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Beauty-Pionierin Anna Mandozzi: «Ich bin ein Arbeitstier»

Von der Juristin zur Beauty-Unternehmerin: Anna Mandozzi hat eine sichere Karriere aufgegeben, um ihrem Herzen zu folgen. Warum Geld für sie zweitrangig ist, wieso Frauen andere Frauen unterstützen müssen und wie ihre erste Schwangerschaft sie vor einem Burnout gerettet hat, erzählt die 34-Jährige im Interview-Format «12 Frauen, 12 Fragen».

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Anna Mandozzi

Erst Musikerin, dann promovierte Juristin mit Harvard-Diplom, dann Beauty-Unternehmerin: Mit ihren 34 Jahren blickt Anna Mandozzi auf mehrere, sehr unterschiedliche Karrieren zurück.

Marlies Seifert

Eigentlich war es ihr Anwaltsberuf, der sie in die USA brachte, doch dann steuerte Anna Mandozzis Laufbahn plötzlich in eine ganz andere Richtung: Inspiriert von dem reichen Angebot an Naturkosmetik, das sie auf der anderen Seite des grossen Teichs entdeckte, gründete sie den Online-Shop Biomazing und war die Erste, die Creme-Deos nach Europa brachte. In ihrem Sortiment führt die gebürtige Wienerin und Wahlwinterthurerin inzwischen nicht nur nach strengsten Kriterien ausgesuchte Brands, sondern auch eigene Produkte, die sie mit einem siebenköpfigen Team in die ganze Welt verschickt.

Wie trifft sie schwierige Entscheidungen? Was ist ihre Superpower und wie lädt sie ihre Batterien auf? Wir haben Anna Mandozzi zwölf Fragen gestellt. 

1) Was ist das Mutigste, das du jemals gemacht hast?

Im Nachhinein war das ganz klar die Unternehmensgründung. Ich sage immer: Zum Glück weiss man erst, wie kalt das Wasser ist, wenn man schon reingesprungen ist. Sonst würde man den Sprung gar nicht erst wagen. Einen gut bezahlen Job aufzugeben und in eine Branche zu gehen, die damals weder trendy noch sonst irgendwie sexy war: Das war mutig! Andererseits konnte ich in dem Moment gar nicht anders. Ich wollte meinen Traum verfolgen. Geld ist am Schluss zweitrangig, wenn einem die Arbeit Freude macht. 

Anna Mandozzi

Anna Mandozzi in ihrem Zweitwohnsitz im Tessin, eine alte Villa hoch über Locarno.

Marlies Seifert
2) Was sind deine Grundsätze als Unternehmerin?

Nummer eins: Das Unternehmen muss wirtschaftlich sein. Natürlich ist Nachhaltigkeit wichtig. Aber wenn ich pleite bin, kann ich niemandem helfen. Um etwas verändern zu können, braucht man eine solide Basis. Ich habe für meine Firma nie Schulden aufgenommen. So habe ich einige Schritte vielleicht anders oder erst später gemacht. Dafür wusste ich immer, dass ich ausreichend finanziellen Puffer habe, um weiterzumachen.  

3) Wie triffst du schwierige Entscheidungen?

Entscheidungen sind überbewertet. Will ich nach Land A oder nach Land B ziehen? Möchte ich mit dieser Person Kontakt haben oder nicht? Relevant ist nicht, wofür man sich entscheidet, sondern was man daraus macht. Es gibt so viele Faktoren, die wir nicht beeinflussen können. Da muss man in einem Monat vielleicht sowieso wieder über die Bücher. Alles keine Hochzeit! Sich das vor Augen zu halten, hilft, wenn man schwierige Entscheidungen treffen muss.

4) Wen rufst du an, wenn du ein Problem hast?

Kommt auf die Art des Problems an. Die erste Anlaufstelle ist sicher mein Mann. Wenn es um berufliche Angelegenheiten geht, wende ich mich an meinen Bruder. Er ist mein Geschäftspartner und denkt komplett anders, viel logischer. Während ich mir in meiner Fantasie einen bunten Blumenstrauss ausmale, überlegt er sich, wie wir in der Realität an die Blumen herankommen. Es ist immer ein Abwägen zwischen Wirtschaftlichkeit und Machbarkeit.

12 Frauen, 12 Fragen – in Partnerschaft mit Toyota Hybrid

Sie haben eine Vision, denken quer und scheuen sich nicht vor grossen Herausforderungen. 2020 stellen wir im Interview-Format «12 Frauen, 12 Fragen» jeden Monat eine erfolgreiche Unternehmerin in der Schweiz vor, die uns mit ihrer Power, Eigenständigkeit und Innovationsfreude inspiriert – Werte, denen sich auch Toyota mit seiner weltweit führenden Hybrid-Technologie verschrieben hat. 

5) Was ist dein Rat an Frauen mit einer Geschäftsidee?

Einfach machen! Und um Rat fragen, wenn man Hilfe braucht. Ich glaube fest daran, dass Frauen andere Frauen unterstützen sollten. Wir haben viel mehr Hemmungen uns zu verkaufen als Männer. Dabei ist es ganz einfach: Erzähl, wie es ist und erzähl, wer du bist. Wir müssen uns nicht verstecken! 

