pilz zurück oder breitet sich aus. Entsprechende Cremes eignen sich gut zur Behandlung und zeigen nach rund einer Woche Wirkung,» so Kenel. Zusätzlich gilt: Socken und Schuhe sollten bei mindestens 60 Grad gewaschen werden, um den Pilz abzutöten.
Warzen richtig erkennen und behandeln
Warzen sind Viruserkrankungen und daher ansteckend. Behandelt man sie falsch, können sie sich schnell mal ausbreiten. «Man erkennt sie an kleinen, schwarzen Punkten. Dies sind die Blutgefässe, welche die Warze durchbluten. Zudem haben Sie immer eine raue Oberfläche», erklärt Kenel.
Besonders Kinder werden häufig von Warzen geplagt. Sie machen rund drei Viertel der Warzen-Patienten aus. Grund dafür ist, dass sie näher beieinander sitzen und den Virus so übertragen. Dafür gehen Warzen bei Kindern oft nach mehreren Monaten von alleine weg. «Wichtig ist einfach, die Haut drumherum zu pflegen, um die Hautbarriere zu reparieren und dem Virus das Ausbreiten zu erschweren», so Kenel.
Gehen Warzen nicht von alleine weg, kann man sie entweder vereisen, austrocknen oder verätzen. Am schnellsten geht das Vereisen. Dazu erhält man in der Apotheke einen Stick zur Eigenanwendung. Nach rund zwei bis drei Wochen sollte die Warze weg sein. Dafür kann die Anwendung allerdings weh tun. Anders sieht es beim Austrocknen oder Verätzen aus. Hierzu werden Tinkturen oder Stifte mehrmals täglich aufgetragen, welche die Warzen über mehrere Wochen hinweg absterben lassen. Egal wofür man sich letztlich entscheidet, die restliche Haut sollte gut gepflegt werden, um dem Virus weniger Angriffsfläche zu bieten.
Die Gesundheit steht an erster Stelle
Ob Fusspilz, Warzen oder Erektionsstörungen: Das Meiste, das wir peinlich oder eklig finden, haben Apothekerinnen und Apotheker schon oft gehört und gesehen. «Für uns ist sowas normal. Wir wollen unsere Kundschaft einfach bestmöglich beraten und fällen keine Urteile», betont Kenel. Bei Gesundheitsfragen macht es daher immer Sinn, sich an Experten zu wenden – egal, worum es geht.