Das sind die Rezepte von Anti-Aging-Forscher David Sinclair

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Gesund und fit bis ins hohe Alter: Davon träumen wir fast alle. Während unsere Vorfahren noch auf die Gnade der Götter hofften oder den Heiligen Gral und den Jungbrunnen suchten, um ewige Jugend zu erlangen, halten wir uns an die Empfehlungen von medizinischen Fachpersonen. Wir versuchen, uns ausgewogen zu ernähren, setzen auf regelmässige Bewegung und bekämpfen die optischen Zeichen der Zeit mit Haarfärbemittel und Anti-Aging-Cremes.

Unterdessen tüfteln Wissenschaftler daran, den Alterungsprozess aufzuhalten oder gar umzukehren. David Sinclair, Professor für Genetik an der US-Universität Harvard und einer der führenden Langlebigkeitsforscher der Welt, schreibt etwa in seinem Buch «Das Ende des Alterns. Die revolutionäre Medizin von Morgen»: «Kein biologisches Gesetz besagt, dass wir altern müssen.» Der 53-Jährige selbst konnte sein biologisches Alter – nach eigener Aussage – bereits um 20 Jahre senken. Geschafft habe er das dank verschiedenen Massnahmen, über die er gerne Bescheid gibt und die mal völlig einfach, mal ziemlich unmöglich in den Alltag eines «Normalos» zu integrieren sind.

David Sinclair nimmt täglich einen Mix aus verschiedensten Mittelchen ein, welche die Zellalterung positiv beeinflussen sollen. Dieser hat sich im Laufe der Jahre stetig verändert und setzt sich unter anderem aus folgenden Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln zusammen:

• 800 mg Metformin – Rezeptpflichtiges Arzneimittel zur Behandlung von Diabetes Typ 2. Es aktiviert das AMPK-Enzym, das die Fettverbrennung ankurbelt und die Bildung von Cholesterin hemmt.
• 1 g NMN (Nicotinamid-Mononukleotid) – Die Substanz ist eine Vorstufe des Moleküls NAD (Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid), das den Sirtuinen Energie liefert. Sirtuine wiederum sind Enzyme, die das Altern bremsen sollen. Oft werden sie als «Anti-Aging-Enzyme» bezeichnet.
• 1 g Resveratrol – Resveratrol kommt unter anderem in Wein, Kakao und Heidelbeeren vor. Es hat antioxidative Eigenschaften und aktiviert ebenfalls die Sirtuine.
• 1 g Betain – Betain gilt sowohl als Anti-Aging-Mittel als auch als leistungssteigernde Substanz für Sportler.

Reality Check: Abgesehen davon, dass die Wirkung von David Sinclairs Cocktail an Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln nicht wissenschaftlich beweisen ist, gibt es weitere Stolpersteine für Menschen, die es dem Langlebigkeitsforscher gleichtun möchten: Zuerst einmal werden sie das Medikament Metformin nicht auf legalem Weg erhalten, sofern sie nicht an Diabetes Typ 2 leiden. Zudem kann es Nebenwirkungen wie Durchfall und Magen-Darm-Beschwerden auslösen und die Aufnahme von Vitamin B12 hindern. Das Nahrungsergänzungsmittel NMN wiederum ist relativ teuer. Reines NMN kostet pro Gramm rund zwei Franken. Da es keine Langzeitstudien zum Effekt der genannten Nahrungsergänzungsmittel gibt, sollte man diese nicht als Ersatz für einen gesunden Lebensstil betrachten.

