Ja, er ist der Sohn von «Arnie»! Und das ist unverkennbar, wenn man Patrick Schwarzenegger mit seiner athletischen Statur zum ersten Mal in der Hit-Fernsehserie «The White Lotus» sieht: in Bermudas, mit denselben muskulösen Konturen wie Schwarzenegger senior – wenn auch filigraner. Die Leinwand bespielt der 31-Jährige schon länger. Aber sein Auftritt in der dritten Staffel der Sozialsatire verhilft ihm nun zum Durchbruch. Wir haben Schwarzenegger junior, gähnend und mit Jetlag, in Berlin getroffen – zum Gespräch über seinen berühmten Vater, Nacktszenen und Politik.
Patrick Schwarzenegger, hatten Sie Vorbehalte, als «der Sohn von» Schauspieler zu werden?
Nein. Mir war klar, dass die Fussstapfen, in die ich trete, gross sind. Aber das sollte mich nicht daran hindern, das zu tun, womit ich mein Leben verbringen will. Natürlich ist der Schatten meines Vaters immens, natürlich sind seine Fussstapfen eindrucksvoll. Deswegen konzentriere ich mich gar nicht erst darauf, sondern sehe zu, dass ich lerne, wachse und meinen eigenen Weg gehe. Genauso wenig will ich mich darauf konzentrieren, ihn zu übertreffen.
Sind Sie an Filmsets aufgewachsen?
Ja! (Lacht.) Junge Menschen sind ja immer offen für den Beruf ihrer Eltern. Das ist nun mal das, wovon Kids am meisten mitbekommen. Mein Interesse wurde dadurch geweckt, dass ich meinen Vater schon mit drei, vier Jahren an Filmsets begleitete, eigentlich so lange, bis er für das Amt des Gouverneurs von Kalifornien kandidierte. Und natürlich faszinierte es mich. Wäre er Lehrer, Friseur oder was auch immer gewesen, hätte ich wohl diesen Beruf interessant gefunden. Aber so hatte ich die Schauspielerei im Auge. Ich schwankte schon mal, fragte mich, ob meine Liebe dafür dem Druck standhält. Aber dann habe ich es probiert, es hat mir gefallen und mich nicht mehr losgelassen.
Wie haben Ihre Eltern reagiert?
Sie haben immer an mich geglaubt. Und hätten mich immer unterstützt, wenn ich hart arbeite und kontinuierlich Schritte mache, um mein Ziel zu erreichen. Es spielte keine Rolle, für welchen Beruf ich mich entschied, solange ich Leidenschaft dafür hegte.
In «The White Lotus» spielen Sie den oberflächlichen Sonnyboy Saxon. Was hat Sie an der Rolle dieses Narzissten gereizt?
Wie ernst und wichtig der Kerl sich nimmt. Er glaubt an all das, was er äussert und anderen ins Gesicht wirft. Er ist frei von jeglichem Zweifel – schon daraus resultiert ein Grossteil des Humors in der Staffel. Saxon meint alles bierernst, die Ratschläge an seinen jüngeren Bruder, was er von seiner Schwester hält oder wie er Pornos konsumiert. Er ist frei von Ironie. Es ist für einen Schauspieler ein Geschenk, diesen lächerlichen, schrägen Typen zu spielen.
Ist Saxon der Prototyp der viel gescholtenen «toxischen Männlichkeit»?
Ja, das ist er wohl. Es ist gar nicht so einfach zu bestimmen, wofür genau dieser Begriff steht. Aber Saxon hat auf jeden Fall toxische Eigenschaften. In seiner Welt ist das Wort «falsch» nicht vorgesehen. Seine Eltern sind nicht nur reich, sondern extremistische Kapitalisten, ihr Credo lautet: «Wir müssen unseren Kindern beibringen, sich vor Armut zu fürchten.» (Lacht.)
Auch Sie wuchsen im Wohlstand auf. Waren Sie kein verwöhntes Celebrity- oder Partykind?
