Eltern auf der ganzen Welt haben etwas gemeinsam: Sie wollen das Beste für ihre Kinder. Nur, was das Beste ist, darüber scheiden sich die Geister. Oder findet ihr nicht auch einige der Erziehungstricks und -eigenheiten aus anderen Ländern etwas gewöhnungsbedürftig?
Manche sind jedoch auch echt inspirierend. Lest selbst!
Schweden: Jantelagen
Jantelagen ist das ungeschriebene Gesetz der sozialen Gleichheit. Die typisch schwedische Erziehung legt Wert auf Bescheidenheit. Es ist wichtig, dass sich kein Kind als «etwas Besseres» fühlt. Dieser Grundsatz der sozialen Gleichheit ist wichtiger als akademischer oder wirtschaftlicher Erfolg. Er zeigt sich in Schweden auch darin, dass sich alle Menschen duzen, von der Putzhilfe bis zur Konzernleitung – einzig Mitglieder des Königshauses müssen gesiezt werden.
Jantelagen ist ein wichtiger Grund, warum Prinzessin Madeleine mit ihrer Familie aus den USA zurück nach Schweden zieht.
Deutschland: Kinder wie Hunde erziehen
Ok, das ist in Deutschland kein weit verbreiteter Erziehungstrick. Aber immerhin kommt die Idee von dort. Der deutsche TV-Sender RTL sorgte vor zwei Jahren mit einer Erziehungs-Reality-Show für richtig viel Stunk. In «Train your Baby like a Dog – die Hund-Kind-Methode» hilft eine Hundeerzieherin Eltern dabei, die Probleme mit ihren Kindern in den Griff zu kriegen, indem sie ihnen das gewünschte Verhalten mittels Klicker und positiven Anreizen antrainiert. Ob das funktioniert, findet ihr unter diesem Link heraus.
Vietnam: Pfeifen gegen Windeln
Bei uns in Europa tragen die meisten Kinder bis ins Alter von drei Jahren Windeln. In Vietnam sind sie im Durchschnitt mit 9 Monaten trocken. Wie kommts? Offenbar ist es unter vietnamesischen Eltern Gang und Gäbe, das Urinieren ihrer Kinder ab Geburt genau zu beobachten. Wenn ein Baby Anzeichen macht, dass es Pipi gemacht hat, pfeifen die Eltern einen Ton. Nach ein paar Monaten sind die Kinder offenbar so trainiert, dass sie auf Pfeif-Kommando urinieren können.
Serbien: Alkohol gegen Halsweh
Offenbar schwören einige serbische Mütter auf ein paar Tropfen Sliwowitz als Hausmittel, wenn ihr Kind Halsschmerzen hat.
Südamerika: Sieh dich nicht um!
Eltern in Südamerika lieben ihre Kinder, wie alle anderen Eltern auch. Jedoch sind sie weit davon entfernt, sich wie Helikoptereltern ständig nach ihren Kindern umzusehen. Sie gehen einfach davon aus, dass ihre Kinder den natürlichen Instinkt haben, ihnen zu folgen. Pädagogin und Buchautorin Rita Messner erklärt das Phänomen so: «Was machen Entenküken, wenn die Mutter aufsteht? Sie folgen ihr unverzüglich. Eine Mutter eines indigenen Stammes in Südamerika liebt ihr Kind genauso, wie wir. Dennoch käme es ihr nie im Traum in den Sinn, wenn sie durch den Urwald geht, sich nach ihrem Kind umzusehen. Weil sie mit dem Sich-Umdrehen dem Kind zu verstehen gäbe, dass sie es ist, die will, dass das Kind mitkommt. Aber genau dieses Signal wäre auf dem biologischen Entwicklungsplan falsch. Mit ihrem Verhalten stimuliert sie den angelegten Willen im Kind, ihr nachzufolgen. Sie weiss haargenau, wie schnell und wie gut es das kann. So passt sie ihr Gehen, ihre Geschwindigkeit so an, dass es ihr Kind schafft. Falls es die Situation erfordert, würde sie sofort einschreiten. Die Botschaft an das Gehirn des Sprösslings lautet also: Du bist stark, fähig und voller Eigeninitiative. Im Gegensatz zu: Ich traue es dir nicht zu, du bist schwach und bedürftig, ich muss ständig nachschauen, mich versichern.»
Das ganze Interview lest ihr hier.
