Wie Hollywood ausgesehen hätte, wenn Denzel Washington (70) seiner ersten Intension nachgegangen und wie sein Vater Pastor geworden wäre? Die Traumfabrik, das steht fest, hätte einen seiner grössten und talentiertesten Charaktermimen verloren. Eine geschichtsträchtige Karriere verpasst. Und eine zweite Washington–Generation auf der Leinwand wohl ebenfalls. Kurzum: Denzel Washington, der am 28. Dezember seinen 70. Geburtstag feiert, hat mit seiner Wahl der Schauspielerei als Profession einiges ins Lot gebracht – eben ganz der «Equalizer».
Ein Mann des Glaubens
«Ein Teil von mir sagt noch immer: ‹Vielleicht, Denzel, solltest du predigen. Vielleicht gehst du immer noch Kompromisse ein›», offenbarte der «Philadelphia»–Darsteller 1999 im Gespräch mit dem Magazin «Parade». Als Sohn eines ordinierten Priesters der Pfingstgemeinde dachte Washington scheinbar ernsthaft darüber nach, in die beruflichen Fussstapfen seines Vaters zu treten. Dass er ein Talent dafür hätte, bewies der Star schon in diversen Dankesreden, Interviews und manch einer Rolle im Verlauf seiner Karriere. Zuletzt etwa während der Pressearbeit für «Gladiator II», als er eine schöne Lebensweisheit teilte: «Im ersten Teil deines Lebens lernst du. Im zweiten Teil deines Lebens verdienst du. Und im dritten Teil deines Lebens gibst du zurück.»
Und siehe da: Nur wenige Tage vor seinem 70. Geburtstag machte Washington einen grossen Schritt in Richtung seines ursprünglichen Karriereplans. Am Wochenende vor Weihnachten hat er sich in einer live gestreamten Zeremonie taufen lassen. Im Anschluss posierte der Schauspieler auch für Fotos mit seiner Pfarrerslizenz und seiner Taufurkunde. «Der Himmel ist buchstäblich die Grenze», sagte er laut «Page Six» diesbezüglich.
Ein Mann für die gehobenen Rollen
Als Student war Denzel Washington sich nicht sicher, auf welche Fachrichtung er sich spezialisieren soll. Deshalb belegte er zunächst verschiedene Kurse. 1977 erwarb er an der Fordham University in der New Yorker Bronx den Abschluss Bachelor of Arts mit den Schwerpunkten Schauspiel und Journalismus. Ein Job als Kreativdirektor in einem Sommercamp weckte dann allerdings seine wahre Leidenschaft. Er nahm an einer Talentshow teil und bekam von Kollegen prompt den Rat, Schauspieler zu werden. Nachdem die Leidenschaft geweckt war, begann Washington ein Schauspielstudium – und ergatterte sogleich die Hauptrolle in William Shakespeares «Othello». Fortan war er immer wieder in Stücken des englischen Dramatikers auf der Bühne und im Kino zu sehen.
Ein Mann für die Geschichtsbücher
Sein erster grosser Erfolg in Hollywood ist beinahe die Hälfte seines Lebens her. 1990 gewann er für seine Darstellung in «Glory» den Oscar als bester Nebendarsteller. 2002 folgte der zweite Goldjunge, dieses Mal in der Kategorie «Bester Hauptdarsteller» für «Training Day». Das Besondere an seinem zweiten Triumph: Der damals 47–Jährige gewann den Academy Award erst als zweiter Afroamerikaner in der wichtigsten Darstellerkategorie. Vor ihm erhielt 1964 Sidney Poitier (1927–2022) die Trophäe für seine Leistung in «Lilien auf dem Felde».
Dass es bislang «nur» zwei Oscars sind, verwundert geradezu. Acht weitere Nominierungen kann er bis dato vorweisen, zuletzt 2022 für «Macbeth». Bei den Golden Globes sieht es ähnlich aus: Zwei reguläre und einen Ehrenpreis räumte Washington bis heute dort ab, neun weitere Nominierungen stehen zu Buche. Bei der aktuellsten davon ist er noch im Rennen – für seinen Part in Ridley Scotts (87) «Gladiator II» ist er am 6. Januar 2025 als Nebendarsteller in der Vergabe. Am 17. Januar des kommenden Jahres klärt sich dann, ob er dafür auch bei den anstehenden Oscars nominiert sein wird.
Ein Mann fürs Leben
«Die wichtigste Person in meinem Leben. 40 Jahre Aufopferung. 40 Jahre Vergebung. Sie lehrte mich Glaube, Spiritualität und Liebe – wahre, unerschütterliche Liebe [...]. Ohne Pauletta Washington wäre ich nicht mehr am Leben.» Mit diesen Worten ehrte Washington seine Ehefrau 2019 während seiner Dankesrede, als er vom American Film Institute für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde. Ihre Ehe hält inzwischen ebenfalls seit über 40 Jahren – im Juni 1983 heirateten die beiden, nachdem sie sich am Set seines ersten Fernsehfilms «Wilma» (1975) kennengelernt hatten. Die beiden haben vier gemeinsame Kinder und liessen ihr Eheversprechen bereits 1995 in Südafrika von Erzbischof Desmond Tutu (1931–2021) erneuern.
Ein Mann mit Hollywood–Genen
Apropos Nachwuchs: Es ist nicht ungewöhnlich, dass Kinder von Hollywood–Stars in die Fussstapfen ihrer berühmten Eltern treten. In der Tat fasste Denzel und Pauletta Washingtons ältester Sohn John David (40) erst recht spät so richtig Fuss in der Traumfabrik. Seit 2017 ist er Berufsschauspieler und konnte bereits Nominierungen für den Screen Actor's Guild Award und den Golden Globe einheimsen – für seine Hauptrolle als Detective Ron Stallworth in Regisseur Spike Lees (67) Streifen «BlacKkKlansman». Seither ergatterte er die Hauptrolle in Christopher Nolans (54) «Tenet» und David O. Russells (66) «Amsterdam» – und zuletzt in «The Piano Lesson» eines gewissen Malcolm Washington (33), seinem jüngeren Bruder.
(K)ein Mann für Fortsetzungen?
In seinen fast 50 Jahren vor der Kamera hat Denzel Washington viele denkwürdige Figuren gespielt. Sei es in «Malcolm X», «Philadelphia», «Flight» oder dem Drama «Fences», bei dem er auch Rege geführt hatte. Für eine besondere Premiere liess er sich aber tatsächlich bis ins Jahr 2018 Zeit: Mit dem damals erschienenen «The Equalizer 2» hatte Washington die erste Fortsetzung seiner Karriere gedreht. Vier Jahre zuvor war er erstmals als ehemaliger Marine und Topagent Robert McCall zu sehen gewesen, der als rechtschaffener Racheengel die Mafia meuchelt. Und erst im vergangenen Jahr hatte er mit Teil drei das «Final Chapter» geschrieben. Als Equalizer, versteht sich. Nicht als Hollywood–Ikone.