Zähne sind wie eine Visitenkarte: Ein schönes Lächeln kann Türen öffnen, Sympathien gewinnen und Selbstbewusstsein ausstrahlen. Doch leider ist nicht jeder mit geraden, strahlenden Hollywood–Zähnen gesegnet. Woran liegt es, dass viele Menschen auch im Erwachsenenalter noch schiefe und gelbe Zähne entwickeln? Und ist die Zahnfarbe wirklich ein Indikator für die Zahngesundheit? Dr. Jochen H. Schmidt, zahnärztlicher Leiter des Carree Dental in Köln, erklärt im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news, weshalb schiefe Zähne mehr sind als ein rein ästhetisches Problem, welche Korrekturmöglichkeiten für Erwachsene infrage kommen und ob Bleaching immer die beste Lösung für weisse Zähne ist.
Was sind die häufigsten Ursachen für gelbe Zähne? Steckt dahinter immer eine schlechte Zahnhygiene?
Dr. Jochen H. Schmidt: Nein, schöne, strahlend weisse Zähne sind ein Glücksfall. Selbst das gründlichste Zähneputzen bringt kaum etwas, wenn die Natur nicht mitspielt. Denn unsere Zahnfarbe ist – wie auch die Haarfarbe – genetisch festgelegt. Das heisst: Bereits vor der Geburt steht fest, ob der Grundton ein blitzblankes Weiss ist oder eher gelblich ausfällt. Zudem spielen Faktoren wie Alter oder Dicke der Zahnschmelzschicht eine Rolle: Wird der Zahnschmelz im Laufe des Lebens dünner, so schimmert das darunter liegende Zahnbein immer dunkler durch – da helfen auch gründliches Zähneputzen oder Power–Bleachings nichts.
Wie kann man verfärbte Zähne wieder aufhellen? Raten Sie zum Bleaching?
Dr. Schmidt: Haben sich erhebliche Verfärbungen im Zahnschmelz abgelagert, so hilft oft nur noch ein Bleaching: Bei dieser Methode verändert eine chemische Oxidation die Farbpigmente im Zahnschmelz so sehr, dass die Zähne anschliessend hell und sauber wirken. In Frage kommt ein Bleaching aber nur dann, wenn Zähne und Zahnfleisch gesund sind. Der einfache Grund: Bei Karies oder frei liegenden Zahnhälsen kann das Bleichgel in das Zahninnere gelangen und im schlimmsten Fall Nerven schädigen. Wirkungslos ist diese Methode übrigens bei Kronen, Füllungen oder Veneers, da generell nur der natürliche Zahnschmelz farblich aufgehellt werden kann. Vor jedem Bleaching sollte grundsätzlich eine professionelle Zahnreinigung durchgeführt werden.
Ist Zahnpasta, die weissere Zähne verspricht, wirklich effektiv?
Dr. Schmidt: Haben Kaffee, Tee, Rotwein und Tabak bereits ihre Spuren hinterlassen, so können spezielle Zahnpasten dank des Wirkstoffs Titanoxid Zahnoberflächen aufhellen. Doch Vorsicht: Manche Produkte reiben den Zahnschmelz stark ab und sollten deshalb nicht täglich angewendet werden. Am besten zuvor den Zahnarzt fragen. Sind die Zähne von Natur aus gelblich, so zeigen Weissmacher–Zahncremes übrigens kaum einen Effekt. Und wer freiliegende Zahnhälse hat, der sollte ganz darauf verzichten.
Warum treten Zahnfehlstellungen oft erst im Erwachsenenalter auf – auch wenn die Zähne in der Jugend gerade waren?
Dr. Schmidt: In vielen Fällen sind schiefe Zähne angeboren. Aber auch frühkindliches «Fehlverhalten» wie intensives Nuckeln am Schnuller oder das Lutschen am Daumen können Auslöser sein. Oftmals geraten unsere Zähne aber in der Tat erst im Erwachsenenalter «auf die schiefe Bahn» – etwa durch ungenügende Zahnpflege, kontinuierliche Fehlbelastungen oder nächtliches Zähneknirschen. Manchmal führt auch ein durchbrechender Weisheitszahn zur Schieflage. Im Gegensatz zu Fehlstellungen des Kiefers ist es für eine Zahnkorrektur auch im Erwachsenenalter nicht zu spät.
