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Blutiges Comeback aus dem Hinterhalt

Später Oscar-Triumph für Demi Moore?

Demi Moore war Hollywoods Schönheitsideal – bis sie es nicht mehr war. Jetzt feiert sie mit «The Substance» ein radikales Comeback: alt, entstellt, befreit. Und zum ersten Mal in ihrer Karriere hat sie eine Chance auf den Oscar.

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Sicher mehr als eine «Popcorn-Schauspielerin»: Demi Moore in «The Substance».
Sicher mehr als eine «Popcorn-Schauspielerin»: Demi Moore in «The Substance». Universal Studios/Christine Tamalet/MUBI

Mit 62 Jahren hat Demi Moore endlich die Jagd nach Perfektion aufgegeben. Und endlich bekommt sie die Anerkennung, die ihr so lange verwehrt geblieben war. Für ihre Rolle im Horrorfilm «The Substance» bekam sie ihren ersten Golden Globe, ihre erste Oscar–Nominierung, den SAG–Award – und vielleicht sogar am 3. März ihren ersten Goldjungen.

Passenderweise dreht sich der Film ebenfalls um die Jagd nach Perfektion – äusserlicher, jugendlicher Perfektion, der jede Frau nicht nur in Hollywood unterworfen ist. Als Elizabeth Sparkle kämpft Moore unter der Regie von Coralie Fargeat (48) gegen das Altern, das droht, sie aus ihrer Karriere zu drängen. An der Rolle interessierten sie besonders, «die Umstände einer Frau in der Unterhaltungsindustrie, die mit Ablehnung und tiefer Verzweiflung konfrontiert ist. Alles, was in ihrem Leben von Bedeutung zu sein schien, wird herausgerissen», erzählte sie 2024 dem «Guardian». Die Parallelen zu ihrer eigenen Karriere sind offensichtlich.

Bewundert für ihre Schönheit, belächelt für ihre Ambitionen

Demi Moore ist ein lebendes Beispiel für den Sexismus Hollywoods der letzten Jahrzehnte. In den 80er– und 90er–Jahren wurde sie mit Filmen wie «Ghost – Nachricht von Sam» oder «Ein unmoralisches Angebot» zum Superstar – bewundert für ihre Schönheit, belächelt für ihre Ambitionen. In «Eine Frage der Ehre» und «Die Akte Jane» spielte sie Frauen, die gegen männliche Machtstrukturen kämpfen mussten – und musste sich dafür von einem Produzenten den Spruch anhören: «Wenn Tom [Cruise, ihr Kollege in »Eine Frage der Ehre«] und Demi nicht miteinander schlafen, warum ist Demi dann eine Frau?»

Doch nicht nur auf der Leinwand, auch in ihrem echten Leben hatte Moore mit sexistischer Doppelmoral zu kämpfen. Ihr schwangerer Körper auf dem Cover der «Vanity Fair» wurde 1991 als pornografisch bezeichnet und löste einen Skandal aus. Ihre Gage von zwölf Millionen Dollar für «Striptease» – damals die höchste Summe, die eine Schauspielerin je ausgehandelt hatte – wurde mit Häme bedacht. Während ihr damaliger Ehemann Bruce Willis (69) für «Stirb langsam» fast das Doppelte kassierte, musste sie sich Schlagzeilen wie «Gimme Moore» gefallen lassen.

Aber Moore hatte schon Schlimmeres hinter sich. In ihrer 2019 erschienenen Biografie «Inside Out» beschrieb sie ihre düstere Kindheit mit einer suizidalen Mutter und einem gewalttätigen Vater, einer Vergewaltigung durch einen «Freund der Familie» sowie Alkohol– und Kokainprobleme und Essstörungen. 20 Jahre war sie trocken, bis Ashton Kutcher (47) in ihr Leben trat, das «Konzept» Alkoholsucht anzweifelte und sie wieder zum Trinken brachte. Die Ehe der beiden – ebenfalls begleitet von hämischen Schlagzeilen über den Altersunterschied von 16 Jahren – endete nach sechs Jahren mit dem nächsten Tiefpunkt in Moores Leben. Kutcher hatte Moore betrogen und gedemütigt, sie hatte sich wieder einmal «verloren», wie sie in einem Interview mit «People» beschreibt. Und wieder ging der Kampf los: Gegen die öffentliche Meinung von ihr, gegen ihre Süchte, gegen den eigenen Körper.

Endlich nicht mehr schön

Inmitten dieses Tiefpunkts kam das Drehbuch von «The Substance». Man kann diesen Kampf in ihrer Schauspielleistung von «The Substance» sehen. Mit dem Body–Horror–Film befreit sie sich erstmals von dem Druck, schön sein zu müssen. Ihre Rolle altert immer schneller und schrecklicher, während ihr junges Alter Ego, gespielt von Margaret Qualley (30), die strahlende Schönheit mimt. Eine Befreiung, wie Moore dem «Guardian» sagte: «Ich bin die ganze Zeit über degradiert, und ich wusste von Anfang an, dass ich nicht auf die glamouröseste Art und Weise gezeigt werden würde, ohne Weichzeichner. Eher das Gegenteil war der Fall. Aber das hatte etwas Befreiendes an sich.»

Nach Jahrzehnten der Perfektionserwartung zeigt Demi Moore sich erstmals ungeschönt – und wird genau dafür gefeiert. Den Golden Globe als «Beste Hauptdarstellerin Musical/Komödie» (wovon man sich bei der brutalen Satire nicht täuschen lassen sollte) nahm sie im Januar 2025 sichtlich überwältigt an. In ihrer Rede erzählte sie, dass ihr einst ein Produzent abfällig den Titel «Popcorn–Schauspielerin» gegeben hätte und sie lange daran geglaubt habe, dass mehr wohl nicht für sie drin sei. 30 Jahre später hat sie das Gegenteil bewiesen – nicht nur ihm, sondern vor allem sich selbst.

Von SpotOn vor 40 Minuten