An dieser Frau ist alles ausser gewöhnlich: Billie Eilish ist die erste Frau in der 62-jährigen Geschichte der Grammy-Awards, die den Preis in allen Hauptkategorien abräumt – für Song des Jahres, Aufnahme des Jahres, Album des Jahres und als Beste neue Künstlerin. Dem Aussergewöhnlichen setzt sie vergangenen Sonntag noch eins drauf und holt sich als fünfte Trophäe die fürs Beste Popgesangs-Album. Gerade erst volljährig geworden (sie feierte ihren 18. Geburtstag am 18. Dezember), hat Billie Eilish Pirate Baird O’Connell, wie der Pop-Megastar mit bürgerlichem Namen heisst, schon Musikgeschichte geschrieben.
In ihrem Kopf hat jeder Song eine Zahl und Farbe
So aussergewöhnlich ihr Riecher für Musik erscheint, bei Eilish ist er wörtlich zu verstehen: Die US-Amerikanerin mit schottischen und irischen Wurzeln leidet nicht nur an einer Form von Tourette (sie rollt unkontrolliert mit den Augen), sondern zusätzlich an Synästhesie – ein neurobiologisches Phänomen, das die Kopplung für gewöhnlich getrennter Sinne bezeichnet. Wie das ihr Leben beeinflusst, erklärt sie im Musikmagazin «Rolling Stone» so: «Jede Person, die ich kenne, hat in meinem Kopf eine eigene Zahl, Form und Farbe, aber das ist für mich normal.» Ihr Song «Bad Guy» sei gelb, aber auch rot, und hat die Zahl sieben. «Er ist nicht heiss, sondern warm wie ein Ofen. Und er riecht nach Cookies.» Billie kann Musik riechen!
«Ich wurde mit verdammten Boobs geboren»
In Luzern sorgt Eilish bei den SMA 2019 für Kreischalarm, inklusive Schaulaufen auf dem roten Teppich – mit giftgrünen Haaren und Fingernägeln (acht Zentimeter lang), orangefarbener Bauarbeiterweste, Baggy Pants. Die 1,61 Meter grosse Veganerin trägt nie figurbetonte Kleidung, sondern ist konsequent im Luxus-Schlabberlook mit Gucci- und Louis-Vuitton-Logos unterwegs. «Ich wurde mit verdammten Boobs geboren, mit einer DNA, die mir arschgrosse Brüste beschert hat», klagt sie 2019 im Frauenmagazin «Elle». Sie habe noch nie Bikini getragen, und es sei ihr stets unangenehm gewesen, im Tanzunterricht einen engen Gymnastikanzug anziehen zu müssen.
Apropos Unterricht: Billie besuchte in Los Angeles, wo ihre Familie einen Bungalow im Stadtteil Highland Park bewohnt, nie eine öffentliche Schule. Stattdessen unterrichten die Eltern ihre Tochter zu Hause. Vater Patrick O’Connell, 62, ist als Schauspieler in Serien wie «The West Wing» und Filmen wie «Iron Man» eher mässig erfolgreich, Mutter Maggie Baird, 60, arbeitet mehr als Synchronsprecherin denn als Schauspielerin und Singer-Songwriterin.
Die junge Frau ist Multimillionärin
Die Eltern kennen die Entertainment-Welt bestens, ermutigen Billie, im «Los Angeles Children’s Chorus» mitzusingen, zu tanzen und zu modeln. Wie Greta Thunbergs Eltern sind Billie Eilishs Eltern medienerfahren, haben geschafft, was ihnen selbst verwehrt blieb: im Rampenlicht zu stehen, Ruhm zu geniessen, Millionen zu verdienen.
Eilishs Vermögen beläuft sich auf sieben Millionen Franken, monatlich verdient sie auf Youtube über 100'000 Franken, Spotify spült weitere 160'000 in die Kasse, und Werbepostings für Prada, Takashi Murakami oder Calvin Klein lässt sie sich mit knapp 65'000 Franken bezahlen.
«Mein Bruder ist mein bester Freund»
Dabei war Eilishs erster Song eigentlich nur für die Tanzschule gedacht. Ein Lehrer bat sie, einen Song für die Schulaufführung zu schreiben oder einen ihres Bruders Finneas, 22, zu nehmen. Die Geschwister schreiben im Kinderzimmer gemeinsam «Ocean Eyes», dann setzt sich die kleine Schwester aufs Bett des grossen Bruders, singt die Zeilen – und Finneas nimmt alles auf. Der Rest ist Geschichte. «Billie wer?» wird über Nacht berühmt, zum neuen Teenie-Idol. «Mein Bruder», sagt Billie auf der Bühne bei der Grammy-Verleihung, «ist mein bester Freund.»
Von einst 15 engen Freundinnen sind ihr nach dem Ruhm «1, vielleicht 2 geblieben. Einige wollten sich mit ihrer Nähe zu mir nur schmücken», sagt sie ernüchtert. Aber: Sie hat einen festen Freund. Das hat Eilish der englischen Journalistin Decca Aitkenhead anvertraut. «Ich verrate aber nicht, wer er ist.»
Sie ist eine grosse Bewunderin von Justin Bieber
Und obwohl selbst Superstar, schwärmt sie für Justin Bieber, den sie am Coachella-Festival getroffen hat. Von Carpool-Karaoke-Kultmoderator James Corden, 41, darauf angesprochen, sagt Eilish über die Begegnung nur: «Mein Gehirn setzte für einen Moment aus.»
«Mit ihr geschieht gerade, was 1991 mit Nirvana passiert ist», sagt der ehemalige Schlagzeuger der Kultband, Dave Grohl, 51, über Billie Eilish. Obwohl: Nirvana sangen nie eine Bond-Titelmelodie. Eilish tuts. Aus der «Grusel-Fee», wie sie «Bild» betitelte, wird ein «Bond-Girl» – wie vor ihr die Superstars Shirley Bassey, Tina Turner und Madonna.