Vor 42 Jahren stand die legendäre Band Abba zum letzten Mal in Japan auf der Bühne, zwei Jahre darauf löste sich die schwedische Gruppe endgültig auf. Damals liessen sie verlauten, dass es kein Comeback geben werde. Die Gründe dafür waren Streitereien unter den Bandmitgliedern und die Tatsache, dass die Lust auf Bühnenauftritte ziemlich verflogen war. Letztes Jahr meldeten sich Abba dann plötzlich mit dem neuen Album «Voyage» zurück und am Donnerstag, 27. Mai 2022, feierten sie in London die Premiere ihrer Mega-Show mit dem gleichen Titel.
Für das Musik-Spektakel wurde in London eigens eine sechseckige Abba-Arena für 3'000 Besucher gebaut, in deren Inneren eine Menge Hightech die Illusion eines echten Abba-Konzertes aus dem Jahr 1979 simuliert wird. Fünf Jahre lang tüftelte die Firma von «Star Wars»-Regisseur George Lucas an der Technik, mit der auf riesigen Bildschirmen mit 65 Millionen Pixeln sogenannte Abbatare dreidimensional auf der Bühne erscheinen. Die Musik dazu kommt immerhin von einer echten Band, sie wird von fast 300 Lautsprecher ins Publikum geblasen.
Wer an der Premiere in London anwesend war – unter ihnen Model Kate Moss und das schwedische Regentenpaar König Carl Gustaf mit Königin Silvia – erlag beinahe der perfekten Täuschung. «Als die Abbatare den Abend mit dem Stück ‹The Visitors› eröffnen, kann man, zumal aus den hinteren Reihen des Saals, keinen Unterschied zu physisch anwesenden Menschen erkennen», urteilt die deutsche Zeitung «Die Zeit». Einzig die Tatsache, dass die Abbatare immer auf der gleichen Ebene performen und nicht auf das Publikum zugehen können, trübe den Eindruck eines echten Abba-Konzerts. Besonders die weiblichen Abba-Mitglieder kommen in der «Die Zeit»-Kritik schlecht weg. «Agnetha Fältskog und Anni-Frid Lyngstad leiden unter einer gewissen Steifheit», wird bemängelt.
Die hölzern wirkenden Abba-Damen sind aber nicht das Werk eine bösartigen Programmierers, sondern wohl darauf zurückzuführen, dass sich Agneta und Anni-Frid wohl genau so bewegt haben, als man ihre Abbatare entwickelte. Denn zumindest ein einziges Mal stand die ganze Formation nämlich so im Studio und liess sich fünf Tage lang von dutzenden Kameras aufnehmen, damit sie nun verjüngt auf den Bildschirmen in London das Publikum verzücken können.
Abba «Voyage» ist eine beeindruckende Show mit beeindruckender Technik und wer Abba-Fan ist, der kommt in London sicherlich auf seine Kosten. Die Tickets sind ausserdem ziemlich erschwinglich. Ab 25 Franken ist man dabei, die besten Plätze kosten etwas mehr als 170 Franken.
Das Schönste an der digitalen Retro-Inszenierung ist aber die virtuelle Versöhnung der lange verkrachten Bandmitgliedern. Zum Schluss gibt es zwischen Benny, Agnetha, Anni-Frid und Björn nämlich sogar innige Umarmungen (zumindest virtuell) und darum, wie «Die Zeit» schreibt, im Publikum einige Tränen der Rührung.