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Eine Psychologin erklärt

Was tun, wenn nur ein Partner ein zweites Kind will?

Es ist eine fast ausweglose Situation, wenn in einer Beziehung eine Partei pro und die andere contra weitere Babys ist. Im Umfeld unserer Redaktorin sind gerade mehrere Paare betroffen. Wie geht man mit so einer Diskrepanz um? Wir haben bei einer Sexual- und Paartherapeutin nachgefragt.

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Mutter Vater Kind

Viele Paare sind mit der Situation konfrontiert, dass nur eine Partei ein zweites Kind will.

Getty Images

In meinem Umfeld haben die meisten Frauen frühestens mit 38 ihr erstes Kind geboren. Die späte Mutterschaft birgt natürlich viele Vorteile: Man hatte genug Zeit, sich als Paar zu festigen, zu reisen, das Leben zu geniessen und sich auf Job und Karriere zu konzentrieren. So weit, so gut.

Was viele dabei aber vergessen: Sofern nicht von Anfang an klar ist, dass man nur ein Kind will, stellt sich nach dem ersten Baby relativ schnell die Frage nach dem zweiten. Wer selbst Kinder hat, weiss, wie herausfordernd das erste Jahr mit den Nachwuchs ist. Wenig hilfreich ist, wenn das Umfeld dann Druck ausübt und schnell wissen will, wann denn das Brüderchen oder das Schwesterchen kommt. 

Da sind zum Beispiel meine Freunde Moritz und Tanja. Die beiden sind seit sieben Jahren ein Paar. Vor zwei Jahren haben sie geheiratet. Ihre Tochter ist zehn Monate alt. Tanja ist 40, Moritz 42. Sie will unbedingt ein zweites Kind. Er will auf keinen Fall mehr Kinder. Seit Wochen sind die beiden unglücklich und wissen nicht, wie sie aus dieser Sackgasse finden.

Mit Kim und Thomas bin ich ebenfalls gut befreundet. Sie ist 41, er 34. Für die beiden war der Altersunterschied nie ein Problem. Bis sie vor 1,5 Jahren ihren Sohn bekommen haben. Thomas will unbedingt weitere Kinder. Kim fühlt sich zu alt. Ausserdem müssten die beiden ihre teure Wohnung und wahrscheinlich das Auto aufgeben, um sich ein weiteres Kind leisten zu können. Für Thomas kein Problem, Kim will aber auf keinen Fall downsizen.

Wir haben mit der Zürcher Sexual- und Paartherapeutin Ursina Brun del Re über die schwierige Situation gesprochen, wenn sich ein Paar in der Frage nach dem zweiten Kind nicht einig ist.

Ursina Brun del Re: «Manchmal muss man das Thema auch etwas ruhen lassen»

Liebe Frau Brun del Re, was kann man machen, wenn in einer Beziehung nur jemand ein zweites Kind will?
Das Patentrezept gibt es leider nicht, zumal es sich hier wirklich um eine schwierige Situation handelt. Ich rate Betroffenen, sich zuerst einmal von gesellschaftlichen Normen zu befreien. Ein Paar soll sich möglichst nicht von Stimmen wie ‹Jetzt habt ihr doch ein gesundes Kind, das reicht doch› oder ‹Na, wann kommt denn das Geschwisterchen?› beeinflussen lassen.

Wenn man es geschafft hat, sich quasi vom Umfeld losgelöst dem Thema zu widmen, wie soll man das als Paar angehen?
Genau hinhören finde ich das Allerwichtigste. Man soll dem Gegenüber Raum und Zeit geben, all seine Gefühle und Bedenken kommunizieren zu können. Es ist wichtig, dass man sich reden und ausreden lässt. Oft hilft es, wenn jeder für sich aufschreibt, wo er gerade steht in der Frage nach dem zweiten Kind und was seine Gedanken und Gefühle dazu sind. Viele staunen, weil sie dann merken, dass sie gar nicht so weit auseinander sind, wie sie denken. Oder dass sie doch nicht ganz so gegensätzlich fühlen, wie sie meinen.

In meinem Umfeld habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Frage nach dem ersten Kind viel einfacher ist als die nach dem zweiten.
Ja, ins erste Kind schlittern viele Paare einfach so mal rein. Man weiss ja nicht genau, was da auf einen zukommt, Beim zweiten Kind ist das eine andere Sache. Man kann viel besser einschätzen, was es bedeutet, noch ein Baby zu bekommen. Da ist es umso wichtiger, dass man gut auf das Herz und den Kopf hört, dass man sich als Paar hinsetzt und redet. Fragen wie ‹Warum wollen wir ein weiteres Kind› und ‹Warum wollen wir nicht› soll man sich gemeinsam ehrlich stellen und beantworten.

Wenn jetzt die Partei, die kein Kind will, nachgibt: Hat man dann nicht Angst, dass das zweite Kind dann nicht ganz so gewollt war wie das erste?
Mit dieser Aussage werde ich in meiner Praxis tatsächlich oft konfrontiert. Hier kann ich aber Entwarnung geben: Ist das Kind erst mal da, wird es genau so geliebt wie das erste. Es wird keinen Unterschied spüren.

Wenn jetzt alles reden und aufschreiben nichts hilft und es dabei bleibt, dass jemand ein zweites Kind will und der andere nicht, was raten Sie dann?
Manchmal tut es auch ganz gut, die Frage ein paar Wochen ruhen zu lassen und sich dann wieder gemeinsam hinzusetzen, zu reden und zuzuhören. Ausserdem erachte ich es als wichtig, der Partei, die kein weiteres Kind will, genau so viel Gewicht und Berechtigung wie der anderen zu geben. Am Ende ist es leider wirklich eine sehr schwierige Situation, die man gemeinsam als Paar lösen und eine Entscheidung treffen muss. Wenn diese dann gefallen ist, sollte man als Paar dazu stehen. Wenn das funktioniert, wird die Beziehung sehr entlastet und man kann sowohl mit einem Einzelkind, als auch mit weiteren Kindern ein glückliches Paarleben führen.

Mehr Infos zu Ursina Brun del Re finden Sie hier.

 

Maja Zivadinovic
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Von Maja Zivadinovic am 25. Juli 2021 - 08:09 Uhr