No way! Ich glaube, ich wurde einfach ziemlich gut erzogen. Bei uns zu Hause waren Werte wichtig. Meine Eltern kommen ja aus sehr unterschiedlichen Verhältnissen: Ihre jeweilige Familiensituation unterscheidet sich komplett, ihre Erziehung ebenso. Nicht nur, dass sie aus zwei sehr verschiedenen Ländern stammen, den USA und Österreich, eigentlich kommen sie von entgegengesetzten Enden des gesellschaftlichen Spektrums.
«Mein Vater hat sich den Arsch aufgerissen, um ein gutes Leben zu haben»: Patrick und «Terminator» Arnold Schwarzenegger (77).
Variety via Getty ImagesIhre Mutter Maria Shriver gehört zum Kennedy-Clan, dem US-Politadel. Ihr steirischer Vater schaffte es vom Bodybuilder zum US-Gouverneur, verkörpert den amerikanischen Traum.
Ich denke, es war eine perfekte Verbindung von Gegensätzen. Die beiden brachten als Eltern völlig unterschiedliche Eigenschaften ein, eben das, was ihnen in ihren jeweiligen Welten und Familien beigebracht worden war.
Ging es streng zu im Hause Schwarzenegger?
Die Eltern meiner Mutter waren sehr streng, und die Seite meines Vaters war offenbar extrem streng, rau und brutal. Es war halt eine andere Ära. Mein Vater hat gelernt zu erkennen, was für ihn funktioniert, was er akzeptiert, was nicht. Oder was ihn so verärgert hat, dass er seine Familie verlassen und aus Österreich weggehen wollte. Das half ihm, so entschlossen zu sein, so hart zu arbeiten. Das Gleiche gilt für meine Mutter. Ich glaube, dass sie aus ihren eigenen Geschichten ihre Vorstellungen und Werte schnitzten, die sie uns Kindern zugutekommen liessen.
Wie eng ist Ihr Verhältnis zu Österreich, besonders zu Graz?
Österreich fühlt sich definitiv wie ein zweites Zuhause an. Ich reise immer gern nach Graz, auch an andere Orte. Zur Weihnachtszeit im «Stanglwirt» und beim Hahnenkamm-Skirennen zu sein, ist für mich das Grösste.
Sie haben eine echte Beziehung zur Heimat Ihres Vaters?
Ja, unbedingt. Es ist, als gäbe es dort für mich etwas Besonderes zu entdecken, als fände ich einen Teil meiner Wurzeln, meiner Herkunft und meiner Familie wieder. Immerhin hat dort das Leben meines Vaters stattgefunden, das er vor uns führte. Ich freue mich, stets etwas Neues aus seiner – also auch unserer – Vergangenheit zu erfahren und nachzuvollziehen, wie sich das Leben damals für ihn anfühlte.
Wie gut sprechen Sie Deutsch?
Nicht sehr gut. Ich habe ein paar Jahre Deutschkurse an der Schule und der Uni belegt, aber die Sprache leider seit über zehn Jahren nicht mehr gesprochen. In Los Angeles habe ich niemanden zum Üben. Wenn man nicht dauernd übt, vergisst man eine Sprache. Ich fürchte, 99 Prozent dessen, was ich mal gelernt habe, ist weg.
Sie könnten sich doch mit Ihrem Vater unterhalten.
Ja. Aber ich wohne seit 15 Jahren nicht mehr zu Hause. Wenn ich die Sprache als Kind gelernt hätte und täglich mit ihm gesprochen hätte, wäre es anderes. Jetzt ist es dafür zu spät.
Von Ihrer Erscheinung her könnten Sie den eindimensionalen Strahlehelden spielen. Sie bevorzugen den moralisch fragwürdigen Hallodri. Warum?
