Auf und davon! Sarah von Berkel (39) hat ihren Job gekündigt, die Koffer gepackt und ist mit ihrem Ehemann Jan van Berkel (37) und den beiden Söhnen Tim (3) und Noè (10 Monate) ans andere Ende der Welt verschwunden. «Wir haben uns eine sechswöchige Auszeit in Neuseeland gegönnt», sagt der Eiskunstlaufstar.
Wobei, Ferien waren es nicht. «Mein Mann hat sich dort auf ein Rennen vorbereitet und verfolgte mit seinem Trainer in den ersten Wochen ein straffes Programm.» Dennoch: Sechs Wochen weg von Alltag, Trubel und Verpflichtungen, aber auch von Gewohnheiten, Bekanntem und Eingespieltem, was macht das mit einer Familie? Wir fragen nach.
«Egal welche Stressituation, Jan und ich schaffen das als Team.»
Sarah van Berkel
Sarah van Berkel, wenn Sie Ihre Familie vor und nach der Auszeit betrachten. Was hat sich verändert?
Wir haben gemerkt, dass wir uns auch anderswo wohl fühlen können. Es ist nicht so, dass wir grad ans Auswandern denken. Im Gegenteil, wir haben nach sechs Wochen natürlich auch unser Umfeld vermisst und uns aufs Nachhausekommen gefreut. Aber wir konnten die Auszeit geniessen. Sie hat uns als Familie gestärkt, denn wir wissen jetzt, wie gut wir wirklich zusammen funktionieren. Egal welche Stressituation, Jan und ich schaffen das als Team.
Wurde ihr Teamgeist oft auf die Probe gestellt?
Sehr oft. Angefangen bei der 40-stündigen Flugreise mit mehrmaligem Umsteigen. Dann war die Region um Auckland, wo wir die ersten zweieinhalb Wochen verbrachten, von heftigen Unwettern und Überschwemmungen betroffen. Wir haben einen Zyklon erlebt und konnten drei Tage lang das Haus kaum verlassen, nur um Essen und das Nötigste zu besorgen. Eine Hotelbuchung wurde kurzfristig abgesagt, eine Fährverbindung fiel ins Wasser. Es gab eine Situation, in der ich morgens um 2 Uhr mit zwei kleinen Kindern im Arm auf einem Schiff sass, während Jan versuchte, uns Zugang zu einer Kabine zu verschaffen. Wir haben einen Roadtrip gemacht und manchmal ein paar Tage aus dem Rucksack gelebt, damit wir nicht immer die Koffer auspacken mussten. Es war angstrengend. Und dennoch einfach lässig. Jan und ich haben beide keine hohen Ansprüche. Wenn wir alle zusammen sind und ein Dach über dem Kopf haben, ist alles in Ordnung.
Oft waren Sei auch alleine mit den Kindern, während Ihr Mann trainierte, nicht?
In Auckland hat er jeden Tag mit seinem Trainer gearbeitet, ja. Sieben Tage pro Woche. Aber alleine war ich nicht. Meine Schwiegermutter kam mit. Das ich mit unseren zwei kleinen Söhnen Hilfe kriege, war für mich die Bedingung, mich auf dieses Abenteuer einzulassen. In Neuseeland habe ich ja kein Umfeld zur Unterstützung. Später, als wir nach Taupo ins Landesinnere der Nordinsel reisten, wo Jan am Ironman teilnahm, kamen meine Eltern dazu. Sie haben ihre Neuseelandreise so geplant, dass wir uns kreuzten. Schliesslich hatte Jan auch noch Ferien und wir reisten für einen spontanen Roadtrip auf die Südinsel.
Spontanität mit zwei Kleinen Kindern – schliesst sich das nicht gegenseitig aus?
Vorgedacht haben wir die Reise natürlich schon. Wir haben das Mietauto mit Kindersitzen reserviert und natürlich eine tägliche Höchstgrenze an Autofahrstunden festgelegt, so dass wir ungefähr wussten, welche Ausflugsziele und Möglichkeiten in unserem Radius liegen. Das Traumziel, den Fjord Milford Sound zu sehen, mussten wir denn auch als unrealistisch von unserer Liste streichen.
Was war der schönste Moment?
Es gab so viele! Landschaftlich ist Neuseeland natürlich sehr eindrücklich. Aber auch ganz einfache Dinge bleiben in Erinnerung. Wir haben eine Zeit lang nur 200 Meter vom Strand entfernt gewohnt, konnten jeden Tag zu Fuss ans Meer. Die Buben haben es genossen, stundenlang im Sand zu spielen. Tim fragt jetzt noch manchmal, ob wir noch rasch zum Strand gehen können. Zum Glück haben wir einen Sandhaufen im Garten.
Er befindet sich mit drei Jahren in einer wichtigen Phase der Sprachentwicklung. Hat er ein paar Englische Wörter aufgeschnappt?
Er kann nun nicht nur Nein sagen zu mir, sondern auch No, no, no. (lacht) Was mich fasziniert hat, ist, dass Kinder in diesem Alter noch keine Sprachbarriere kennen. Auf dem Spielplatz oder mit Freunden funktionierte die Kommunikation auch so. Sie haben sich immer verstanden und einen Draht zueinander gefunden. Manchmal denke ich, ihm ist gar nicht unbedingt aufgefallen, dass die anderen Kinder nicht dieselbe Sprache sprechen. Und ihnen auch nicht. Sie hatten einfach Spass zusammen.
«Seit Noè auch noch mobil ist, ist alles ein wenig anstrengender»
Sarah van Berkel
Welche Entwicklungsschritte hat Noè in Neuseeland gemacht?
Lustiger Weise eigentlich keinen. Ich wollte ihn bewusst noch die ganze Reise stillen, denn Nahrung immer fixfertig in der richtigen Temperatur dabei zu haben, ist praktisch. Und mir ist aufgefallen, dass er kaum Anstalten machte, sich zu bewegen. Er versuchte nicht einmal, sich vom Bauch auf den Rücken zu drehen oder umgekehrt. Etwas, das Tim schon mit vier Monaten tat. Wahrscheinlich hatte Noè einfach so viele neue Eindrücke zu verarbeiten, dass er damit zufrieden war und sich keine neuen spannenden Herausforderungen suchte. Obwohl ich mich während der Reise ein paarmal sorgte, ob das normal ist, dass er einfach nur da liegt und staunt, bin ich jetzt fast froh, hat er diesen Schritt erst zu Hause gemacht. Denn seit Noè auch noch mobil ist, ist alles ein wenig anstrengender.
Welchen Tipp haben Sie für Eltern, die so eine Reise ins Auge fassen?
Ich kann nur sagen, was uns geholfen hat: Wir haben den 40-Stunden-Flug extrem locker genommen und alle Erziehungsregeln während dieser Zeit ausser Kraft gesetzt. Es gab keine Beschränkung der Bildschirmzeit. Und wenn Tim sich bei Noès Nuggi bediente, haben wir auch kein Büro aufgemacht. Hauptsache, alle haben es easy. Kaum waren wir in Neuseeland, hat Tim kein einziges Mal nach Filmli gefragt. Es war einfach eine Ausnahmesituation, in der wir uns etwas mehr Freiheit erlaubten.
Nun sind Sie zurück in der Schweiz – was sind Ihre nächsten Ziele?
Aktuell bin ich in der Kommunikation und im Journalismus selbständig und habe gut zu tun. Als Übergang ist das perfekt. In einem Monat wird mein Mann vom Sport zurücktreten, dann werden wir gemeinsam längerfristig die Weichen stellen.