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Experten-Tipps für das Fest

Knigge-Regeln für die Weihnachtsfeier

Weihnachtsfeiern im Kreis der Kollegen oder Familie bergen so manche Herausforderungen. Wie die gemeinsame Zeit sowohl zwischenmenschlich als auch in Sachen Tischmanieren zum Erfolg wird, erklärt die Knigge–Expertin Carolin Lüdemann im Interview.

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Bei einer Weihnachtsfeier mit Arbeitskollegen ist das richtige Verhalten zu Tisch besonders wichtig.
Bei einer Weihnachtsfeier mit Arbeitskollegen ist das richtige Verhalten zu Tisch besonders wichtig. Vasyl Dolmatov / iStock via Getty Images

Die Weihnachtsfeiertage rücken immer näher. Während sich viele auf eine besinnliche Zeit freuen, können andere diese nur schwer geniessen. Statt harmonischer Gespräche warten hier Spannungen und Konflikte. Auch Firmenfeiern bergen oft Herausforderungen: Neben der Wahl der passenden Kleidung stehen Fragen zum richtigen Verhalten im Mittelpunkt. Wann gehört die Serviette auf den Schoss? Wann darf man aufstehen? Und wie hält man das Weinglas korrekt?

Knigge–Expertin und Autorin Carolin Lüdemann sprach im Rahmen eines Roborock–Events mit der Nachrichtenagentur spot on news über grundlegende Verhaltensregeln. Dabei listet sie nicht nur wichtige Tischmanieren auf, sondern erklärt auch, welche Benimmregeln im Jahr 2024 überholt sind.

Warum empfinden Sie die Knigge–Regeln als wichtig? Inwiefern prägen sie unsere Gesellschaft?

Carolin Lüdemann: Das ist eine äusserst relevante Frage. Ich werde oft gefragt: «Ist das Thema Umgangsformen überhaupt noch aktuell?» Das kommt daher, dass alle immer an den Freiherrn Knigge denken. Er hat im Jahr 1788 ein Buch geschrieben, das «Über den Umgang mit Menschen» hiess. So könnte man schon die Frage aufwerfen: Soll das bedeuten, dass wir uns heute noch an diesen Empfehlungen orientieren sollen? Nein, das sollen wir nicht, denn damit würden wir nicht glücklich werden. Aber das heisst nicht, dass das Thema nicht mehr aktuell ist, denn das Thema lebt Tag für Tag um uns herum wie kaum ein anderes. Wir fragen uns tagtäglich: Wer darf eigentlich auf einer Treppe vorgehen? Wer darf wem die Tür aufhalten oder welcher Brotteller gehört zu mir? Deswegen meine ich, dass es ein sehr aktuelles Thema ist.

Ist es denn ein zeitgemässes Thema?

Lüdemann: Manchmal denke ich schon, dass das Thema Umgangsformen etwas rückläufig ist, zum einen in Bezug auf den Vorbildcharakter. Ich kann von einer jüngeren Generation nicht erwarten, dass sie etwas lebt, was sie nicht erfährt oder gelernt hat. Aber zum anderen agieren wir in unserer Gesellschaft selbst–zentriert, sind also selbst–fokussiert. Und eigentlich meinen die Knigge–Regeln die Kunst, anderen den Umgang mit uns angenehm zu machen. Aber damit steht eben der andere mit im Fokus und nicht nur wir selbst.

Wenn Familien zusammenkommen, brechen oft unweigerlich Diskussionen aus. Wie funktionieren den Knigge–Regeln zufolge, gesittete Debatten?

Lüdemann: Eine Herausforderung ist, dass wir mit der Familie keinen Small Talk machen. Small Talk würde heissen, wir sprechen mit jemandem, den wir nicht besonders gut kennen und mit dem wir deswegen bei vielen Themen nur an der Oberfläche kratzen. Deswegen kann auch nichts Schlimmes passieren. Bei der Familie ist es sehr wahrscheinlich kein Small Talk, aber dennoch empfiehlt es sich, sich bei solchen Zusammenkünften teilweise an den Small–Talk–Knigge zu halten.

Das heisst, wir sprechen lieber nicht über Konfliktträchtiges, sei es Politik, Religion oder generell Themen, bei denen man eindeutig Position bezieht. Und falls doch so etwas aufkommt, finde ich es geschickt, ein Stichwort rauszunehmen, das gefallen ist, und es in eine andere Richtung zu wenden. Also einen Punkt aufzunehmen und zu sagen: «Apropos, da fällt mir gerade ein...» und darüber zu sprechen. In der Hoffnung, dass das andere Thema in der Zeit alt geworden ist.

