Mit Ende 20 gründete Melanie Kovacs Master21, den ersten Anbieter von Coding-Bootcamps in der Schweiz. Der Grundgedanke: Eine an sich trockene Materie auf unterhaltsame Weise zu vermitteln. Von «Forbes» wurde sie 2018 für die Idee auf die Liste der 30 wichtigsten Persönlichkeiten unter dreissig Jahren im Bereich Technologie gesetzt. Ihre Firma hat Kovacs Anfang Jahr verkauft. Doch auch mit ihren zukünftigen Projekten will sie «joyful learning experiences» kreieren und es anderen so ermöglichen mit Freude zu lernen.
Was treibt die junge Tech-Unternehmerin an? Was rät sie anderen Frauen mit einer Business-Idee und wo sieht sie sich in fünf Jahren? Wir haben Melanie Kovacs 12 Fragen gestellt.
Die Firma, in die ich drei Jahre lang so viel Herzblut gesteckt hatte, zu verkaufen. Das hat Mut gebraucht. Aber ich habe gemerkt, dass ich nicht mehr mit voller Passion dabei war. Und ich glaube, das braucht es, wenn man etwas aufbauen, leiten und weiterführen möchte. Es ist wohl schon so, dass ich eher schnell gelangweilt bin. Zwar kann ich mich voll in etwas vertiefen, aber sobald die Routine einsetzt, verliere ich das Interesse. Ich mag es kreativ zu arbeiten, Konzepte zu erstellen, Fäden zu spinnen und die richtigen Leute zusammenzubringen. Aber wenn es ums langfristige Tagesgeschäft geht, gebe ich gerne ab.
Es gibt für mich drei Grundwerte: Zuerst die Freude – auch im Team. Es gab schon Kurse, die wir aussortiert haben, weil sie uns keinen Spass machten. Das Zweite ist das lebenslange Lernen. Ich glaube, dass ich aus jeder Begegnung etwas mitnehmen und an jeder Situation wachsen kann. Drittens ist es mir wichtig, eine echte Verbindung zu anderen Menschen aufzubauen. Als Vorgesetzte halte ich wöchentlich 1:1-Meetings ab. Und ich tausche mich gerne mit anderen Unternehmern aus.
Sie haben eine Vision, denken quer und scheuen sich nicht vor grossen Herausforderungen. 2020 stellen wir im Interview-Format «12 Frauen, 12 Fragen» jeden Monat eine erfolgreiche Unternehmerin in der Schweiz vor, die uns mit ihrer Power, Eigenständigkeit und Innovationsfreude inspiriert – Werte, denen sich auch Toyota mit seiner weltweit führenden Hybrid-Technologie verschrieben hat.
Ich hole mir gerne Inputs von anderen. Der Austausch ist für mich vor allem deshalb wichtig, weil ich beim Reden besser überlegen kann. Ich muss meine Gedanken laut aussprechen. Danach ziehe ich mich aber in die Ruhe zurück und mache am Schluss das, das sich im Bauch richtig anfühlt. Und dabei dienen mir die vorhin erwähnten Werte als Kompass.
Schwer zu sagen, denn ich bin eine Person, die eher nach vorne blickt statt zurück. Statt das zu sehen, was ich bereits geschafft habe, sehe ich das, was man noch besser machen könnte. Aber ich bin stolz darauf, Arbeitsplätze geschaffen zu haben und eine Firmenkultur kreiert zu haben, die den Angestellten viele Freiheiten einräumt. Auch freut es mich, dass ich über 1'100 Menschen zu einer positiven ersten Erfahrung mit dem Thema Coding verhelfen und Berührungsängste abbauen konnte. Es gab Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die aufgrund eines Kurses bei uns einen neuen Karriereweg eingeschlagen haben.
Freude. Viele Leute sagen mir, dass ich Freude ausstrahle und dass das Menschen anzieht und inspiriert. Natürlich bin auch ich nicht immer gut drauf. Aber ich gebe Acht darauf, nicht zu vieles zu tun, das mühsam ist und mir Energie raubt. Auch konzentriere ich mich bewusst auf Positives. Ich schreibe beispielsweise «Morning Pages», bei denen ich das notiere, was mir gerade in den Sinn kommt. Dort halte ich auch fest, was mir Freude bereitet hat. Wenn ich die negativen Dinge niedergeschrieben habe, kann ich sie auch besser loslassen. Ausserdem habe ich eine Morgenroutine, an die ich mich halte. Die erste Stunde nach dem Aufwachen nutze ich zum Schreiben, Meditieren oder Tanzen. Mein Handy bleibt dabei im Flugmodus. Wenn ich ruhig in den Tag zu starte, dann ist der Rest des Tages tendenziell auch ruhiger.
