Al Pacino (85) ist einer der grössten Charaktermimen, die die Traumfabrik je hervorgebracht hat. Bei 1,70m ist nicht die Körpergrösse des am 25. April 1940 in New York geborenen Schauspielers gemeint. Dass ausgerechnet «Der Pate» von Francis Ford Coppola (86) die Initialzündung seiner beispiellosen Karriere sein sollte, verwundert abergläubische Cineasten wohl nicht – denn wie sein beruflicher Erfolg ist auch das Leben von Pacino auf den Namen Corleone zurückzuführen.
Geboren in Sizilien, genauer gesagt in der Stadt Corleone – die Rede ist von Alfredo James «Al» Pacinos Vater. Salvatore Pacino verschlug es später für einen Job als Versicherungsverkäufer in die USA, wo er seine Ehefrau Rose kennenlernte. Viel bekam der heutige Weltstar von seinem alten Herrn aber nicht mit. Nach der Scheidung der Eltern, Pacino ist zu diesem Zeitpunkt erst zwei, zieht er mit seiner Mutter von Manhattan in die South Bronx, wo auch seine sizilianischen Grosseltern lebten.
Erfolg war Pacino zunächst ein Fremdwort. Problematische Jugend, mit 17 endgültig von der Schule geworfen, dürftiger Lohn als Kartenabreisser und Platzanweiser in Theatern. Schwer zu sagen, wohin es Pacino verschlagen hätte, wäre da nicht eine riesige Leidenschaft gewesen – die für das Schauspiel. Insgesamt drei Schauspielschulen besuchte das heutige Geburtstagskind und machte sich in der Folgezeit zunehmend als Theater–Darsteller einen Namen.
Ein Angebot, das er nicht ablehnen konnte
Verhältnismässig spät, mit 29 Jahren, feierte Pacino 1969 sein Filmdebüt im Comedy–Drama «Ich, Natalie». Durch das bei anderen Stars zuweilen jahrzehntelang andauernde Casting–Fegefeuer musste er sich allerdings nicht quälen, ehe der Durchbruch auf ihn wartete. Nur etwas über zwei Jahre nach der Leinwandpremiere, im Jahr 1972, errichteten Pacino als Michael Corleone, Regisseur Francis Ford Coppola, das wahnsinnige Genie Marlon Brando (1924–2004) und das rund drei Stunden lange Gangster–Epos «Der Pate» ein filmisches Denkmal. Eines, das durch die zwei Fortsetzungen 1974 und 1990 eindrucksvoll ausgebaut wurde.
Pacinos denkwürdigste Rollen sind all jene, in denen er das Gesetz mit Füssen tritt. Neben «Der Pate» muss natürlich Brian De Palmas (84) «Scarface» Erwähnung finden, in dem Menschen mit Kettensägen traktiert werden und er als Tony Montana mehr schimpft als ein unflätiger Rohrspatz. Nicht zu vergessen den legendären Satz «Auf euch wartet meine kleine Freundin!» («Say hello to my little friend!») Und auch in «Hundstage» (1975) hat es Pacino nicht so mit Rechtschaffenheit, 1997 schlüpfte er gar in die Rolle des Leibhaftigen – «Im Auftrag des Teufels».
Er kann auch rechtschaffen
«Besser in der Hölle regieren, als im Himmel zu dienen» also? Nicht ganz, oft genug fand sich Pacino auch auf der richtigen Seite des Gesetzes wieder. Als idealistischer Anwalt in «... und Gerechtigkeit für alle» (1979) etwa, oder als mal mehr («Serpico», 1973), mal weniger rechtschaffener Cop («Insomnia», 2002) – ja selbst seinem eigenen «Paten»–Papa Robert De Niro (81) legte er in «Heat» (1995) das kriminelle Handwerk. Bis in die Gegenwart zieht sich Pacinos Hang, das Leinwandgesetz mal zu vertreten – oder es nur zu treten. Als korrupter Jimmy Hoffa brillierte er 2019 in Martin Scorseses (82) «The Irishman» (erneut an der Seite von De Niro), ab 2020 jagte er in seinem Seriendebüt «Hunters» diabolische Nazi–Schergen.
Anerkennung fand Pacino für seine Bandbreite zuhauf. Neun Oscar–Nominierungen erhielt der Mime bis dato, alleine zwei davon für «Der Pate I & II». Bei seinem bis heute einzigen Gewinn des Goldjungen schlüpfte er jedoch weder in Polizeiuniform noch in die Gangsterrolle, sondern in die des verbitterten, blinden Kriegsveterans in «Der Duft der Frauen» (1992).
Die sehr späten Vaterfreuden
Dem Vernehmen nach hätte Pacino um ein Haar sogar noch einen anderen Frauenflüsterer spielen sollen – er lehnte jedoch angeblich ab und so lief an seiner Stelle Richard Gere (75) eine «Pretty Woman» über den Weg. Apropos: Schöne Frauen traf Pacino auch abseits der Kameras. Bester Beweis sind seine vier Kinder: eine Tochter mit Jan Tarrant, Zwillinge mit der Schauspielerin und Sängerin Beverly D'Angelo sowie ein Junge mit seiner Ex–Freundin Noor Alfallah. Letztgenannter Nachwuchs sorgte für Aufsehen – schliesslich kam er erst 2023 zur Welt und machte Pacino somit zum fischgebackenen Daddy mit 83 Jahren.
Eines fand sich bis heute aber nie – ein Ring am Finger des Hollywoodstars. In seiner 2024 erschienenen Autobiografie «Sonny Boy» erklärte der Star, warum es sich hierbei um eine bewusste Entscheidung handelte: «Ich habe mich immer vor der Ehe gescheut. Ich habe wohl nicht gesehen, wie sie mir helfen würde. Ich wollte einfach vermeiden, was ich damals für unvermeidlich hielt – ein Zug in Richtung Schmerz.»
Ob er das in Retrospektive bereut? Weniger Zweifel dürfte dagegen bezüglich der grössten Blamage im ansonsten so beachtlichen Lebenslauf des Stars herrschen. Es war das Jahr 2011, als Pacino den vielleicht grössten Fehler seines Lebens beging und eine Rolle in der Adam–Sandler–Komödie «Jack und Jill» annahm. Er tat es, weil er eigener Aussage nach damals «völlig pleite» war. Der Lohn für seine Teilnahme an dem katastrophalen Machwerk? Zwei Goldene Himbeeren, seine bislang und hoffentlich auf ewig einzigen.