Sonnencreme, die Lieblingspflästerli und Mückenspray gehören bei vielen Familien fix auf die Packliste, wenn sie in die Ferien fahren. Dr. med. Anita Niederer-Loher, Oberärztin mbF Infektiologie/Spitalhygiene sowie Co-Leiterin der reisemedizinischen Sprechstunde am Ostschweizer Kinderspital und Kantonsspital St. Gallen, weiss, wie man sich noch besser für kleinere und grössere Notfälle wappnet – und wann es besser ist, vor Ort ein Spital aufzusuchen.
Damit es in den Ferien der ganzen Familie wohl ist, sollten sich die Eltern schon bei der Planung der Destination einige Gedanken machen. Aufgrund der Coronavirus-Krise sind die Möglichkeiten und die Reisefreude zwar momentan ohnehin eingeschränkt.
Allgemein ist es aber so, dass manche Eltern grössere Reisen, für die ein Langstreckenflug nötig ist, extra noch vor dem zweiten Geburtstag ihrer Kinder einplanen, weil sie dann noch keinen separaten Sitz für das Kind buchen müssen, weiss Anita Niederer aus ihrer langjährigen Beratungserfahrung in der reisemedizinischen Sprechstunde. «Das sollte man sich jedoch gut überlegen», meint sie. Aus mehreren Gründen: «Ein eineinhalbjähriges Kleinkind acht Stunden auf dem Schoss zu haben, ist für alle Beteiligten – womöglich auch für die Mitreisenden auf den Nebensitzen – ein Stress. Im schlechtesten Fall kommt die ganze Familie völlig erledigt an ihrer Traumdestination an.»
Und nach so einem Flug könnte auch der Gedanke an die bevorstehende Heimreise die Freude trüben. «Dann hat man vielleicht am falschen Ort gespart.» Mit kleinen Babys gehe das vielleicht fast noch besser als mit einem ein- oder zweijährigen Kind. Doch wie sieht es da bezüglich Strahlung aus? «Ein Flug von acht bis zehn Stunden entspricht etwa der Strahlung eines Röntgenbildes, stellt also zwar keine Gefahr dar, sollte aber dennoch gut überlegt sein», sagt die Expertin.
Was man hingegen nicht unterschätzen sollte, ist eine allfällige Zeitverschiebung, die mit einem kleinen Kind mühsam sein könnte. «Grundsätzlich muss man sich bei einer Reise mit Langstreckenflug bewusst sein, dass es anders wird, als man es sich vielleicht von früher, von Reisen ohne Kinder, gewohnt ist», sagt Anita Niederer. «Mit einem kleinen Kind hat man nicht einfach ein Persönchen mehr mit dabei, sondern muss ganz neue Bedürfnisse berücksichtigen.» Manche Eltern können das auch in der neuen Konstellation geniessen. Wer unsicher ist, verschiebt die grosse Traumreise vielleicht lieber auf später.
Doch auch Eltern, die mit ihrer Rasselbande nicht so weit verreisen, tun gut daran, das Wichtigste in die Reiseapotheke zu packen. Damit sie nicht wegen jedem Bobo eine Apotheke suchen müssen. Die gute Nachricht: Ein kleines Necessaire reicht völlig. Anita Niederer empfiehlt folgende Dinge:
- Sonnenschutz
- Mückenschutzmittel. «Mücken in Italien können mindestens so lästig und aggressiv sein wie in Afrika», sagt Dr. med. Anita Niederer. Den besten Schutz vor Stichen bieten Kleidung und Sprays. Wichtig: «Die Sprays müssen mindestens 30 Prozent DEET enthalten, sonst nützen sie nichts.» Und: «Mückensprays sind nicht wasserfest, also sollte man sie etwa alle drei Stunden auftragen, wenn man schwitzt. Und zwar immer zuerst die Sonnencreme, dann den Mückenschutz.»
- Ein Juckreiz stillendes Gel, wenns doch mal «Pieks» gemacht hat.
- Pflaster und Verband
- Desinfektionsmittel
- Fiebermesser
- Ein fiebersenkendes Medikament. «Aber keine Zäpfli, sie schmelzen, wenn es warm ist», sagt Anita Niederer. «Etwas zum Schlucken, Saft oder Brausetabletten, eignen sich besser, und für Reisen in die Tropen ein Medikament mit dem Wirkstoff Paracetamol.» Mehr zu Reisen in tropische Länder siehe Link am Schluss des Artikels.
- Ein Medikament gegen Durchfall (nur für Kinder ab Schulalter und Erwachsene). «An heissen Tagen besonders gut darauf achten, dass Kinder bei Durchfall und Erbrechen genügend trinken, da sie schnell austrocknen», sagt Anita Niederer. «Zur Sicherheit auch eine Elektrolyt-Lösung in Pulverform mitnehmen.»
- Auch immer praktisch: Schere und Pinzette.
- Bei Flügen darauf achten, dass die Nase der Kleinen nicht verstopft ist, da sonst der Druckausgleich nicht funktioniert. «Gegebenenfalls Nasenspray mitnehmen, sonst schmerzt es in den Ohren.»
- Babys und kleinen Kindern für den Druckausgleich beim Starten und Landen des Flugzeugs einen Nuggi oder Schoppen geben oder sie an der Brust ansetzen, damit sie regelmässig schlucken.
- Und wegen der Coronavirus-Pandemie natürlich: Schutzmasken und Händedesinfektionsmittel.
«Als Grundsatz gilt: Was man im Alltag zu Hause öfters braucht für die Kleinen, wird auch in den Ferien von Nutzen sein», sagt Dr. med. Anita Niederer. «Und wenn man sich nicht sicher ist, was der oder dem Kleinen fehlt, lieber vor Ort in ein Spital gehen – wenn man nicht grad im afrikanischen Hinterland weilt, ist man in der Regel nicht schlecht bedient …» Vor Reisen in tropische Länder empfiehlt sie unbedingt, eine reisemedizinische Beratung in Anspruch zu nehmen. Und gegebenenfalls vielleicht die Destination anzupassen. «Zumal es dem Kind völlig egal ist, wo es sändelet.»
Reisemedizinische Sprechstunde am Kantonsspital St. Gallen speziell für Familien jeweils am Donnerstag von 14 bis 16.30 Uhr (mit Terminvereinbarung). Die Expertinnen und Experten helfen bei der Vorbereitung einer Reise inklusive Empfehlung und Verabreichung von notwendigen Impfungen (zum Beispiel Gelbfieberimpfung, Malariaprophylaxe). https://reisemedizin.kssg.ch
Weitere Infos siehe auch www.safetravel.ch