Es hat lange gedauert: Ein halbes Jahrhundert – genau genommen 52 Jahre, ehe Albert II., 86, einst König von Belgien, endlich beginnt, sich seiner uneheliche Tochter langsam anzunähern. Nach sieben Jahre Kampf vor Gericht, erzwungenem DNA-Test und vielen Tränen, ist die Künstlerin Delphine Boël, 52, Anfang Oktober per Gerichtsurteil offiziell zur Prinzessin von Belgien erklärt worden.
Ihr Halbbruder, der amtierende König Philippe von Belgien, 60, ging nur eine Woche später den ersten Schritt auf seine Schwester zu, lud sie auf Schloss Laeken ein, der Residenz des belgischen Königshauses, und erklärte nach dem Treffen gemeinsam mit Delphine: «Diese Bindung wird sich im familiären Umfeld weiterentwickeln.»
Eine Weiterentwicklung, die überrascht, gibt es bereits: Albert II. äussert sich dieser Tage nach dem Treffen seines Sohnes mit seiner unehelichen Tochter erstmals selbst. «Meine Frau und ich begrüssen die Initiative des Königs, den Beginn besserer Zeiten für uns alle und insbesondere für Delphine.» Worte, die vor allem bei der so lange geleugneten Tochter für Gänsehaut und Freude sorgen dürften. Hatte ihr Vater sie doch nicht nur jahrzehntelang verschwiegen und geleugnet, sondern sie am Telefon sogar einst selbst angeherrscht: «Du bist nicht meine Tochter!»
Dabei war es Boël, wie sie selbst immer wieder betont hatte, nie darum gegangen, Geld vom Königshaus zu erhalten oder sich in Glanz und Ruhm der alten Adelsdynastie von Sachsen-Coburg und Gotha zu sonnen. Als Künstlerin ist sie selbst seit vielen Jahren erfolgreich, finanziell unabhängig und stellt in grossen Museen weltweit aus. Erst im Alter von 17 Jahren hatte ihre Mutter, Baronin Sybille de Sélys Longchamps, 79, Delphine offenbart, dass sie eine 18 Jahre dauernde Affäre mit Albert II. hatte und dieser ihr leiblicher Vater sei. Mehrere Kontaktaufnahmen scheiterten oder wurden vom Königshaus nach kurzer Zeit wieder unterbunden.
Erst nach der Abdankung von Albert II. als König, entschied sich Delphine Boël schliesslich zur Vaterschaftsklage. Dabei begann für sie ein sieben Jahre dauernder Spiessrutenlauf, den sie nur dank ihres Ehemanns und ihrer eigenen Kinder durchstand. «Er war meine grosse Schulter», dankte sie James «Jim» O’Hare, ein gebürtigen Texaner, an einer Pressekonferenz nach ihrem Sieg vor Gericht.
Dass der in der Vergangenheit hartherzig erscheinende Alt-König nun sein Herz erweichen hat lassen, ist überraschend und dürfte für einiges Erstaunen sorgen. «Ich unterstütze voll und ganz das Kommunique des Königs und der Prinzessin Delphine und schliesse mich dem Gedanken hinter dieser Botschaft an», liess Albert II. über den Palast verkünden. Für die neue Prinzessin Delphine könnte damit ein Traum in greifbare Nähe rücken: Weihnachten gemeinsam mit ihrem Vater und ihrer Familie zu feiern – erstmals nach 52 Jahren.