So einer macht mir einfach mehr Spass! Es kann sicher cool sein, emotional flachere Rollen zu spielen. Aber ich stehe auf Charaktere mit dramatischen Wendungen. Hinter vielen Figuren aus «The White Lotus» verbirgt sich tiefer Zorn oder ein anderes emotionales Geschwür, das mehr und mehr die Kontrolle übernimmt. Das ist das Schöne an dieser Staffel: Man kann einen echten Handlungs- und Wandlungsbogen erleben.
Die Schwarzeneggers: Maria Shriver und Arnold (seit 2021 geschieden) 2006 mit den Kindern Christina, Katherine, Christopher und Patrick (v. l.).
E. CharbonneauFür den Dreh verbrachten Sie viel Zeit in Thailand.
Sieben Monate waren echt lang. Aber auf einer Insel wie Ko Samui fühlte es sich wie eine Auszeit an: der Strand, das köstliche Essen, Sport, Abhängen und mit Kollegen Filme schauen. Bei der Premiere konnte ich die ganze Filmfamilie wiedersehen. Manchmal kommt es mir vor, als wäre seit dem Dreh viel Zeit vergangen, dann wieder, als wäre es gestern gewesen.
Saxon, ihre Figur, pumpt am liebsten im Gym und ernährt sich von Proteinshakes. Ein Augenzwinkern in Richtung Ihres Daddys?
Nein, ich glaube, es war einfach etwas, das dem Drehbuchautor Mike White an dieser Figur gefiel. Es spielt auch in die Beziehung mit seinem jüngeren Bruder hinein, dem er ständig zu Sex und zu Muskeln verhelfen will.
Sie sind auch hüllenlos zu sehen. Kein Problem mit Nacktheit vor der Kamera?
Es ist für mich keine grosse Sache, weil ich nicht aus meiner Perspektive darüber nachdenke, sondern nur als Saxon. Das ist schwierig, aber wichtig: Es geht nicht darum, was für Patrick normal ist. Es geht darum, was für die Figur real, wahr und wichtig ist.
Mussten Sie sich für die Rolle Extra-Muskeln antrainieren?
In den paar Wochen von der Zusage bis zum Drehstart habe ich trainiert und trainiert und trainiert. Sonst gehe ich «nur» vier, fünf Tage pro Woche ins Gym, nicht nur, um gut auszusehen, sondern auch, um mich gut zu fühlen. Ich fühle mich einfach wie ein anderer Mensch, wenn ich trainiere.
Seit zehn Jahren ein Paar, seit 2023 verlobt: Patrick Schwarzenegger mit seiner Freundin, dem Model Abby Champion, 28.
Variety via Getty ImagesWie erleben Sie als Halb-Europäer und Halb-Amerikaner die Spannungen zwischen Europa und den USA, seit Trump wieder im Oval Office sitzt?
Ich habe den Vorteil, mehrere Standpunkte zu verstehen, was nicht viele Leute können. Ich bin sehr stolz und glücklich, dass ich Amerikaner bin. Ich weiss es auch sehr zu schätzen, dass mein Vater sich den Arsch aufgerissen hat, um sich in den USA ein gutes Leben aufzubauen. Trotzdem lehrte er uns, seine Herkunft und seinen Werdegang zu respektieren: Es forderte ihm viel ab, es in einem anderen Land zu etwas zu bringen, später nochmals in einem ganz neuen Bereich, der Politik.
Und, teilen Sie seine politische Überzeugung? Immerhin war er republikanischer Gouverneur in einem sonst demokratischen Bundesstaat – Kalifornien.
Eines der einzigartigen Dinge in meinem Leben ist, dass ich in einer Familie aufgewachsen bin, in der beide Seiten gleichzeitig am selben Tisch sassen.
Die Familie Ihrer Mutter ist traditionell demokratisch orientiert. Sie wuchsen mit Politdebatten auf?
Damals war es zwar ganz anders als heute, aber ja. Ich genoss die sehr seltene Möglichkeit, mit unterschiedlichen politischen Standpunkten aufzuwachsen. So lernte ich beide Seiten zu verstehen und immer die Argumente beider Seiten abzuwägen – die meiner Mutter und die meines Vaters.