Einfach mal anfangen und ausprobieren! Ich glaube, wenn man einen riesigen Businessplan schreibt, sieht man nur noch einen gewaltigen Berg vor sich und ist eingeschüchtert. Aber wenn man einen kleinen Schritt macht und sieht, dass es funktioniert, hat man gleich ein erstes Erfolgserlebnis und traut sich mehr zu. Ausserdem merkt man so auch, ob es einem überhaupt Freude macht oder nicht. Denn vielleicht sieht die Realität ganz anders aus, als man es sich vorgestellt hat.
Ich wünsche mir, dass ich bis dahin zusammen mit einem Business-Partner etwas Neues aufgebaut habe. Konkret möchte ich Unternehmerinnen und Unternehmer unterstützen, indem ich sie miteinander vernetze, damit sie so voneinander lernen können. Dabei schöpfe ich auch aus meinen eigenen Erfahrungen. Ausserdem möchte ich nicht sieben Tage pro Woche arbeiten, sondern den Job mit einer Familie vereinbaren können. Ganz generell wünsche ich mir, dass ich weiterhin kreativ sein kann, Freude am Arbeiten habe und vieles dazulernen darf.
«Das geht nicht» oder «Das haben wir immer schon gemacht» – mit so einer Mentalität kann man mich wirklich ärgern. Ich kann es verstehen, wenn man mir ein Problem erklärt. Aber ein unbegründetes Nein kann ich nicht akzeptieren. Aus diesem Grund kann ich mir auch nicht mehr vorstellen, in einer hierarchischen Organisation zu arbeiten.
Das kann ich genau sagen: Einerseits meine Grossmutter. Sie war 1956 mit nichts als einem Rucksack aus Ungarn geflüchtet und hat sich hier in der Schweiz alles neu aufgebaut. Das fand ich immer schon sehr beeindruckend. Und dann gab es direkt nach meinem Wirtschaftsstudium ein Startup-Weekend, aus dem meine erste Geschäftsidee entstanden ist. Ein Kollege hatte mich überredet, das Projekt mit ihm weiterzuziehen. Nach einigen Monaten verlief das ganze im Sand. Aber das folgende Jahr nutzte ich, um verschiedene Dinge auszuprobieren. Weil ich bei der Arbeit in einer Digitalagentur zwar vom Programmieren fasziniert war, aber nur Bahnhof verstand, kam mir schliesslich die Idee zu Master21.
Ja, ich glaube als Unternehmerin ist das eine normale Angst. Wichtig ist, dass man schaut, woher die Angst kommt und wie realistisch sie ist. Ich wende dazu das sogenannte «fear setting» von Tim Ferriss an. Zuerst überlegt man sich den Worst Case. Dann überlegt man sich, was man tun kann, falls der Worst Case eintritt. Und in einem dritten Schritt überlegt man sich was man tun kann, um den Worst Case zu verhindern. Mit dieser Methode veranschaulicht man seine Möglichkeiten. Oft ist es ja so, dass man von Ängsten gelähmt wird und deshalb nicht mehr agieren kann.
Am See. Ich bin in Rapperswil aufgewachsen, und das Wasser gibt mir sehr viel Ruhe. Mein Büro in die Badi zu verlegen, ist für mich aber keine Option, auch wenn das mit meinem Job theoretisch ginge. Lieber trenne ich Arbeit und Freizeit und gehe nach dem Feierabend schwimmen. Eine digitale Nomadin wird aus mir eher nicht werden. Wenn ich nach Thailand gehe, dann gehe ich da hin, um zu reisen und zu geniessen, nicht um zu arbeiten. Ganz oder gar nicht.
Ich habe mir überlegt, was ich heute anziehen soll. Ist der Rock zu weiblich? Wirke ich in Hosen kompetenter? Dazu mache ich mir schon Gedanken. Der erste Eindruck ist wichtig. Aber genauso wichtig ist es, dass man sich in seinen Kleidern wohl fühlt.