Dies ist offensichtlich auch Sinclair selbst klar. Deshalb hat er weitere Tipps auf Lager, die weniger umstritten und einiges einfacher und bedenkenloser nachzuahmen sind:

Von seinem Speiseplan gestrichen hat David Sinclair Zucker, Brot, Nudeln, rotes Fleisch und Fertiggerichte aus der Mikrowelle. Dafür isst er viel Gemüse und pflanzliche Lebensmittel, zweimal pro Woche gibt es Fisch und Meeresfrüchte. Täglich trinkt er nur eine Tasse Kaffee, dafür viel Grüntee. Der Australier bemüht sich, einen Body-Mass-Index von 23 bis 25 zu halten, was im oberen Bereich des Normalgewichts liegt. Zudem nimmt er nur am Abend eine richtige Mahlzeit zu sich. Morgens setzt er auf die erwähnten Nahrungsergänzungsmittel, das Mittagessen lässt er aus. Sinclair ist somit ein Fan des Intervallfastens. Er und sein Team haben herausgefunden, dass der Körper nach 12 bis 14 Stunden ohne Nahrung in einen Überlebensmodus schaltet und verstärkt Sirtuine aktiviert, also die sogenannten Anti-Aging-Enzyme.

Reality-Check: 12 bis 14 Stunden auf Nahrung zu verzichten, ist auf jeden Fall machbar. Das Intervallfasten kann auf verschiedene Weise praktiziert werden. Eine der am weitesten verbreiteten Formen erlaubt es etwa, während 8 Stunden normal zu essen und während 16 Stunden zu fasten. Auch das ist eine Gewöhnungssache und gesundheitlich unbedenklich, sofern man nicht schwanger ist oder unter Vorerkrankungen leidet. Nur eine Mahlzeit pro Tag zu sich zu nehmen, wie das David Sinclair tut, dürfte jedoch vielen von uns schwerer fallen, da uns die Nahrungsergänzungsmittel fehlen, auf die er morgens setzt.

David Sinclair empfiehlt, dass wir mindestens dreimal pro Woche für 10 Minuten ausser Atem sein sollten. Er selbst geht zudem regelmässig ins Krafttraining und hat unter seinem Bürotisch einen Stepper. Weiter nimmt er nie den Lift und verbringt viel Zeit in der Natur.

Reality-Check: Easy, die Sport-Routine von David Sinclair können wir locker in unseren Alltag integrieren. Einzig der Stepper unter dem Bürotisch könnte unsere Vorgesetzten und Mitarbeitenden irritieren.

Der Langlebigkeitsforscher achtet auf eine kühle Raumtemperatur, schwört auf Wechselduschen, geht oft in die Sauna und springt nach dem Schwitzen in eiskaltes Wasser. In seinem Podcast «Lifespan» sagt David Sinclair, dass das für den Körper eine Stresssituation auslöst, was ihn dazu animiert, die Langlebigkeitgene zu aktivieren. Ausserdem bestätigen diverse Studien, dass sich Wechselduschen und Saunabesuche mit anschliessendem kalten Bad positiv auf unser Immunsystem, den Kreislauf und den Stoffwechsel auswirken und somit unserer Gesundheit guttun.

Reality-Check: Auch diese Massnahmen für ein längeres Leben sind wenig abenteuerlich, erwiesenermassen gesund und lassen sich gut umsetzen.

Um den Alterungsprozess aufzuhalten, nutzt David Sinclair auch neue Technologien. Im Podcast von Lewis Howes verrät er, dass er zum Beispiel den BioButton auf der Brust trägt, der Gesundheitsdaten wie die Körpertemperatur, die Herzfrequenz und die Atemfrequenz misst. Doch damit nicht genug des Trackings: Sinclair schläft in einem Bett, das ebenfalls seine Herzfrequenz misst und die Temperatur anpasst. Während der Tiefschlaf-Phase lässt die Matratze die Körpertemperatur sinken und wenn man allmählich aufwachen sollte, lässt sie diese wieder ansteigen. Die Kosten dafür bewegen sich je nach Modell und Features zwischen 2’500 und 4’000 Dollar.

Reality-Check: In der Schweiz ist das Bett von David Sinclair nicht im Handel erhältlich. Allerdings gibt es hierzulande bereits die «Emma Motion» – eine smarte Matratze, die über eine App gesteuert werden kann und Daten zu Schlaf und Gesundheit trackt. Ist uns das rund 4’800 Franken wert, stehen wir David Sinclair diesbezüglich also in nichts nach.

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