Mit 16 Jahren zog Lisa von einem Dorf in Simbabwe nach London, wo sie nach ihrem Betriebswirtschafts-Studium eine klassische Laufbahn im Finanzbereich startete. So richtig erfüllend fand sie das jedoch nicht, also gründete sie ihr eigenes Online-Frauenmagazin. Ein Jobwechsel ihres Mannes brachte Lisa Chuma schliesslich in die Schweiz, genauer gesagt in ein Dorf in der Nähe von Cham. Sie nutzte die Umstellung für einen Neuanfang: Seit bald acht Jahren veranstaltet sie die Women's Expo Switzerland, bei der sich Unternehmerinnen aus den unterschiedlichsten Geschäftsbereichen vernetzen können. Und so ganz nebenbei hat die heute 35-Jährige dabei ihre Leidenschaft fürs Marketing entdeckt.
Welchen Rat hat Lisa Chuma für andere Gründerinnen? Welche Menschen inspirieren sie? Und worauf ist sie besonders stolz? Wir haben der Unternehmerin und dreifachen Mutter 12 Fragen gestellt.
In die Schweiz zu ziehen. Wobei ich damals gar nicht so genau wusste, worauf ich mich einliess. Ich war 27 hatte zwei Kinder, sprach kein Wort Deutsch. Und trotzdem dachte ich: Das ist doch eine tolle Gelegenheit! Mir wurde erst im Nachhinein klar, wie mutig dieser Schritt war und ich bin mir auch nicht sicher, ob ich so einen Umzug nochmals in Erwägung ziehen würde. Jetzt bin ich schon fast zehn Jahre hier und fühle mich sehr wohl in unserem Dorf.
Das Wichtigste für mich sind realistische Erwartungen an sich selbst. Ich musste lernen mich abzugrenzen. Nehmen wir zum Beispiel die Women's Expo. Meine Arbeit ist getan, wenn der Event läuft. Was die einzelnen Ausstellerinnen schliesslich aus ihrem Auftritt machen, liegt nicht in meinen Händen. Frauen tendieren dazu alles selber machen zu wollen und die Verantwortung für andere zu übernehmen. Männer sind meiner Ansicht nach viel besser darin Arbeiten zu delegieren und sich zu distanzieren.
Du weisst erst, ob deine Idee funktioniert, wenn du es ausprobierst. Also studiere nicht zu lange hin und her, sondern lege einfach los. Am besten probiert man es zuerst im Kleinen. Es muss nicht von Anfang an alles perfekt sein. Man muss Prioritäten setzen und einfach mal irgendwo anfangen. Nachdem ich die Women's Expo Switzerland gegründet hatte, kamen verschiedene Frauen – auch Schweizerinnen – auf mich zu und sagten mir, sie hätten auch gerne so eine Messe gegründet. Ich habe es halt einfach gemacht! Frauen sollten viel öfter Risiken eingehen.
Als Erstes gehe ich immer vom Worst-Case-Szneario aus. Dann überlege ich mir alle weiteren möglichen Ausgänge und zermartere mir den Kopf. Am Schluss komme ich aber immer wieder zurück auf die Frage, was im schlimmsten Fall passieren könnte. Das beruhigt mich und hilft mir dabei, die Entscheidung zu treffen. Wenn ich mit dem Worst Case leben kann, dann wage ich es. Und wenn es dann doch besser kommt, bin ich positiv überrascht.
Oprah Winfrey als Unternehmerin und Michelle Obama als Familienmensch. Die Karriere von Tidjane Thiam beeindruckt mich ebenfalls, auch wenn er jetzt gehen musste. Dass er als schwarzer Mann eine Schweizer Bank leiten konnte, erachte ich als eine Riesenleistung. Und es gibt mir die Hoffnung, dass auch ich etwas erreichen kann. Für mich ist ganz klar, dass ich als schwarze Person immer zehnmal mehr leisten muss. Man muss sich ständig beweisen. Das sage ich auch meinen Kindern.
Wenn ich das erledigt habe, was ich erledigen wollte. Wobei ich heute etwas geduldiger mit mir selber bin als früher. Ich habe mich von dem Gedanken befreit, alles sofort erledigen zu müssen. Es gibt immer Dinge, die man verschieben kann. Mir geht es viel besser, seit ich das realisiert habe. Ich teile meine To-do-Liste ein in Dinge die ich tun muss, tun sollte und tun könnte. So handle ich nicht ständig unter Druck, erledige aber dennoch das Notwendige. Wenn dann noch mehr Zeit bleibt – wunderbar! Wenn nicht: kein Problem.
Sie haben eine Vision, denken quer und scheuen sich nicht vor grossen Herausforderungen. 2020 stellen wir im Interview-Format «12 Frauen, 12 Fragen» jeden Monat eine erfolgreiche Unternehmerin in der Schweiz vor, die uns mit ihrer Power, Eigenständigkeit und Innovationsfreude inspiriert – Werte, denen sich auch Toyota mit seiner weltweit führenden Hybrid-Technologie verschrieben hat.
Die Frauenfiguren aus meiner Kindheit in Simbabwe. Sie haben mich zu der gemacht, die ich heute bin. Als Einzelkind einer alleinerziehenden Mutter, wurde ich von der Gemeinschaft grossgezogen. Ich habe unter anderem viel bei meiner Tante verbracht. Sie hat von zu Hause aus ihr eigenes Schneider-Geschäft geführt. So wurde mir schon früh vorgelebt, dass ich beides haben kann: Kinder und Karriere.
Zuhause mit meiner Familie. Wir unternehmen auch mal was auswärts, am liebsten hängen wir aber einfach gemeinsam rum, kochen Pancakes oder schauen einen Film. Ich finde es unheimlich schön, wie wir schlicht und einfach das Zusammensein geniessen können.
«Die Frauenfiguren aus meiner Kindheit in Simbabwe haben mich zu der gemacht, die ich heute bin.» Lisa Chuma
Das habe ich mich auch jahrelang gefragt! Weil die Women's Expo eine One-Woman-Show ist, habe ich von Anfang das gesamte Marketing und sämtliche Kommunikation übernommen. Dabei wurde mir erst bewusst, wie gross mein Schreibtalent ist. Heute würde ich sagen, dass das meine Geheimwaffe ist. Anders kann ich mir nicht erklären, wie die Messe zum Erfolg wurde. Ich glaube, die Macht des geschriebenen Worts wird unterschätzt.
Da möchte ich gerne beim obigen Punkt anknüpfen. Die Messe ist inzwischen schon fast ein Selbstläufer. Es wäre toll, wenn ich die Unternehmerinnen, Startups und Organisationen noch mehr in der Kommunikation unterstützen könnte und sich mein Geschäft vermehrt in die Richtung einer Marketing- und Text-Agentur entwickeln würde. Da sehe ich noch wahnsinnig viel Potential.
Meinen Mann. Ich bin sehr kommunikativ – und er ist zum Glück ein ausgezeichneter Zuhörer. Er ist wahnsinnig geduldig und nimmt es mir auch nicht böse, wenn ich ein Problem zum x-ten Mal diskutieren möchte. Er lässt mich mit meinen Gedanken weit ausholen und bringt mich dann wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.
Ich könnte jetzt sagen auf meine Kinder. Und das bin ich natürlich auch. Was mich aber noch stolzer macht, ist, dass ich mich selbst gefunden habe. Ich habe meine Talente erkannt und habe mir selbst eingestanden, dass es etwas gibt, das ich gut kann. Das ist ein grosser Schritt für mich und es fühlt sich grossartig an.