1. Home
  2. News
  3. Neujahrsvorsätze: Warum sie scheitern und wie man sie einhält
Experte im Interview

Neujahrsvorsätze: Warum sie scheitern und wie man sie einhält

Neujahrsvorsätze haben meist nur eine kurze Lebensdauer. Ganz egal, wie ambitioniert man ins neue Jahr gestartet ist, die Motivation hält selten über den Januar hinaus an. Ein Experte erklärt, woran das liegt und gibt Tipps, damit es dieses Mal wirklich klappt.

Artikel teilen

Um Neujahrsvorsätze einzuhalten reicht oft schon die richtige Strategie.
Um Neujahrsvorsätze einzuhalten reicht oft schon die richtige Strategie. iStock via Getty Images/Pikusisi-Studio

Mehr Sport treiben, sich gesünder ernähren und abnehmen gehören zu den häufigsten Neujahrsvorsätzen der Deutschen. Das zeigt eine aktuelle Umfrage von Statista. Eine etwas ältere Umfrage aus dem Jahr 2019 präsentiert aber ein ernüchterndes Ergebnis: Demnach gaben knapp 40 Prozent der Befragten ihre guten Vorsätze noch vor Ende des Januars auf.

Neurowissenschaftler und Gedächtnissportler Dr. Boris Nikolai Konrad geht davon aus, dass es noch weit mehr sind. «Sicher mehr als die Hälfte der guten Vorsätze hat sich Mitte Januar schon erledigt. Ich würde vermuten, das geht eher Richtung 80 Prozent», so Konrad im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news. Er erklärt, woran es liegt, dass gute Vorsätze scheitern und gibt Tipps, damit sie diesmal wirklich eingehalten werden.

Herr Konrad, liegt es an der Disziplin, wenn Neujahrsvorsätze scheitern?

Dr. Boris Nikolai Konrad: Disziplin spielt eine Rolle, aber sie ist nicht alles. Studien zeigen, dass fehlende Willenskraft oft als Grund für Rückschläge angegeben wird, wenn man jedoch weiter nachforscht, fehlte es an Strategien. Es geht also eher darum, Rahmenbedingungen zu schaffen, die das Durchhalten erleichtern, anstatt sich allein auf Disziplin zu verlassen.

Nehmen wir uns zu viel vor oder vielleicht das Falsche?

Dr. Konrad: Beides kann zutreffen! Wer sagt: «Ich will ab sofort gesünder essen, mehr Sport treiben, kein Alkohol mehr trinken, mehr verdienen, und sowieso mehr Zeit für die Familie haben!» kann auch sagen: «Ich will mein Leben auf den Kopf stellen!» und weiss jetzt schon, das wird nichts.

Ambitionierte Ziele sind durchaus in Ordnung, sie sollten aber so formuliert werden, dass die kleinen Schritte konkret benannt werden. Statt «Ich will gesünder, fitter und sportlicher werden!» ist es viel erfolgversprechender zu sagen: «Ich sorge jeden Abend dafür, dass die Sportschuhe neben der Schlafzimmertür stehen und ich sie morgens als Erstes sehe.»

Und klare Schritte sind wichtig. In meinem Buch «Mehr Platz im Gehirn» zeige ich den Lesern, wie man schon in nur 30 Tagen seine Gedächtnisleistung enorm steigern kann. Das wirkt unmöglich. Mit dabei sind aber 30 konkrete Schritte bzw. Aufgaben. Tag 1 erledigen? Gut, das ist dann doch nicht so schwer. Und über diesen Erfolg steigern sich die Menschen dann Tag für Tag in Bereiche, die sie anfangs nicht für möglich gehalten hätten.

Nach welchen Kriterien sollte man seine guten Vorsätze machen, damit sie eine Chance auf Umsetzung haben?

Dr. Konrad: Oft zitiert, aber das auch zurecht, ist die SMART Regel:

Man sollte seinen Vorsatz so formulieren, dass er spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert ist. Statt zu sagen «Ich möchte dieses Jahr mehr Bücher lesen.» Lieber SMART: «Ich lese jeden Abend vor dem Schlafengehen zehn Minuten in einem Sachbuch, um bis Ende März drei Bücher zu beenden.»

Studien zeigen auch, dass Vorsätze, etwas Neues zu erreichen, besser eingehalten werden, als Vorsätze, etwas aufzugeben. «Mehr Gesundes zu essen» ist besser als «Nicht mehr Naschen».

Und, da bin ich als Lernexperte vielleicht voreingenommen, ich würde immer empfehlen einen bestimmten Vorsatz zu haben, etwas ganz Neues zu lernen! Das hält unser Gehirn und Gedächtnis langfristig fit und hält uns geistig in Bewegung.

Viele Neujahrsvorsätze sind eng an lang gehegten Gewohnheiten gekoppelt. Wieso fällt es so schwer, diese zu durchbrechen?

Dr. Konrad: Gewohnheiten sind wie Autobahnen in unserem Gehirn: leicht zu fahren und schwer zu verlassen. Sie werden durch Belohnungsschleifen gestützt, die erst durch bewusste Interventionen unterbrochen werden müssen.

Das Belohnungssystem im Hirn, was schlechte Angewohnheiten unterstützt, kann dann umgedreht auch zum Erfolg verhelfen: Kleine Zwischenschritte setzen, um so «Quick Wins» zu erreichen. Statt nur zu sagen: «Ich verschwende 2025 weniger Zeit mit Social Media», kann ich mir gleich einen Wecker für den 8. Januar stellen und in der Bildschirmzeit schauen. Habe ich es in der ersten Woche trotz Dutzender Neujahrsgrüssen geschafft, weniger auf Social Media zu sein? Klasse! Nächste Woche gehen noch ein paar Minuten runter!

Welches Vorgehen empfehlen Sie, um neue Routinen aufzubauen?

Dr. Konrad: Da gibt es verschiedene Strategien. Etwa, die neue Routine sichtbar zu machen, wie mit den Sportschuhen vor der Zimmertür oder der Obstschale, die immer mitten auf dem Wohnzimmertisch steht.

Wirkt die neue Routine von sich aus wenig attraktiv, kann ich mir vorab überlegen, wie ich das schöner mache: Welche Musik will ich beim Laufen hören? Wie richte ich mir den Arbeitsplatz bequemer ein, wenn ich mehr oder etwas Neues lernen will?

Ist Neujahr überhaupt der beste Zeitpunkt, um etwas zu verändern?

Dr. Konrad: Sicher nicht der einzige, aber tatsächlich können zeitliche Grenzen wie eben Neujahr oder auch der eigene Geburtstag helfen, einen Neustart mental zu verankern und sich von vergangenen Misserfolgen zu lösen. Unser Hirn ist durch sogenannte Kontexte geprägt, und der Wechsel vom zeitlichen Kontext – welches Jahr ist es – spielt schon eine Rolle und kann hier ausgenutzt werden.

Von SpotOn vor 4 Stunden