Der Niedergang von Ex-Tennisprofi Boris Becker (55) ist beispiellos. Im Alter von 17 Jahren gewann er als jüngster Tennisspieler das Turnier in Wimbledon und war so bereits in jungen Jahren auf dem Gipfel seiner Karriere angekommen.
Er führte ein Leben in Saus und Braus mit häufig wechselnden Partnerinnen, traf schlechte Geschäftsentscheide, hatte vielleicht nicht die besten Berater. Das brachte ihm erstmal ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung und schliesslich ein Insolvenzverfahren ein. Aber alles der Reihe nach.
Millioneneinnahmen durch Preisgelder und Werbedeals
In seiner aktiven Tenniskarriere von 1984 bis 1999 nahm Becker Preisgelder in Höhe von knapp 24 Millionen Schweizer Franken ein und bereits als Spitzensportler war er als Werbepartner gefragt. Sein erster Wimbledon-Sieg 1985 brachte ihm einen Ausrüstervertrag mit Puma im Wert von umgerechnet rund 10 Millionen Franken ein.
Es wird davon ausgegangen, dass Becker mit anderen Ausrüstern ähnlich hoch dotierte Verträge abschloss, was wohl bis zu seinem Karriereende 30 Millionen Franken auf seine Konten spülte. Nach seiner Karriere warb er unter anderem für Mercedes, Coca-Cola, Philips, verschiedene Poker-Seiten, Saturn und Media Markt. Hinzu kamen noch Einnahmen für Show-Matches und das deutsche Davis-Cup-Team von geschätzten 15 Millionen Franken.
In den Jahren 2013 bis 2017 coachte er den serbischen Spitzentennisspieler Novak Djokovic. Beckers Gehalt soll bei rund 800 000 Franken pro Jahr gelegen haben.
In den deutschen und britischen Medien war «Bobbele» ein gern gesehener Gast, kommentierte für diverse Kanäle Tennis-Matches, moderierte eine Talk Show und trat auch als Kandidat in Quiz Shows an.
Wie viel Becker damit verdiente, lässt sich nur schätzen. Lediglich von seinem Engagement bei Eurosport ist bekannt, dass er knapp 100 000 Franken pro Turnier bekam. Bei drei Grand-Slam-Turnieren, die er pro Jahr kommentierte, summiert sich das also auf circa 1,5 Millionen Schweizer Franken. Weitere 500 000 Schweizer Franken sollen ihm zwei veröffentlichte Autobiographien eingebracht haben.
Für die Meisten dürfte es unbegreiflich sein, so viel Vermögen zu besitzen als auch, so viel Geld wieder auszugeben. Doch Boris Becker zeigt – alles ist möglich.
Scheidung und Unterhalt
Die wohl teuerste Entscheidung in Beckers Leben war die Trennung von seiner ersten Ehefrau Barbara Becker (56) im Jahr 2001. Die Abfindung kostete ihn knapp 15 Millionen Schweizer Franken. Ausserdem zahlte er für die beiden gemeinsamen Söhne Noah (29) und Elias (24) jahrelang Unterhalt.
Auch ein One Night Stand im Jahr 1999, die sogenannten «Besenkammer-Affäre», die zur Scheidung von seiner Frau Barbara führte, kam ihm teuer zu stehen. Nachdem er zuerst die Vaterschaft abgestritten hatte, zahlte er ab 2001 seiner Tochter Anna Ermakova (23) einmalig knapp sechs Millionen Schweizer Franken sowie einem monatlichen Unterhalt von 5000 Franken. Bis heute kommen da etwa sieben Millionen Schweizer Franken zusammen.
Steuerhinterziehung und schlechte Investitionen
2002 wurde Becker wegen Steuerhinterziehung vom Landgericht München zu einer Bewährungsstrafe und der Zahlung von knapp 500'000 Franken Strafe verurteilt. Ausserdem musste er circa drei Millionen Franken Steuern nachzahlen, die er zwischen 1991 und 1995 hinterzogen hatte, als er zwar offiziell in Monaco gemeldet war, aber in München lebte.
Beckers damaliger Manager Ion Tiriac hatte einst die Idee, einen Teil seines Vermögens in drei Mercedes-Benz-Autohäuser in Mecklenburg-Vorpommern zu investieren. Keine gute Idee: 2015 wiesen die Autohäuser Schulden in Höhe von umgerechnet 9,35 Millionen Franken auf.
Viel Geld setzte Becker auch in Afrika, buchstäblich in den Sand. Dokumente der Enthüllungsplattform «Football Leaks» zeigten 2017, dass Becker ab 2013 wohl Geld in Ölquellen im afrikanischen Nigeria gesteckt haben soll. Unklar ist, wie viel Geld er dabei verlor. Die Dokumente reden von Investitionen in Millionenhöhe.
Ausschweifender Lebensstil
Allerdings scheint Beckers Hauptproblem sein exzessiver Lebensstil zu sein. Etwa gehörte die Miete einer Wohnung in London für knapp 35'000 Franken pro Monat zu seinen festen Ausgaben. In zehn Jahren würde sich das auf vier Millionen Franken summieren. Auf Reisen wurde Becker jahrelang eine Gefolgschaft begleitet, die ihn wohl 750'000 Franken pro Jahr kostete.
Um die hohen Ausgaben zu finanzieren, hat Becker immer wieder Kredite aufgenommen, einige mit einem Wucherzins von 25 Prozent, deren Raten er teilweise nicht bediente, berichtet der Fokus. 2013 forderte sein ehemaliger Schweizer Geschäftspartner Hans-Dieter Cleven (79) umgerechnet 41,7 Millionen Franken ein, darauf folgte ein Prozess, der letztlich in Beckers Insolvenzverfahren und dessen Inhaftierung mündete.
Stehaufmännchen
Den Tiefpunkt seines Lebens erreichte Becker offensichtlich, als er im vergangenen Jahr in London verurteilt wurde, weil er in seinem privaten Insolvenzverfahren unter anderem eine Immobilie in seiner deutschen Heimatstadt Leimen und Aktien im Gesamtwert von mehr als einer Million Franken verschwieg.
Das Urteil lautete zweieinhalb Jahre Gefängnis. Abgesessen hat Boris Becker davon rund sieben Monate. Jetzt ist er wieder ein freier Mann und zeigt sich als wahres Stehaufmännchen. Gerade wurde «Boom! Boom! The World vs. Boris Becker» auf der Berlinale präsentiert, ab 7. April läuft der Dokumentarfilm auf der Streamingplattform Apple TV+.
Becker wurde dafür 2019 und 2022 interviewt, wenige Tage vor seiner Verurteilung im April 2022. Dort sah man einen gebrochenen Ex-Tennisstar, der unter anderem sagt: «Es ist hart. Ich bin ganz unten angekommen. Ich weiss nicht, wie ich damit umgehen soll, aber ich renne nicht vor meinem Schicksal weg.»