Man stellt sich das Elternsein ja sehr rosarot und flauschig vor. Und dann besteht es zu 90 Prozent aus Augenringen, die bis zu den Knien runterhängen. Da müssen (fast) alle Eltern durch. Und die schlechte Nachricht ist: Auch wenn euer Baby nach sechs Wochen schon durchschläft, heisst das nicht, dass es auch so bleibt. Denn der Babyschlaf entwickelt sich nicht linear. Er durchläuft während der ersten Lebensmonaten und -jahren verschiedene Phasen, die auch die Entwicklungsstufen des Kindes abbilden.
Unregelmässiger Babyschlaf wird oft falsch verstanden
Wenn Babys unregelmässig schlafen, heisst das nicht automatisch, dass die Eltern etwas falsch machen. Im Gegenteil. Sie machen ziemlich sicher ziemlich viel richtig. Eine wellenförmige Schlafentwicklung ist absolut normal. Phasen mit häufigem Aufwachen erfüllen laut Schlafberaterin Raphaela Bichsel sogar mehrere positive Zwecke: «Das ist gut für die Hirnentwicklung, stärkt die Bindung, fördert die Milchproduktion und wirkt prophylaktisch gegen den plötzlichen Kindstod.»
Eltern können die Entwicklung eines Schlafrhythmus unterstützen
Dennoch müssen Eltern natürlich Nächte, in denen sie kaum die Augen schliessen können, nicht einfach so hinnehmen. Es gibt viele kleine Dinge, die man tun kann, um ein Kind bei der Entwicklung eines Schlafrhythmus zu unterstützen. Und es gibt viele unabsichtliche Fehler, die der Entwicklung eines Schlafrhythmus entgegenwirken. Es sind kleine Dinge, die den grossen Unterschied machen.
Mittags dunkelt man das Zimmer ab, wenn ein Baby ein Nickerchen macht, oder? Schliesslich soll es sich erholen können und nicht etwa durch Sonnenstrahlen geweckt werden. Die gute Absicht hinter dieser Massnahme ist unverkennbar. Jedoch sollten Babys tagsüber im Hellen schlafen, denn Licht ist einer der wichtigsten Faktoren bei der Einstellung des Kindes auf den Tag-Nacht-Rhythmus. Anstelle eines Mittagschlafs mit gezogenen Vorhängen im Babybett, kann ein Kind auch während eines Mittagsspaziergangs an der Sonne wunderbar sein Nickerchen geniessen. Abends jedoch darf das Zimmer verdunkelt werden. Dies regt die Bildung des Schlafhormons Melanin an und signalisiert dem Baby klar, dass nun eine längere Ruhephase bevorsteht.
Tagsüber sollte ein Kind nicht zu lange schlafen, oder? Es gibt Eltern, die ihre Kinder absichtlich nach einer Stunde Mittagsschlaf aufwecken, weil sie denken, dass die Kinder sonst abends zu wenig müde sein werden, um in der Nacht durchzuschlafen. Diese Annahme ist falsch. «Ein müdes Baby wach zu halten, bewirkt in der Regel das Gegenteil: Es fühlt sich elend, ist übermüdet und kämpft gegen den Schlaf an!», sagt US-Kinderarzt Harvey Karp, der als Erfolgsautor und mit seinem Unternehmen «The Happiest Baby» versucht, Eltern dabei zu unterstützen, gesunde und glückliche Kinder grosszuziehen. «Babys, die den ganzen Tag über viel Schlaf bekommen, sind widerstandsfähiger und ausgeglichener. Sie schlafen schneller und leichter ein, solange sie ins Bett gebracht werden, bevor sie übermüdet sind.»
Die Ernährung hat keinen Einfluss auf den Babyschlaf, oder? Eine klinische Studie aus Grossbritannien zeigt, dass die Empfehlungen der Welt-Gesundheits-Organisation zum Stillen (ein Kind soll in den ersten sechs Lebensmonaten ausschliesslich gestillt werden), nicht gerade förderlich für einen tiefen Babyschlaf ist. Denn eine frühe Beikost-Einführung, also nach dem 4. Monat statt erst nach dem 6., führt zu einer signifikanten Verlängerung der Schlafdauer des Babys sowie deutlich weniger häufigem Aufwachen während der Nachtruhe.
Im ersten Lebensjahr braucht ein Kind noch kein Gute-Nacht-Ritual, oder? Doch. Rituale und Wiederholungen bieten Kindern nicht nur Sicherheit und ein geborgenes Gefühl, sie helfen ihnen auch, sich im Tag zu orientieren. Das beginnt schon sehr früh und sehr intuitiv. Ein Abendritual, das Eltern immer zum Ende des Tages mit ihrem Säugling, Baby oder Kleinkind wiederholen, signalisiert dem kleinen Schlaflehrling, dass nun kein Nickerchen ansteht, sondern die lange, tiefe, erholsame Nachtruhe. Eine Bauchmassage eignet sich dazu hervorragend. Weitere Ideen für Abendrituale – auch mit grösseren Kindern – findet ihr hier.
Die Schlafenszeit geben Experten vor, oder? Eigentlich zeigt das Kind sehr deutlich an, wann es ein sogenanntes «Schlaffenster» erreicht hat. Das ist ein Zustand der Müdigkeit, in dem ein Kind sehr unkompliziert einschlafen kann. Auf diese Schlaffenster folgt in der Regel eine rund 60-minütige Zeitspanne des Überdrehtseins. Hat man das Schlaffenster also verpasst, weil man der Meinung ist, Schlafenszeit sei erst später, wird es später deutlich schwieriger, das Baby wieder zu beruhigen. Schlaffenster erkennt man an folgenden Merkmalen: Das Kind hat einen starren Blick, es reibt sich Augen und Ohren und wendet das Gesicht ab. Natürlich können Eltern versuchen, durch strukturierte Tage einen gewissen Rhythmus und eine feste Schlafenszeit zu fördern. Wer jedoch auf der Schlafenszeit beharrt, obwohl ein Kind putzmunter ist oder aber umgekehrt, das Kind wachzuhalten versucht, obwohl es sichtbar müde ist, tut sich selbst keinen Gefallen. Übermüdete Kinder schlafen nämlich noch schlechter als erholte. Das ist – leider wahr – sogar einer der fünf häufigsten Eltern-Fehler, die den Babyschlaf sabotieren.
Die Anzahl Schlafstunden am Tag steht genau fest, oder? Auch Angaben zur Anzahl Schlafstunden, die ein Neugeborenes, Baby oder Kleinkind pro Tag benötigt, sind natürlich nur Richtwerte. Bei starken Abweichungen oder Verunsicherung hilft es, die Sorgen mit einer Kinderärztin oder Hebamme zu besprechen oder aber sich die Hilfe einer Schlafberatung zu holen. Fachpersonen und Kurse zum Thema findet man auf 1001 Kindernacht.
Babys brauchen absolute Ruhe zum Schlafen, oder? Manche Babys vielleicht. Andere brauchen eine Geräuschkulisse, um sich entspannen zu können. Diese sind sie ja aus Mamas blubberndem Bauch gewohnt. Darum dürfen Eltern ruhig reden, staubsaugen und andere Geräusche produzieren, während ihr Kind einschläft. Oder aktiv Krach machen (ok, das ist jetzt etwas überspitzt formuliert). Mittlerweile gibt es sogar CDs, die ganz bestimmte Geräusche abspielen, um Babys zu beruhigen. Sogenannte «White Noise» kann aber auch einfach vom Staubsauger kommen oder durchs offene Fenster.