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Tränen, TV und Teigwaren.

Wenn Quarantäne und Isolation Familien trennt

Als der Corona-Test positiv ausfällt, lebt Familie Hüppi aus Ettingen BL zehn Tage lang getrennt. Der Vater muss in Selbstisolation, die Mutter und die Kinder in Quarantäne. Einblicke in einen ungewöhnlichen Alltag.

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Corona Quarantäne, Fam. Jennifer Hüppin-Ziegler Corona Quarantäne, Fam. Jennifer Hüppin-Ziegler

Familie Hüppi aus Ettingen BL ist nach zehn Tagen wieder vereint zu Hause.

Kurt Reichenbach

Fieber, Gliederschmerzen, Husten, Halsweh. Anfang Oktober fühlt sich Sascha Hüppi, 37, aus Ettingen BL nicht gut. «Als ob ich eine Grippe hätte.» Er lässt sich auf Corona testen. Das Ergebnis ist positiv! Für ihn bedeutet das zehn Tage Isolation – ohne seine Frau und die vierjährigen Zwillinge Sophia und Jannis. Die Familie muss getrennt in Quarantäne. «Aber wir hatten zum Glück keine Symptome», sagt Ehefrau Jessica Hüppi, 33, am Telefon.

Sascha Hüppi hätte sich in einem Zimmer in der Wohnung isolieren können. «Aber mit zwei kleinen Kindern und dreieinhalb Zimmern wäre das schwierig geworden», sagt er. Deshalb entscheidet die Familie, dass der Vater für zehn Tage in den Hobbyraum im Haus seiner Eltern zieht. «Da gibts zum Glück ein ausziehbares Sofa.» Der IT-Supporter nimmt eine elektrische Herdplatte, einige Pfannen und Lebensmittel wie Teigwaren und Suppe mit. «Damit ich mich selber versorgen konnte.» Direkter Kontakt mit anderen Menschen ist für zehn Tage verboten. 

Corona Quarantäne, Fam. Jennifer Hüppin-Ziegler

Sascha Hüppi verbringt zehn Tage Isolation in seinem Hobbyraum. «Dank elektrischer Herdplatte konnte ich selber kochen.»

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Jessica Hüppi bleibt mit den Kindern in der Wohnung. Dank Smartphone und Computer können die Kinder jederzeit mit ihrem Papi reden. «Aber es war schon schlimm für die Zwillinge», sagt die Mutter. «Abends vor dem Schlafengehen flossen auch mal Tränen. Morgens war die erste Frage der Kinder, ob der Papi heute wiederkommt.» Und auch für die Group-Fitness-Trainerin war die Situation nicht einfach. Seit der Hochzeit vor sieben Jahren war sie nie so lange von ihrem Ehemann getrennt – höchstens mal für ein Wochenende.

Die Eltern erklären ihren Kleinen von Anfang an, dass ihr Vater Corona hat und warum es wichtig ist, dass sie ihn für einige Tage nicht sehen. «Aber für Vierjährige ist das schwierig zu verstehen.» Die Mutter versucht, die Zwillinge im Alltag auf andere Gedanken zu bringen. Sie schauen zusammen Bilderbücher an, spielen oder kochen gemeinsam. «Und wir haben an einem Willkommens-Plakat für den Vater gebastelt, haben Zeichnungen draufgemalt und Bilder draufgeklebt.» Bis zum Wiedersehen wird das Plakat jeden Tag etwas bunter. «Und klar, wir sassen auch mal vor dem Fernseher. Das gehörte auch dazu.» 

Corona Quarantäne, Fam. Jennifer Hüppin-Ziegler

Jannis und Schwester Sophia basteln am Willkommens-Plakat für ihren Papi.

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Der Quarantäne-Alltag von Jessica Hüppi und ihren Kindern sieht ähnlich aus wie während des Lockdowns: «Es gab auch Tage, da haben wir erst um elf Uhr Zmorge gegessen oder waren länger als üblich im Pyjama.» Bewusst haben sie digitalen Kontakt nach aussen gesucht und neben den Telefonaten mit dem Vater auch öfters bei den Grosseltern oder bei Freunden angerufen. «Ich habe in diesen Tagen gelernt, meinen Partner noch mehr zu schätzen. Jetzt, da er weg war, fiel mir auf, was für eine grosse Hilfe er im Alltag ist», sagt Jessica Hüppi. Weil Eltern und Schwiegereltern ebenfalls in Quarantäne sind, kauft eine Freundin für die Familie ein und bringt dem Vater selbst gemachte Guetsli der Kinder bis vor die Tür. 