Wie lässt sich das vermeiden?
Dr. Schmidt: Neben einer gründlichen und intensiven Mundhygiene ist es wichtig, eine Zahnlücke frühzeitig zu schliessen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die benachbarten Zähne ihren Halt verlieren und in die entstandene Nische driften. Dort kippen sie regelrecht weg. Darüber hinaus bieten regelmässige Kontrollbesuche beim Zahnarzt die beste Möglichkeit, um Ursachen für Fehlstellungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Ist es immer sinnvoll, kleine Lücken oder Fehlstellungen zu korrigieren? Oder dürfen Zähne auch ein bisschen schief sein?
Dr. Schmidt: Vielfach erfordern leicht schiefe Zähne keine zahnmedizinische Korrektur. Ist der Zahn aber in einer erheblichen Schieflage, so ist eine Behandlung wegen der möglichen negativen Folgen meist unerlässlich, wie bereits erläutert.
Zu einer Zahnlücke kommt es oftmals nicht durch einen fehlenden Zahn, sondern durch ein Diastema (griech. Zwischenraum). In diesem Fall stehen lediglich zwei Zähne zu weit auseinander. Betroffen von dieser Fehlstellung sind oft die oberen Eck– und Schneidezähne. Bei nicht zu breiten Lücken können Veneers (engl. Abdeckung, Fassade) helfen. Diese hauchdünnen Verblendschalen aus Keramik werden passgenau angefertigt und per Spezialkleber auf den äusseren Zahnflächen befestigt. Auch Kronen sind eine Möglichkeit, die Lücke zu kaschieren. Werden Kaufunktion und Artikulation nicht beeinträchtigt, so ist zahnmedizinisch keine Behandlung erforderlich. Meist entscheiden sich die Betroffenen aus rein ästhetischen Gründen für eine Korrektur.
Welche gesundheitlichen Risiken können durch schiefe Zähne entstehen, abgesehen von ästhetischen Problemen?
Dr. Schmidt: Fehlende oder schiefe Zähne sind vor allem im Frontbereich nicht gerade der Hingucker. Neben rein ästhetischen Beeinträchtigungen gibt es jedoch auch erhebliche Risiken für die Zahngesundheit: So werden meist benachbarte Zähne stärker belastet, wie bereits erwähnt. Die Folge: Fehlbelastungen, Knochenabbau und gegebenenfalls weiterer Zahnverlust. Ausserdem drohen Störungen der Kaufunktion und des Sprechvermögens sowie Nackenverspannungen durch Fehlbelastungen. Zudem kann die eingeschränkte Hygienefähigkeit bei extremen Engstand Karies begünstigen.
Was viele nicht wissen: Zahnfehlstellungen können sich auf den ganzen Organismus negativ auswirken. Denn: Über Muskeln und Nerven ist der Kiefer mit der Wirbelsäule verbunden. Schon der Verlust eines einzigen Zahns kann da weitreichende Folgen für die gesamte Körperstatik haben. Häufige Folge: scheinbar unerklärliche Kopfschmerzen, Schwindel oder Kreuzbeschwerden bis hin zur Migräne.
Welche Optionen gibt es speziell für Erwachsene, die eine Zahnkorrektur in Erwägung ziehen?
Dr. Schmidt: Eine Standard–Methode gegen schiefe Zähne ist die Korrektur durch festsitzende Brackets (Dt. Klammern). Diese kleinen Keramik–, Metall– oder Kunststoff–Plättchen werden auf die Zähne geklebt und mit einem Draht gespannt. Durch den permanenten Druck rutschen die störenden Zähne in die optimale Positur. Dezenter präsentieren sich sogenannte Aligner (Engl.: to align something = etwas begradigen): Dank ihrer Transparenz sind diese Zahnschienen kaum erkennbar. Bei starken Fehlstellungen führt jedoch nach wie vor an herkömmlichen Brackets kein Weg vorbei.
Dr. Jochen H. Schmidt ist zahnärztlicher Leiter des Carree Dental in Köln. Er besitzt den akademischen Zusatztitel des «Master of Science in Oral Implantology and Surgery».