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  4. Nemo: Die erste Musiklehrerin gibt Auskunft über ihre Lernansätze, die Suzuki-Methode
Nach dem ESC-Sieg

So entdeckte Nemo die Freude an der Musik

Nemo ging bereits mit drei Jahren in den Geigenunterricht. Die Bieler Musiklehrerin Sandrine Schär-Chiffelle erzählt, wie sie Nemo als Kind erlebte, worauf es beim Musikunterricht für Kleinkinder zu achten gilt und inwiefern das Erlernen eines Instrumentes die Entwicklung fördert.

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Nemo Eurovision Song Contest 2024

Nemo ging bereits mit drei Jahren in den Geigenunterricht.

SRF/Ella Mettler

Sandrine Schär-Chiffelle, Sie waren die erste Musiklehrerin von Nemo. Erinnern Sie sich?

Natürlich, ich habe Nemo in sehr guter Erinnerung – ein fröhliches Kind, das sich für Musik begeisterte und es liebte, in den Geigenunterricht zu kommen. Nemo war zweimal pro Woche bei mir: einmal im Einzel-, einmal im Gruppenunterricht. Besonders der Gruppenunterricht gefiel Nemo. Da durfte man beim Geigespielen herumlaufen und kleine Konzerte für die anderen Kinder und Erwachsenen im Raum geben.

Wie lange haben Sie Nemo unterrichtet?

Nemo begann bereits mit drei Jahren Geige zu spielen und besuchte acht Jahre meinen Unterricht an der Suzuki Violinschule Biel.

War Nemo talentierter als andere Kinder?

Nemo machte rasch Fortschritte beim Geigespielen, fiel aber noch nicht als Ausnahmetalent auf. Besonders wohl fühlte sich Nemo auf der Bühne. Ich erinnere mich an ein Konzert, bei dem Nemo ein Stück von Paganini spielen sollte. Kurz vor dem Auftritt hatte Nemo noch Schwierigkeiten mit dem schnellen Teil am Ende des Stücks. Ich erklärte, dass das Publikum nicht bloss zuhört, sondern auch zuschaut und riet, den Fokus auf die letzte Note zu legen. Nemo soll sie so schön wie möglich spielen und für den theatralischen Effekt am Ende den Geigenbogen hoch in die Luft halten. Und tatsächlich: Nemo spielte fantastisch und beendete das Stück mit einem breiten Lächeln. Das Publikum war begeistert.

Nemos erste Musiklehrerin Sandrine Schär-Chiffelle

Sandrine Schär-Chiffelle (hier mit ihrer Schülerin Katarina) gab einst Nemo Geigenunterricht.

ZVG

Sie unterrichten nach der sogenannten Suzuki-Methode. Was bedeutet das?

Die Suzuki-Methode nutzt dieselben Prinzipien, die wir beim Erlernen der Muttersprache anwenden. Damit dies gelingt und um eine lernfördernde Umgebung zu schaffen, ist es wichtig, schon mit sehr kleinen Kindern zu beginnen. In der Regel kommen die Eltern mit ihrem Nachwuchs zweimal pro Woche zum Unterricht – einmal in eine Gruppen-, einmal in eine Privatstunde. Die Eltern und die Lehrkraft kreieren gemeinsam eine positive und ermutigende Atmosphäre.

Welche Rolle spielen die Eltern konkret?

Das musikalische Repertoire wird im Unterricht auch mit ihnen eingeübt, damit sie zuhause mit den Kindern das Instrument spielen können. Dies, weil Kinder durch das Zuhören lernen und das Gehörte wiederholen. Das geschieht auswendig und ohne Noten. Das Notenlesen folgt erst später. Hier liegt auch die Parallele zum Lernen der Muttersprache: Ein Kind hat tausende Male «Mama» und «Papa» gehört, bevor es die Worte selbst aussprechen kann. Und erst nachdem es sie aussprechen kann, wird dem Kind auch das Lesen und Schreiben beigebracht.

Ab welchem Alter können Kinder ein Instrument lernen?

Ab drei bis vier Jahren. Erkenntnisse aus der Gehirnforschung zeigen, dass es von Vorteil ist, in jungen Jahren ein Instrument zu erlernen. Dann lernt das Kind noch in erster Linie über das Schauen, Hören und Imitieren. Zudem hat es grosses Interesse an allem, was es zu entdecken gibt und denkt noch nicht zu analytisch.

Gibt es Instrumente, die sich für kleine Kinder besonders gut eignen?

Die Geige ist sicher ein ideales Instrument, weil Geigenbauer winzige Geigen für Kinder anbieten. Dreijährige können sie mit ihren kleinen Händchen gut spielen. Ausserdem kann das Kind während des Geigespielens herumlaufen und sich im Rhythmus drehen und bewegen. Eine spielerische Variante ist es auch, die Geige zu zweit zu nutzen: Ein Kind hält die Geige, das andere den Geigenbogen. Das macht den Kindern viel Spass.

Worauf sollte eine Lehrperson beim Unterrichten von kleinen Kindern achten?

Es ist wichtig, die Lerngeschwindigkeit der Kinder im Auge zu behalten und dafür zu sorgen, dass sie Spass haben. Die Freude am Spielen dient als Motor fürs Lernen. Aber um Freude zu haben, muss auch regelmässig geübt werden. Eltern sollten deshalb fixe Zeiten einführen, in denen sie gemeinsam mit den Kindern das Instrument spielen. 

Inwiefern können Kinder von einem frühen Musikunterricht profitieren?

Das Erlernen eines Instrumentes fördert Kinder in verschiedenen Bereichen. Es verbessert beispielsweise die Motorik, steigert die Kreativität und das Selbstvertrauen und die Kinder lernen, genau zuzuhören. Ich denke, in unserer digitalen Welt wird es für Kinder immer wichtiger, ein Instrument zu spielen. Es schenkt ihnen die Möglichkeit, ganz im Moment zu sein und ihre Emotionen zu spüren. Kinder, die anhand der Suzuki-Methode lernen, können zudem ihr ganzes Repertoire auswendig spielen und aus dem Stegreif ein Konzert geben. Zudem ist Musik verbindend: In nationalen und internationalen Workshops können Kinder zusammen musizieren, obwohl sie aus unterschiedlichen Ländern stammen und verschiedene Sprachen sprechen. 

Wie wichtig ist die Musik für die Psyche von Kindern?

Musik gibt Kindern die Möglichkeit, sich auszudrücken und unvergessliche Momente zu erleben. Sie lernen ausserdem, dass sich Ausdauer ausbezahlt und sie dank regelmässigem Üben immer besser werden. Das verleiht ihnen Selbstvertrauen. Spielen sie von klein auf in einer Gruppe, lernen sie auch, anderen gut zuzuhören und Toleranz für ihre Mitmenschen zu entwickeln – Eine wichtige Fähigkeit, welche das Zusammenleben fördert und die Welt im Allgemeinen zu einer besseren macht.

Von fei am 8. Mai 2024 - 15:00 Uhr