«Es war der Teufel los!» Annamaria Amato, 56, erinnert sich noch gut – nachdem sie das Video geschaut hat, das ihr Mann Toni gemacht hatte. Damals, am 13. Mai 1999, beim zweiten Geburtstag ihrer Vierlinge: Annamaria, eine gebürtige Italienerin, trägt vier Torten in die Stube, die Verwandten singen «Buon compleanno!», heben die Prosecco-Gläser. Auf jeder Torte brennen zwei Kerzli – doch jedes der vierköpfigen Rasselbande will sie zuerst ausblasen. Davide, normalerweise der Ruhigste, beginnt zu schreien, Angelo, Pietro und Syria lassen sich anstecken, Syria patscht in eine Torte, die andern machen es ihr nach – im Nu verwandelte sich die Stube der Amatos in Arbon TG in ein Tollhaus.
«So war das halt mit Vierlingen», sagt Annamaria, «heute geht es gesitteter zu bei uns.» Da sitzen sie mit ihrer Mutter Annamaria am Stubentisch, bei Spaghetti aglio mit Speck, fatto da mamma: Angelo, Davide, Pietro und Syria, bald 25 Jahre alt. Vater Toni starb 2007 im Alter von 48 Jahren an einem Herzinfarkt. Noch immer leben die Vierlinge zu Hause bei ihrer Mutter, das Hotel Mama ist eine 5,5-Zimmer-Wohnung in Arbon. Mit Annamaria sprechen sie Italienisch, untereinander Deutsch oder Italienisch. «Wir vier sind nicht nur Geschwister, sondern auch gute Freunde. Jeder geht für die anderen durch dick und dünn», sagt Syria und knufft Davide in die Seite. «Wir erzählen uns alles. Fast alles.» Vieles machen sie zu viert: Stand-up-Paddling, Städtereisen, in den Ausgang gehen. Davide: «Wir haben viel Spass zusammen und schon viele schöne gemeinsame Momente erlebt.»
Wie jeden Sommer fahren sie auch heuer alle nach Monte San Giacomo. Die Geschwister in Mamas Van, mit dabei die Hunde Elvis, ein Parson-Russell-Terrier, und Bully, eine Englische Bulldogge. Annamaria fährt im Bus. Im Dorf 150 Kilometer südlich von Neapel sind die Eltern der vier aufgewachsen, dort haben sie viele Verwandte. Mit ihnen hatte die Familie 1998 den ersten Geburtstag der Kinder gefeiert – die Schweizer Illustrierte berichtete über das Fest. «Wir würden uns wieder Vierlinge wünschen», sagte Toni damals beim Windelnwechseln – wie immer im Akkord.
«Der Tod von Toni, dem Vater meiner Kinder, schweisste uns noch mehr zusammen»
Mutter Annamaria
Annamaria schöpft Spaghetti nach. «Wir wollten zwei oder drei Kinder», erzählt sie. «Wir übten und übten, zehn Jahre lang. Bis es richtig einschlug. Mamma mia!» Die Kinder lachen, und die Mutter schiebt nach: «Dank Hormonkur.» Im Minutentakt brachte sie am 13. Mai 1997 in St. Gallen vier gesunde Kinder zur Welt. In der 28. Schwangerschaftswoche, per Kaiserschnitt. Zuerst Angelo, dann Syria, Davide, zuletzt Pietro. Davide, 34 Zentimeter lang und 890 Gramm leicht, war der Kleinste, Syria mit 1200 Gramm die Schwerste.
«Richtig Streit hatten wir noch nie», sagt Pietro und schaut in die Runde. Syria wirft ihm und Angelo schelmische Blicke zu: «Auf wen müssen wir immer warten, wenn wir fortwollen? Auf euch zwei! Und Davide lässt immer seine Sachen liegen.» Hitzige Diskussionen gibts auch bei der Frage, wer den Geschirrspüler ausräumt. «Doch sonst funktioniert es unter uns ganz gut. Auch schwere Zeiten haben wir gemeinsam durchgestanden.» Zum Beispiel nach Papas Tod. Obwohl die Geschwister ganz verschiedene Charaktere haben. Davide, Maler von Beruf, sei ruhig und zurückhaltend, erzählt die Mutter. Angelo und Pietro, beide Metallbauer, sind laut und aufgeschlossen, Dentalassistentin Syria «ist der Mittelweg». Alle leben die Werte, die ihnen Mama mitgegeben hat: ehrlich und hilfsbereit sein!
«Meine Brüder sind Tiktok-Stars. Das macht auch mich ein bisschen stolz»
Davide
Weil sie sich stark ähnlich sehen, werden Angelo und Pietro immer wieder gefragt, ob sie Zwillinge sind. «Nein, wir sind Vierlinge», antworten die zwei dann und zeigen auf ihren Handys Fotos und Videos von ihnen und ihren Geschwistern. Davon haben sie eine Menge – und auch von sich als Duo. Denn Angelo und Pietro setzen ihre im Gym gestählten Körper und ihre stylischen Kleider und Outfits gern gemeinsam in Szene. Als Amatotwins (Amatozwillinge) haben sie auf Instagram 16 000 Follower. Auch auf Tiktok sind sie Stars, mit 200 000 Followern. Das berühmteste ihrer lustigen Videos auf dieser Plattform wurde 4,5 Millionen Mal angeschaut. «Wir zeigen gern unser Leben.»
Die Fotos und Videos produziert Syria. «Sie ist unsere Managerin. Die beste Schwester, die es gibt!» Auch Mutter Annamaria lobt Pietro in den Himmel: «Sie ist immer für uns da, immer cool drauf, sie verwöhnt uns fast zu viel. Grazie! Ti amo!» Seine drei Geschwister nicken. «Einmal machten wir zu Mamas Geburtstag eine Pizza mit einem grossen Herzen darauf», erzählt Angelo.
«Mit unseren zwei Hunden müssen meistens Davide und ich spazieren gehen»
Syria
Die Party zu ihrem 25. Geburtstag wird nicht mehr so chaotisch wie die zum ersten, da sind sich die Geschwister sicher. Obwohl: Am gleichen Tag feiern die Amatos auch eine Hauseinweihung. Anfang Mai sind das Quartett und die Mutter nach Amriswil TG gezügelt. Auch dort leben die fünf zusammen, nun in einem Haus. Pietro, der eine Freundin hat, sagt: «Im neuen Daheim haben nun auch Angelo und ich ein Einzelzimmer.» Er schmunzelt: «Zum Glück.»
Ihren 25. Geburtstag feiern die vier Geschwister zusammen mit Mutter Annamaria, mit Partnern und Freundinnen und Freunden und – mit Grilladen und Beer Pong. Buon compleanno! Mama Annamaria freut sich riesig. Sie sagt: «Ich bin stolz auf meine Bambini, sie sind lieb und anständig.» Die ersten Jahre mit ihnen seien ein Chrampf gewesen. «Doch nun ist alles dolce far niente!»