Schon wieder Schweden: Süsses gibts samstags und sonntags
Die sogenannten Lördagsgodis, also Samstagssüssigkeiten, haben in Schweden Tradition. Schwedische Kinder werden nämlich dazu erzogen, nur am Wochenende Süsses zu naschen. Daran halten sich auch die Royals. Victoria und Daniel von Schweden geben ihren Kindern Oscar und Estelle ebenfalls an Werktagen keine Süssigkeiten. Ein vernünftig klingender Ansatz mit gruseligem Hintergrund. Wegen extrem vieler, damals noch unerforschter Kariesfälle haben die Schweden in der Nachkriegszeit an geistig behinderten Menschen einen Zuckerversuch durchgeführt und sie über einen längeren Zeitraum zu extrem hohem Zuckerkonsum gezwungen. Infolge der Erkenntnisse dieses Versuchs empfahl die schwedische Regierung, Kinder sollten maximal einmal pro Woche Zucker konsumieren.
Frankreich: Der magische Rahmen
Französische Kinder haben einen exzellenten Ruf. Sie sollen sich tadellos benehmen können und gute Esser sein, die jedes Gemüse ohne mit der Wimper zu zucken verschlingen. Woran liegts? Einerseits legen französische Eltern weniger Wert auf Erziehungsarbeit als auf Vorleben. Und andererseits haben sie ein Geheimrezept, das sich «le cadre» nennt. Das bedeutet, man gebe Kindern klare Grenzen – aber innerhalb dieses Rahmens lasse man ihnen Freiraum für eigene Entscheidungen.
Finnland: Kartonbox als Babybettchen
Pragmatischer gehts nicht: Finnische Eltern erhalten vom Staat für jedes Kind eine Babybox. Das ist eine Kartonkiste mit allem drin, was sie für die Pflege ihres Kindes benötigen: Bettwäsche, Strampler, Badeprodukte, Windeln und vieles mehr. Die Tradition ist bereits 80 Jahre alt. Mit ihr hat sich auch eingebürgert, dass sich Eltern kein Babybettchen mehr zulegen, sondern gleich die Kiste als Bettchen verwenden. Denn sie ist gross genug, dass ein Neugeborenes darin schlafen kann.
Armenien: Babys bei der Berufsberatung
Eltern in Armenien pflegen einen lustigen Brauch, um die berufliche Zukunft ihrer Kinder vorherzusagen. Sobald das Baby seinen ersten Zahn zeigt, holen die Eltern allerlei Gegenstände und legen sie ums Kind aus. Der Gegenstand, nach dem das Kind als erstes greift, sagt, welchen Beruf es später erlernen wird. Dabei ist jedem Gegenstand eine Bedeutung zugewiesen. Greift das Kind nach einem Buch, geht es in die Wissenschaft. Wenn es sich einen Pinsel packt, wird es Künstler oder Künstlerin. Ein Hammer steht für eine berufliche Zukunft in der Handwerkskunst. Ein Kamm für Coiffeur oder Coiffeuse.
Italien: Ein Herz für Trotzanfälle
Das italienische Temperament ist weltberühmt. Offenbar wird es von Kindesbeinen an gefördert. Italienische Eltern haben nämlich eine besondere Gabe, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Es scheint ihnen nichts auszumachen, wenn ihre Kinder toben, brüllen oder schimpfen. Man lässt die Kinder ihre Emotionen zeigen. Und bleibt dann trotzdem konsequent.
Norwegen: Rentiere schlachten im Kindergarten
Ein Kindergarten in Norwegen hat 2017 internationale Berühmtheit erlangt, weil die Kinder bei einer Rentierschlachtung teilnehmen konnten. Die Kinder waren anwesend, während rund 40 Rentiere ihr Leben liessen, und halfen schliesslich mit, Schlachtabfälle aufzuräumen. Die Erziehungsmethode polarisiert im Netz. Manche finden es toll, dass die Kinder schon so früh lernen, wo ihr Essen herkommt. Andere befürchten, die natürliche Empathie der Kinder werde so schon viel zu früh zerstört.
Griechenland: Babys anspucken
In Griechenland hat es Tradition, dreimal auf sein Baby zu spucken. Die Griechen spucken gern, das bringt Glück. Sie spucken zu allen möglichen Gelegenheiten, um das Unglück zu verbannen. Diesen äusserst befremdlich tönenden Brauch haben die Griechen offenbar von den römischen Katholiken übernommen, deren Priester die Taufen mit Spucke durchzuführen pflegten. Richtige Spucke verteilt man dabei übrigens nicht, es reicht, einfach das entsprechende Geräusch zu machen.
Dänemark: Mittagsschlaf in der Kälte
Frischluft tut gut! Davon sind auch dänische Eltern überzeugt. Und weil sie, wie alle Eltern, für ihre Kinder nur das Beste möchten, kommt es öfter vor, dass sie ihre Babys im Kinderwagen an der frischen Luft stehen lassen, während sie selber einkaufen gehen. Eilig hat es dabei niemand. Den Kleinen geht es ja bestens an der frischen Luft. Meist schlafen sie friedlich vor sich hin.