In der Schweiz müssen Personen, die sich mit dem Coronavirus angesteckt haben, in Isolation. Sie dürfen diese erst nach zehn Tagen und zusätzlich negativem Testergebnis verlassen. In Quarantäne gehen Menschen, die Kontakt mit einer infizierten Person hatten oder aus einem Risikoland zurückgekehrt sind. Die Quarantäne dauert ebenfalls zehn Tage, sofern keine Symptome auftreten. Aktuell sind fast 8000 Menschen in der Schweiz in Isolation und mehr als 24 000 in Quarantäne. 

Corona Quarantäne, Fam. Jennifer Hüppin-Ziegler

Vor der Isolation brachte Sascha Hüppi noch das Korb im Zimmer seines Sohnes Jannis an.

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Velo- und Trottinettfahren machen Jannis und Sophia am liebsten. «Sie sind immer draussen», sagt die Mutter. In der Quarantäne ist das nicht möglich. «Ich war froh, dass das Wetter wenigstens nicht so schön war.» Am Abend waren sie dennoch oft müde. «Ich glaube, die ganze Situation war auch aufreibend für sie.»

Die Mutter ist stolz auf ihre Kleinen: «Sie haben es wahnsinnig gut gemeistert. Sie haben nie gestritten und sich super verstanden. Als ob sie gespürt hätten, dass es wichtig ist, jetzt zusammenzuhalten.» Sie habe versucht, das Beste aus der Situation zu machen. «Ich habe es als geschenkte Familienzeit betrachtet – ohne Stress. Und hatte ich mal an einem Tag keine Zeit zu saugen, war das auch nicht so schlimm.» 

Corona Quarantäne, Fam. Jennifer Hüppin-Ziegler

Zehn Tage lang hatte Sascha Hüppi viel Zeit für sein Hobby. «Ich bin ein grosser Fan von Lego Technic.»

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Währenddessen erholt sich der Vater in der Selbstisolation. Sein Krankheitsverlauf ist mild. «Nur die Glieder- und Rückenschmerzen machten mir zu schaffen. Und dass ich getrennt von der Familie war, hat nicht unbedingt zur Genesung beigetragen», sagt Sascha Hüppi. Um sich abzulenken, widmet er sich seinem Hobby. «Ich bin ein grosser Fan von Lego Technic. Und habe an meinem orangen Porsche weitergearbeitet – mit mehr als 2700 Einzelteilen.»

Zu Beginn der Isolation habe er sich oft gefragt, warum diese überhaupt nötig sei. «Schliesslich hätte ich meine Familie in den ersten symptomfreien Tagen anstecken können.» Im Nachhinein ist ihm bewusst, warum dieser Aufwand wichtig war. «Falls ich meine Familie noch nicht angesteckt hatte, war es wichtig, dass es so bleibt. Jeder Krankheitsverlauf ist anders, es hätte sein können, dass meine Frau oder die Kinder mehr gelitten hätten als ich.»

Nach zehn Tagen in Isolation fühlt sich Sascha Hüppi wieder gut, nur Geruchs- und Geschmackssinn sind noch weg. «Das kann einige Wochen dauern.» Nach einem zweiten, negativen Corona-Test darf er endlich wieder heim. «Die Kinder haben sich so fest gefreut, dass sie vergessen haben, mir ihr Plakat zu übergeben.» 

BAG Logo Psychische Gesundheit Kampagne Dezember 2020
ZVG

Über die Aktion «DARÜBER REDEN. HILFE FINDEN.»

Viele Menschen in der Schweiz leiden auch seelisch unter den Auswirkungen der Coronakrise. «DARÜBER REDEN. HILFE FINDEN» heisst der Aktionstag, der vom BAG initiiert wurde und am 10. Dezember 2020 stattfindet. Die Hilfsorganisationen Pro Mente Sana, Dargebotene Hand, Pro Juventute, Pro Senectute, Caritas und das Schweizerische Rote Kreuz widmen sich gemeinsam mit Ringier, der SRG (alle vier Sprachregionen) und vielen weiteren Akteuren den verschiedensten Aspekten des Themas «psychische Gesundheit». Menschen in schwierigen Situationen erfahren so Solidarität und werden über konkrete Hilfsangebote informiert. Der Tag sensibilisiert auch die Gesamtbevölkerung dafür, im Umfeld aufmerksam zu sein und Hilfe zu leisten.

Weitere Informationen: bag-coronavirus.ch/hilfe

SD
Silvana DegondaMehr erfahren
Von Silvana Degonda am 8. Dezember 2020 - 10:00 Uhr