Platzt die Fruchtblase, rennt manch eine werdende Mutter erst einmal ins Bad. Noch rasch Beine und Intimzone rasieren, bevor die Geburt losgeht.
Mit natürlicher Schambehaarung ins Spital zu fahren, ist für viele Frauen undenkbar. Dabei stört diese weder Hebamme noch Medizinpersonal, sagt Dr. Jarmila A. Zdanowicz, ärztliche Leiterin Geburtsstation und Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde des Berner Inselspitals.
Im Interview mit Schweizer Illustrierte Family erklärt sie, wo sie den Ursprung der Scham rund um die Körperbehaarung der Frau sieht und in welchem Fall eine Intimrasur für die Geburt im Spital vorgenommen wird.
Frau Dr. Jarmila Zdanowicz, die Scham über die Intimbehaarung ist bei Frauen weit verbreitet. Warum eigentlich?
Dahinter stecken in der Regel kulturelle Ansichten. Die Gesellschaft vermittelt ein gewisses Bild, wie der Körper einer Frau während der Schwangerschaft und der Geburt sein soll. Frauen haben oft das Gefühl, einem gewissen Standard entsprechen zu müssen. Daraus resultiert, dass sie sich manchmal tatsächlich dafür schämen, wenn sie für eine gynäkologische Kontrolle oder die Geburt nicht rasiert sind. Das finde ich schade. Gerade in der Schwangerschaft, die doch etwas Tolles ist, sollte keine Frau das Gefühl haben, nicht adäquat zu sein – oder sich gar entschuldigen zu müssen für ihre natürliche Behaarung.
Vielleicht ist die Scham gross, weil man eine getrimmte Intimbehaarung mit einer guten Körperhygiene assoziiert.
Die Art der Körperbehaarung hat nichts damit zu tun, ob man gepflegt oder ungepflegt ist. Für alle, die in der Gynäkologie oder Geburtshilfe arbeiten, ist es absolut sekundär ist, wie eine Frau im Intimbereich aussieht.
«Eine kleine Studie hat gezeigt, dass Frauen, die ihre Schambehaarung natürlich tragen, weniger von potenziell schädlichen Bakterien besiedelt sind»
Dr. Jarmila Zdanowicz
Hat die Länge des Schamhaars während Schwangerschaft und Geburt eine medizinische Relevanz?
Man kann davon ausgehen, dass die Schambehaarung einen gewissen Zweck erfüllt: Sie soll den Körper schützen. Eine kleine Studie hat gezeigt, dass Frauen, die ihre Schambehaarung natürlich tragen, weniger von potenziell schädlichen Bakterien besiedelt sind. Jedoch ist der Unterschied nicht signifikant. Es gibt auch keine wissenschaftlichen Daten, die belegen, dass eine Intimrasur das Infektionsrisiko während einer Schwangerschaft beeinflusst.
Also muss man die Pflege der Schamhaare weder während der Schwangerschaft noch für die Geburt anpassen?
Nein. Da die Haut im Intimbereich während einer Schwangerschaft stärker durchblutet ist, kann man schmerzempfindlicher auf eine epilierende Technik reagieren. Vielleicht empfiehlt es sich nicht, gerade während der Schwangerschaft zum ersten Mal ein Waxing ausprobieren, aber es spricht aus medizinischer Sicht auch nichts dagegen. Nur von Haarentfernungscremes würde ich wegen potentiell kritischer Inhaltsstoffe, die die Haut im Intimbereich reizen oder gar schädigen können, während der Schwangerschaft verzichten.
Auch beim Nähen einer Wunde stellen vorhandene Schamhaare eigentlich kein Problem dar.
Dr. Jarmila Zdanowicz
Gibt es Fälle, in denen eine Haarentfernung vor der Geburt empfehlenswert ist?
Wenn ein Kaiserschnitt gemacht wird, rasiert man vorher den Operationsbereich, damit der Zugang für einen sauberen Schnitt vorhanden ist. Dies geschieht im Spital. Die Schwangere muss dies nicht zu Hause vorbereiten.
Lassen sich Geburtsverletzungen, wie etwa ein Dammriss besser behandeln, wenn der Intimbereich enthaart ist?
Auch beim Nähen einer Wunde stellen vorhandene Schamhaare eigentlich kein Problem dar. Jede Frau kann für die Geburt ihr Schamhaar so tragen, wie sie möchte. Der Trend geht aktuell wieder zurück zu einer natürlichen Behaarung.
So klappt mit der Intimrasur während der Schwangerschaft
Die Scham rasieren oder nicht? Am Ende ist es eine sehr persönliche Entscheidung, die jede Frau für sich selbst fällen muss. Damit man Hautverletzungen und Infektionen durch eine Intimrasur während der Schwangerschaft vorbeugen kann, hier ein paar Tipps und Tricks, wies klappt, falls ihr das wollt.
- Immer neue und saubere Rasierklingen verwenden
- In Wuchsrichtung der Haare rasieren – nicht dagegen!
- Ein Bein auf den Badewannenrand oder einen Stuhl aufstellen, so ist der Babybauch weniger im Weg
- Ein Spiegel kann helfen, sich zu orientieren, wenn man am Babybauch nicht mehr vorbei sieht
- Rasierschaum oder -creme kurz einwirken lassen, das macht die Haare weicher
- Die Haut straff ziehen. So entstehen weniger Mikroverletzungen