Apropos sprechen, worauf sollte man bei Unterhaltungen während des Essens achten? Wie reagiert man auf eine Frage, wenn man gerade den Mund voll hat?

Lüdemann: Gerade deswegen sind Unterhaltungen beim Essen so schwierig. Ich würde bei Geschäftsessen nur Gerichte bestellen, die man schnell und unfallfrei bewältigen kann. Also niemals den grossen Salatteller oder die Spaghetti nehmen, sondern lieber die Rigatoni, weil sie leichter zu essen sind. Mit vollem Mund sollten wir nicht sprechen, aber der Knigge meint auch, dass wir in dieser Situation nicht angesprochen werden sollten. Wir müssen also nach Gefühl entscheiden.

Auch Servietten gehören zu den Tischmanieren. Wo gehören sie hin und wie werden sie nach dem Benutzen abgelegt?

Lüdemann: Ein oberstes Gebot ist: Stoff– und Papierservietten werden gleich behandelt. Wir kämen niemals auf die Idee, eine Stoffserviette in den Teller zu legen und deswegen sollten wir das auch mit Papierservietten nicht machen. Wenn wir uns an den Tisch setzen, dürfen wir die Serviette wegnehmen und legen sie ganz aufgefaltet auf den Schoss. Da bleibt sie auch liegen, bis wir uns das erste Mal den Mund abgetupft haben. Dabei würde man die Serviette vom Knie wegnehmen, sich den Mund abtupfen und sie einmal gefaltet mit der Öffnung zu uns auf den Schoss zurücklegen, damit keiner sieht, was abgetupft wurde. Übrigens dürfte ich, wenn ich eine kleine Fischgräte im Mund habe, diese in der Serviette entsorgen, weil das sonst schwierig ist, sie auf die Gabel zurück und dann an den Tellerrand zu legen. Die Serviette bleibt so lange auf dem Schoss, bis das Menü beendet ist. Beendet ist es erst mit dem Servieren des Kaffees. Erst dann sollten wir aufstehen und die Serviette links von uns zusammengefaltet auf den Tisch legen.

Auch für das Trinken gelten Benimmregeln. Was sind hierbei häufige Fehler? Darf man zum Beispiel noch anstossen?

Lüdemann: Das Anstossen gibt es im beruflichen Kontext nicht mehr. Das hat auch etwas mit der Historie zu tun, weil die Bierkrüge ursprünglich so stark zusammengestossen wurden, dass sich die Flüssigkeiten miteinander vermischt haben. Das war für den Fall, dass der eine dem anderen etwas untermischen wollte. Es war ein Zeichen des Misstrauens, wenn man miteinander angestossen hat. Heute erhebt man beim ersten Schluck das Glas, sieht sich an, prostet sich zu und trinkt einen Schluck. Bevor man es absetzt, erhebt man es nochmal und schaut in die Runde. Danach ist man frei in seinen Entscheidungen und das Leben wird einfacher. Im privaten Kontext stösst man durchaus noch miteinander an. Ein bauchiges Glas sollte man dabei wegen des Schwerpunkts ausserdem am oberen Drittel des Stiels mit drei Fingern halten.

Beim gemütlichen Zusammensein kommen die Gerichte oft gesammelt auf den Tisch. Wer ist bei der Verteilung als Erstes an der Reihe und worauf sollte man achten?

Lüdemann: Man kann eine Art Hierarchie berücksichtigen, auch wenn es im Familiären ein etwas seltsam anmutender Begriff ist. Wenn man nach der Hierarchie geht, dann wird man zuerst den älteren Damen etwas geben und dann ihrem Alter entsprechend den übrigen Frauen. Danach sind nach demselben Prinzip die Männer an der Reihe. Wichtig finde ich aber, dass diejenigen, die schon etwas haben, schon mit dem Essen anfangen.

Wie lautet der Dresscode bei Weihnachtsfeiern von Firmen? Und gilt hier das Motto, lieber overdressed als underdressed zu sein?

Lüdemann: Beides ist schwierig, deshalb entscheidet man es im Vorfeld anhand der Rahmenbedingungen. Man überlegt: Wo gehe ich denn hin? Wenn wir ins Sternerestaurant gehen, kleiden wir uns anders, als wenn wir beschlossen haben, die Weihnachtsfeier auf der Kegelbahn abzuhalten. Aber es ist leichter, etwas abzulegen, als es sich herbeizuwünschen. Im Zweifelsfall würde ich mit etwas mehr ins Rennen gehen, denn den Blazer kann ich später immer noch ausziehen. Bei Weihnachtsfeiern ist es übrigens immer der grösste Fehler, nicht hinzugehen.

Von SpotOn vor 10 Stunden