Seit ihrem Kunststudium beschäftigt sich Lauren Wildbolz intensiv mit dem Thema Ernährung und hat durch ihren Einsatz gegen Food Waste Bekanntheit erlangt. Seit 12 Jahren ernährt sie sich rein pflanzlich, 2009 eröffnete sie das erste vegane Restaurant in Zürich, die «Vegan Kitchen & Bakery». Seither ist das Pflanzen-Imperium weiter gewachsen. Neben Catering und Workshops bietet Wildbolz eine vegane Kochbox an, tüftelt an einem Raw Cake, schreibt Bücher und hält Vorträge über die Zukunft des Kochens.
Im Maison Raison (ehemals Maison Blunt) in Zürich tischt sie seit neustem ihre sogenannten Meseki, eine Mischung aus orientalischen Mezze und japanischer Kaiseki-Küche, auf. Hier erzählt sie, woher sie ihre Power nimmt und wie sie es schafft, alles unter einen Hut zu bringen.
Auf 100 Meter hinabzutauchen. Ich habe fünf Jahre als Tauchlehrerin im Ausland gearbeitet und mich dabei zur technischen Taucherin ausbilden lassen. So konnte ich extreme Tiefen tauchen. Das hat viel Mut gebraucht, aber auch viel Training. Ich glaube, um im Leben mutig zu sein, braucht es eine Prise Naivität. Wenn man sich im Vorfeld alles überlegt, was schiefgehen könnte, macht man es am Ende sicher nicht. Das gilt auch fürs Geschäftliche: Nicht zu lange über einem Businessplan brüten, sondern die Sache mit Drive angehen.
Ich will meine Haltung vertreten und ethisch korrekt handeln. Dabei geht es nicht nur ums Tierwohl, sondern auch darum, Produzenten und Lieferanten bestmöglich zu unterstützen, sodass sie beispielsweise nicht mit Pestiziden arbeiten müssen. Ich möchte meine Seele nicht verkaufen und gehe nicht auf Kooperationsanfragen ein, die nicht zu mir passen. Ich muss mich immer öfter fragen: Geht es um meine Person oder um die Sache? Auch wenn man für sein Anliegen mehr Aufmerksamkeit bekommt, indem man sich exponiert, darf man dabei seine Kernbotschaft nie vergessen.
Mein Vater hat mich sehr inspiriert in seiner Art und Weise, wie er mit Kunden umgegangen ist. In den Achtzigerjahren war er ein bekannter Modefotograf. Bis zum Schluss hat er seine Arbeit immer möglichst gut und möglichst korrekt abgegeben. Das hat mir viel Inspiration für meine berufliche Laufbahn gegeben. Mir ist es sehr wichtig, dass bei einem Auftrag bis hin zur Abrechnung alles stimmt und alle happy sind. Auch meine Mutter war selbstständig, als Stylistin. Es stand für mich deshalb nie zur Frage, mich irgendwo anstellen zu lassen.
Sie haben eine Vision, denken quer und scheuen sich nicht vor grossen Herausforderungen. 2020 stellen wir im Interview-Format «12 Frauen, 12 Fragen» jeden Monat eine erfolgreiche Unternehmerin in der Schweiz vor, die uns mit ihrer Power, Eigenständigkeit und Innovationsfreude inspiriert – Werte, denen sich auch Toyota mit seiner weltweit führenden Hybrid-Technologie verschrieben hat.
Möglichst schnell! Dann sind sie weniger schwierig. Natürlich gibt es aber auch grosse Entscheide, die ich etwas länger reflektieren muss. Ich mache das wie viele Frauen im Gespräch. Männer sind da anders. Sie holen sich Ratschläge. Als Frau findet man eher durch den Dialog mit anderen zur Lösung. Ich glaube, da unterscheiden wir uns.
Wenn ich beruflich aktiv sein konnte, viel erledigt habe und einen sozialen Austausch hatte. Mir ist an meiner Arbeit sehr wichtig, dass sie vielfältig ist. Zwar verfolge ich immer dasselbe Ziel, aber die Bereiche, in denen ich arbeite, sind sehr unterschiedlich. Da bin ich auch schon an meine Grenzen gestossen. Inzwischen habe ich gemerkt, dass ich Partnerschaften eingehen muss, um alle meine Projekte realisieren zu können. Ich nehme mir Spezialisten zur Seite, die mir ein Gegenüber sind und ein Wissen abdecken, das ich selber nicht habe. Die mich ergänzen. Das ist der Schlüssel, um gleichzeitig in so vielen unterschiedlichen Bereichen tätig zu sein.
