Eine Serie von Ertrinkungsunfällen erschüttert diesen Frühsommer die Schweiz. Auffallend viele Unfälle ereigneten sich während der Hitzeperiode der vergangenen Tage. Menschen gingen scheinbar grundlos unter – selbst wenn sie schimmen konnten.
Was hinter diesen Unfällen steht, ist in vielen Fällen noch nicht aufgeklärt. Dass sich manche Badeunfälle an Hitzetagen jedoch durch richtiges Verhalten verhindern lassen, rückt durch diese Meldungen aktuell in den Vordergrund. Wir nehmen dies zum Anlass, gemeinsam mit Reto Abächerli, Geschäftsführer der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG, zwei uralte Bade-Grundsätze unter die Lupe zu nehmen: 1. Nach dem Essen warten, bis man schwimmen geht und 2. Nie ohne Annetzen ins Wasser gehen. Gelten diese Regeln noch?
Seit Generationen predigen Eltern ihren Kindern, dass sie nach dem Essen eine bestimmte Zeitdauer warten müssen, bevor sie wieder schimmen können. Auch Reto Abächerlis Eltern sagten stets: «Nach dem Essen zwei Stunden warten, bis man schwimmen geht.»
Im Kern sei dieser Grundsatz natürlich richtig, so der Fachmann. Auf eine genaue Zeitangabe, wie lange die Bade-Pause nach dem Essen dauern sollte, könne man sich jedoch unmöglich festlegen. «Es kommt auf viele Faktoren an, etwa, was man gegessen hat, wie viel davon und wie der Körper individuell darauf reagiert. Ich handhabe es mit meinen Kindern so: Ich achte darauf, dass sie weder mit leerem noch mit zu vollem Magen schwimmen gehen. Und dass sie genug getrunken haben. Denn sowohl Hunger und Dehydrierung wie auch Übersättigung und Völlegefühl beeinträchtigen die Leistungsfähigkeit. Und das Wasser ist halt ein äusserst unglücklicher Ort, wenn man plötzlich nicht mehr mag.»
Ganz wichtig sei es, fügt Abächerli an, weder alkoholisiert noch unter Drogeneinfluss Schwimmen zu gehen.
Wenn sich jemand in der Sonne brätelt und dann direkt ohne Annetzen vom Boot in den kühlen See springt, muss das nicht zwangsläufig schief gehen – aber es kann. «Denn der Temperaturschock löst im Körper eine Reaktion aus», sagt Abächerli. Die Blutgefässe ziehen sich zusammen und es kann zu einem Krampf oder sogar zu Kreislaufproblemen kommen. Annetzen helfe ganz klar dem Körper, sich auf den Unterschied zwischen Luft- und Wassertemperatur einzustimmen und besser damit umgehen zu können.
Wie richtiges Annetzen geht, erklärt er so: «Es ist sinnvoll, erst einmal nur mit den Beinen ins Wasser zu stehen, sich den Oberkörper anzunetzen, dann weiter hineinzugehen, eventuell bis zu den Schultern abzutauchen und sich dabei Zeit zu lassen, bis man vielleicht sogar den Kopf unter Wasser hält. Erst dann sollte man losschwimmen.»