Sie sind ein Liebespaar, erziehen gemeinsame Kinder, führen aber keinen gemeinsamen Haushalt: Elternpaare, die in LAT-Partnerschaften leben, sind eine Seltenheit.
Was ist eine LAT-Beziehung genau?
LAT bedeutet «Living Apart Together» (Deutsch: «Gemeinsam getrennt leben»). Der Ausdruck beschreibt eine Partnerschaft, in der zwar eine Lebensgemeinschaft besteht, jedoch kein gemeinsamer Wohnraum. Während dieses Beziehungsmodell bei kinderlosen und jungen Paaren noch relativ häufig vorkommt, findet man es bei Familien fast gar nicht.
- In der Schweiz leben 13 % der 25- bis 80-jährigen liierten Personen in getrennten Wohnungen.
- Bei Paaren mit gemeinsamen Kindern leben weniger als 2 % in getrennten Haushalten.
Diese Zahlen stammen aus der aktuellsten zur Verfügung stehenden Erhebung zu Familien und Generationen des Bundesamts für Statistik BFS aus dem Jahr 2018. Da das Alter der Kinder in dieser Erhebung nicht erfasst wurde, ist unklar, wie gross der Anteil von Eltern mit Klein- und Schulkindern ist, bei denen das Familienleben noch stark im Zentrum des Alltags steht.
Das sind die Vorteile einer bilokalen Beziehung
Während junge Paare aus offensichtlichen Gründen (oft ist der Bindungswille noch nicht endgültig vorhanden oder man befindet sich in einer Vorstufe zum späteren Zusammenziehen) häufig noch nicht zusammenwohnen, sind die Vorteile für Familien in einer LAT-Beziehung nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Dennoch bringt diese Wohnform auch für Elternpaare einige Vorteile mit sich:
Achtsamkeit: Familien- und Paarzeit ist keine Selbstverständlichkeit des Alltags und wird entsprechend mit mehr Bewusstsein und Achtsamkeit verbracht.
Platz für Individualität und weniger Zoff: Egal, ob es um Kindererziehung oder andere Fragen geht – wenn jedem Elternteil ein eigener Raum zusteht, in dem er oder sie die Regeln selbst aufstellt, gibt es weniger Gründe, Streit anzufangen.
Liebesleben: Die Alltagsroutine wirkt weniger zermürbend auf die Beziehung der Eltern, denn ein wenig Distanz kann das Liebesleben beflügeln - das gilt für die körperliche wie die seelische Verbundenheit.
Rückzug: Da die Kinder in beiden Haushalten daheim sind, können sich beide Eltern auch mal in ihr eigenes Reich zurückziehen und so einen Abend oder ein Wochenende für sich geniessen. Dies ist zwar nach einer Trennung ebenfalls möglich, doch in einer LAT-Beziehung entfällt die Belastung des Alleinerziehendenalltags. Mehr dazu im Artikel: «Was es wirklich bedeutet, alleinerziehend zu sein»
Selbstverantwortung: Jeder Elternteil führt seinen Haushalt, wie es ihm behagt. Haushaltsdiskussionen erübrigen sich in LAT-Beziehungen.
Der Fünfer und das Weggli: Paare, die sich nicht zwischen Stadt- und Landleben entscheiden können oder sowohl romantische Altbauwohnungen als auch kubistische Bauten mögen, können in einer LAT-Beziehung beides haben.
Eine LAT-Beziehung eignet sich für viele Paare nicht
Wie jedes Beziehungsmodell birgt jedoch auch das LAT-Konzept Herausforderungen: Zu viel Distanz kann zu einer Entfremdung führen, und viele Gelegenheiten für spontane Zweisamkeit fallen weg. Zudem ist es teurer, zwei Zuhause zu finanzieren, als nur eines. Zwei Wohnräume sind auch organisatorisch anspruchsvoll – besonders, wenn Kinder und ihre Schulsachen im Spiel sind. Diese gehen ja schon in einem Haushalt gerne mal verloren.
Für wen also eignet sich das LAT-Beziehungsmodell? LAT funktioniert nur, wenn beide Partner finanziell unabhängig sind. Wenn beiden Partnern ihre Eigenständigkeit wichtig ist und sie weder auf ihre Freiräume noch auf eine Familiengründung verzichten wollen, könnte eine LAT-Beziehung passen.
Expertin findet LAT für Familien eher ungeeignet
Dennoch rät die LAT-Expertin Nelda Pfister von Trennpunkt.ch eher davon ab: «Bei Elternpaaren ist die Zahl der LAT-Partnerschaften heute zwar sicher grösser als vor 50 Jahren, aber immer noch sehr klein. Mit gutem Grund: Ich persönlich halte eine LAT-Beziehung für Paare mit gemeinsamen Kindern nur im Ausnahmefall für sinnvoll.»
Ihre Gründe erläutert sie wie folgt: «Mit zwei Haushalten eine Familie zu gründen, kann für alle sehr belastend sein. Ein gemeinsames Zuhause und eine gemeinsame Anschrift schaffen Geborgenheit und Sicherheit. Ich glaube auch, dass es für die Entwicklung von Kindern wichtig ist, dass sie mit beiden Elternteilen in einem Haushalt aufwachsen dürfen – sofern die Eltern nicht getrennt sind. Das bietet den Kindern klare Strukturen. Auch für die Eltern ist es wesentlich einfacher, vor allem organisatorisch.» Das gesamte Interview zu LAT-Beziehungen findet ihr unter diesem Link.