Beim Schlafen! Ausserdem praktiziere ich extrem gerne Ashtanga Yoga. Dabei steht für mich gar nicht so sehr der körperliche Aspekt im Zentrum, sondern das Präsentsein im Moment ohne an das Vorher und das Nachher zu denken, so wie man das auch von anderen Meditationsformen kennt. Es gelingt mir sehr gut, dabei meine Batterien aufzuladen. Und ansonsten gehe ich raus oder in den Wald. Mir gefällt der Duft von Zürich, ganz besonders im Sommer!
Meine Energie, und die habe ich sicher vom veganen Essen. Selbst als ich noch Vegetarierin war, habe ich mich nie so kraftvoll gefühlt wie jetzt. Die Pflanzen nähren mich und geben mir Power. Seit ich das Maison Raison führe, habe ich ausserdem eine neue Geheimwaffe: einen doppelten Espresso im Hafercappuccino mit einem Schuss Matcha. Das Koffein pusht und der Matcha öffnet den Blick.
Das war, als ich vor 12 Jahren anfing, rein pflanzlich zu kochen und gesehen habe, welches Potenzial in dieser Küche steckt. Das war die Initialzündung. Die meisten denken bei veganer Kulinarik nur an: Verzicht. Verzicht, Verzicht. Darum steht in meiner Küche die Opulenz so sehr im Vordergrund. Aber mir geht es auch um Toleranz. Es ist toll, dass es Demonstrationen für Tierwohl gibt. Aber ich zünde keine Bombe im Schlachthof. Meine Art von Aktivismus ist das Kochen. Um meine offene Haltung zu zeigen, gebe ich meine Kochkurse im Steakhouse. Es geht darum, an einem Tisch zusammenzukommen und im besten Fall weniger tierische Lebensmittel zu essen. Für mich ist Veganismus keine Religion.
Ich möchte nicht nur eine, sondern acht Stunden mehr! Dann könnte ich noch mehr Zeit in meine Projekte als Unternehmerin stecken. Und ich würde noch ein bisschen mehr Yoga machen. Während Corona habe ich gemerkt, dass ich wohl schon ein Workaholic bin. Aber meine langjährige Selbstständigkeit hat mich auch gelehrt, nach einem durchgearbeiteten Wochenende einen Montag blau zu machen, um zu wellnessen oder an den See zu gehen. Das gönne ich mir. Dabei tanke ich dann auch wieder auf.
Dass ich bei meinen Mitarbeitern immer vom Besten ausgehe und gutmütig und vertrauensvoll bin. Chefin zu sein fällt mir nicht schwer, da ich von klein auf ein Alphatier war. Dabei geht es mir nicht ums Befehlen. Ich sehe mich eher als Dirigentin. Wenn bei einem Catering alles zusammenkommt und brodelt, dann geht es richtig ab bei mir. Ich bin so happy, wenn ich mit einem Team von 20 Mitarbeitern ein Hochzeitsessen für 250 Gäste kochen darf. Es ist für mich wunderbar, an so einem Ort Chefin zu sein und die riesige Verantwortung zu tragen.
An meine sechsjährige Tochter. Weil es mich Wunder nimmt, was sie gerade umtreibt. Ich möchte neugierig bleiben auf sie und auf ihr Leben. Auf ihre Kinderwelt. Mein Ex-Mann und ich teilen uns die Erziehung fifty-fifty. Eine Woche ist sie bei mir, eine Woche bei ihm. Wir haben ein gutes Konzept gefunden, das auch unserer Tochter passt. Wir haben immer gesagt, dass wir ihr nicht einfach unsere Idee überstülpen werden. Ich glaube, es gibt einem Mädchen viel, wenn der Vater so präsent ist und es etwas von ihm lernen kann.
Als Unternehmerin diesen unkonventionellen Weg gegangen zu sein. Nichts war geplant. Das eine hat einfach zum anderen geführt. Dadurch, dass ich immer weiter an die Sache geglaubt habe und weiter gekocht habe, bin ich jetzt an einem Punkt, an dem ich mich sehr wohl fühle.