1. Home
  2. Family
  3. Alltag
  4. Schulweg: Wie lange sollen Kinder begleitet werden?
Gibts da eine Checkliste?

Ab wann sollten Kinder den Schulweg alleine gehen?

Experten sind sich einig: Der Schulweg ist wichtig. Und dass Kinder ihn allein zurücklegen können, ebenso. Nur, wann ist der richtige Zeitpunkt dafür? Das fragen sich kurz nach Beginn des neuen Schuljahres viele Eltern. Die Antwort auf diese Frage ist gar nicht so einfach zu finden.

Artikel teilen

Autumn, Washington state

Herausforderung für die einen, langersehnter Freiraum für die anderen: Nicht alle Kinder sind schon im Kindergarten bereit, den Schulweg ohne Begleitperson zu meistern.

Getty Images

Kürzlich haben in der ganzen Schweiz Kindergärtler und Erstklässler einen neuen Lebensabschnitt begonnen. Und somit auch neuen Freiraum gewonnen: den Schulweg. Ein wichtiges Lernfeld, das sich auf die Entwicklung der Eigenständigkeit und des sozialen Verhaltens der Kinder auswirkt, sind sich Fachpersonen einig. «Beim Unterwegssein lernen Kinder, sich selbständig zu behaupten und Gefahren auf der Strasse selber einzuschätzen. Auch das Agieren in einer Gruppe und das Zusammentreffen unterschiedlicher Altersgruppen werden auf dem Schulweg geübt», sagt Bernhard Bürki von Pro Juventute.

Das spielt eine Rolle bei der Schulweg-Sicherheit

Dass die Eltern ihre Kinder am Anfang begleiten, ist selbstverständlich. Aber wann ist der richtige Zeitpunkt, um die Kleinen alleine losziehen zu lassen? Für Schulwegexperte Pascal Regli von Fussverkehr Schweiz ist klar: So früh wie möglich. Seine eigenen Kinder hat er nur am ersten Kindergartentag begleitet, danach schafften sie den Weg alleine, erzählt er. «Unsere Kinder sind bei recht einfachen Bedingungen gestartet: Der Schulweg war nur 800 Meter lang und beinhaltete eine einzige Strassenquerung über eine Quartierstrasse.»

Nicht alle Kindergärtler und Schulkinder können sich über eine so günstige Ausgangslage freuen. Deswegen gebe es auch keinen genauen Richtwert, wann Kinder in der Lage sein sollten, den Weg alleine zurückzulegen. Das Selbstvertrauen der Kinder spiele genauso eine Rolle wie die Länge und Schwierigkeit des Wegs.

« vor Beginn der obligatorischen Schulzeit die Selbständigkeit im Strassenverkehr fördern. «Die Verkehrssicherheit zu trainieren, ist bereits im Alter von zwei Jahren möglich.»

Pascal Regli, Schulwegexperte von Fussverkehr Schweiz
Verkehrssicherheit trainieren nach Altersstufen

Mit den richtigen Massnahmen können Eltern jedoch schon vor Beginn der obligatorischen Schulzeit die Selbständigkeit im Strassenverkehr fördern. «Die Verkehrssicherheit zu trainieren, ist bereits im Alter von zwei Jahren möglich», sagt Regli. «Es ist wichtig, die Kleinen mitzunehmen, wenn man zu Fuss unterweg ist. Auf dem Weg zum Einkaufen lernen sie zum Beispiel, sich auf dem Trottoir sicher zu verhalten. Ein wichtiges Detail hier ist, dass die Eltern auf der Fahrbahnseite gehen und die Kinder auf der von der Strasse abgewandten Seite.»

Im Alter von drei Jahren können Eltern mit ihren Kindern erste Strassenquerungen üben: Stehen bleiben und auf beide Seiten über die Strasse schauen. Mit vier Jahren sind viele Kinder bereit, selbständig verkehrsarme Quartierstrasse zu überqueren. Und ab fünf Jahren können sie sich mit der richtigen Übung normalerweise auch über etwas mehr befahrene Strassen bewegen.

Vorantreiben aber nicht forcieren!

Wann das eigene Kind dafür bereit ist, hängt von der individuellen Entwicklung und den Umständen ab. «Eine Checkliste gibts nicht, es ist ein Prozess», so Regli. Die Fähigkeit, Distanzen und Geschwindigkeiten von anderen Verkehrsteilnehmern richtig einschätzen zu können, muss sich erst ausbilden. Gerade deswegen sei es wichtig, routiniertes Verhalten im Strassenverkehr von klein auf immer wieder zu üben.

Regli ist überzeugt, dass Eltern ihren Kindern zuliebe versuchen sollten, diesen Prozess voranzutreiben. Die Kinder zum Alleingang zu forcieren, mache jedoch keinen Sinn. Denn wenn Kinder sich sehr lange weigern, den Schulweg alleine zu gehen, kommt eventuell ein psychologischer Aspekt dazu. Dann heisst es, die Gründe dafür zu analysieren und beim Kind nachzufragen. Fühlt es sich noch unsicher? Oder hat es Angst vor der Ablösung? Oder habe sogar ich als Elternteil selber Mühe damit?

Dem pflichtet auch Bernhard Bürki von Pro Juventute bei. Sollte ein Kind den Schulweg lange nicht alleine zurücklegen wollen, empfiehlt er, eine schrittweise Ablösung anzustreben: «Eltern von Kindern, die sich den ganzen Schulweg noch nicht zutrauen, können versuchen, in kleinen Schritten immer mehr Verantwortung übergeben: Zuerst kann man die Kinder vielleicht nur den Weg über den Schulhausplatz allein gehen lassen, dann immer wieder ein Stück dazu nehmen und die Erfolge gebührend wertschätzen!»

Weitere Infos zum Thema Schulwegsicherheit

Zur Thematik lesenswert sind die Informationen zum Thema «Schulweg» von Pro Juventute, sowie die Ratgeber «Sicherer Schulweg» der BFU - Beratungsstelle für Unfallverhütung und «Sicher zur Schule» von Fussverkehr Schweiz.

Sylvie Kempa
Sylvie KempaMehr erfahren
Von Sylvie Kempa am 11. September 2020 - 17:57 Uhr