6) Welcher Moment oder welche Person hat deine Karriere definiert?

Da war ich noch ganz klein. Ich bin in einer Musikerfamilie aufgewachsen und begann schon mit vier Jahren Geige zu spielen. Irgendwann ging es darum, ein irrsinnig schwieriges Stück zu meistern. Keiner traute mir das zu. Aber ich übte und übte einfach so lange, bis es ging. Diese Erfahrung hat sich mir tief eingeprägt: Nur weil jemand glaubt, dass du etwas nicht schaffst, heisst das noch lange nicht, dass du es nicht trotzdem versuchen kannst. Und vielleicht gelingt es dir am Schluss sogar.

7) Was ist deine persönliche Superpower?

Ich bin das totale Arbeitstier und kann mich so richtig in Dinge reinknien. Sowohl körperlich als auch mental bin ich nie vor harter Arbeit zurückgeschreckt. Es fällt mir sehr leicht mich zu motivieren, wenn ich mich für eine Sache interessiere. Ehrlicherweise muss ich jedoch zugeben, dass mich meine erste Schwangerschaft vor bald vier Jahren schon etwas gerettet hat. Davor war ich praktisch nur am arbeiten. Es gab wie keinen Grund, es nicht zu tun. Mit dem ersten Kind hat sich das zum Glück geändert. Sonst wäre ich wohl in ein Burnout geschlittert.

Anna Mandozzi Produkte

Beauty-Essentials: Jaderoller und aus Anna Mandozzis eigener Produktion.

Marlies Seifert
8) Wie lädst du deine Batterien auf?

Mit Yoga. Das ist die einzige Sache in meinem Leben, bei der ich nicht nachdenke. Wenn ich mit dem Körper und dem Atem arbeite, bin ich total bei mir. Ich brauche das als Kraftquelle, es muss auch gar nicht oft sein: Dreimal die Woche 25 Minuten reichen schon aus. Und dann habe ich noch meine kleinen Helferlein. Wenn es anstrengend wird, greife ich auf spezielle Bachblütenmischungen zurück. Zudem schwöre ich auf die Kraft von Vitalpilzen. Sie wirken auf das Stresssystem im Körper und gleichen dich aus.

9) Wie gehst du mit Existenzängsten um?

Als Unternehmerin lernt man mit Existenzängsten zu leben. Ich überlege mir immer: Was ist der Worst Case und was mache ich, wenn er eintritt. Bislang habe ich noch für jedes Worst-Case-Szenario mindestens zwei, drei Lösungsoptionen gefunden. Das hilft mir, mit den Ängsten umzugehen. Ausserdem habe ich eine grosse Familie mit drei Geschwistern. Dass wir immer aufeinander zählen können, gibt mir eine emotionale Sicherheit und das Gefühl, alles irgendwie stemmen zu können.

10) Woran hast du letzte Nacht vor dem Einschlafen gedacht?

Das Tagesgeschäft lässt mich eigentlich recht gut schlafen. Es sind eher soziale Ungerechtigkeiten, die mich wachhalten. Gestern habe ich zum Beispiel von einem Fall gelesen, bei dem ein Mann aufgrund einer winzigen Straftat ausgewiesen wurde. Obwohl er seit 40 Jahren in dem Land lebte und vier minderjährige Töchter zurücklassen musste. Als Juristin zweifle ich in solchen Momenten an unserer Welt und an unserem Rechtssystem. Als Unternehmerin beschäftigen mich vor allem Fragen zur Wertschöpfungskette und die damit verbundenen Einzelschicksale.

Anna Mandozzi Gegenstand

Reise-Essentials: Ist sie unterwegs, hat Anna Mandozzi neben ihrem Pass auch stets ein Notizbuch dabei.

Marlies Seifert
11) Worauf bist du besonders stolz?

Da kann ich direkt beim vorherigen Punkt anknüpfen. Ich bin stolz darauf, Menschen einen sicheren Arbeitsplatz bieten zu können. Wir haben beispielsweise in einer sehr armen, ländlichen Region Chinas eine Produktionsstätte für Konjac-Schwämme aufgebaut. Das Know-how dazu ist dort schon seit Jahrhunderten vorhanden. Nun können die Menschen es nutzen, um ihre Kinder zu ernähren und ihnen ein gutes Leben zu bieten. Ich besuche all unsere Fabriken regelmässig, um die Arbeitsbedingungen zu kontrollieren. Zu sehen, welchen Unterschied unser Engagement für die Familien bedeutet – das treibt mich an!

12) Was wünschst du dir für die Zukunft?

Dass es meine Firma irgendwann gar nicht mehr braucht. Wir entscheiden aufgrund von 56 Nachhaltigkeitskriterien, ob wir ein Produkt in unser Sortiment aufnehmen. Dabei geht es nicht nur um gesundheitsgefährdende Inhaltsstoffe, sondern auch um eine ethischen und ökologische Herstellungsweise. Mein Wunsch ist, dass wir diese Standards für die ganze Beauty-Industrie etablieren können. Das werden wir in den nächsten fünf Jahren nicht schaffen, aber vielleicht in 20. 

Von Marlies Seifert am 12. Oktober 2020 - 06:09 Uhr